KI in der Touristik

„Das persönliche Bauchgefühl und die Erfahrung bleiben unersetzlich“

Print-Ausgabe 19. September 2025

Die Zukunft liegt im Miteinander von Mensch und Maschine – daran ändert selbst die KI nichts – Reiseveranstalter sehen dies genauso, wie Reisebüros

Wie steht es um den Einsatz der KI (Künstliche Intelligenz) in der Touristik? Dazu muss zunächst die Branche betrachtet werden, denn sie besteht grob gesehen aus Reiseveranstaltern, Reisebüros, offline und online, jene, die im Geschäftsreisesegment tätig sind, auf das Kongressgeschehen etc. konzentriert oder in allen Bereichen tätig, wie etwa Mondial. Auch die Reisebus-Branche gehört dazu.

Es ist also ein buntes Sammelsurium, was unter Touristik subsummiert wird. Klassische Ferienreisen gehören ebenso dazu, wie der Gesundheitstourismus, der Wirtschaftstourismus (MICE), aber auch der Tages- und Ausflugstourismus: Kurzzeitige Reisen oder Ausflüge, oft im regionalen Kontext, die Nah­erholungs- und Freizeitangebote nutzen, gehören ebenfalls dazu. Ebenso vielfältig sind die Arten und Anwendungen im Bereich der KI. Chatbots & virtuelle Assistenten (sie übernehmen Kundenservice, Buchungen, Umbuchungen und liefern personalisierte Empfehlungen für Hotels, Flüge oder Akti­vitäten) zählen ebenso dazu, wie KI-basierte Content-Generierung, diverse Sprachassistenten und virtuelle Reiseleiter, Prognose- und Analysesysteme, Besucherlenkung & Mobilitätsmanagement, Bild- und Objekterkennung oder Audio- und Video-Analyse.

Am schnellsten wächst aktuell das Segment „Customer Service & Engagement“. Aber auch Content-Management, Mobilitätsoptimierung, Sprachsteuerung und Echtzeitanalysen sind wichtige KI-Aufgabenfelder.

Reiseveranstalter: Sie stehen KI im Jahr 2025 überwiegend positiv und offen gegenüber, betrachten sie aber auch als strategische Notwendigkeit. Der CEO von TUI, Sebastian Ebel, etwa hat mehrfach betont, dass KI „ein zentraler Baustein der Digitalisierungs- und Wachstumsstrategie des Unternehmens“ ist. TUI nutzt KI, um das Geschäft effizienter zu gestalten, das Kundenerlebnis zu verbessern und neue Einnahmequellen zu erschließen. Die Rolle der KI soll auf allen Ebenen des Unternehmens ausgebaut werden.

Auch der zweitgrößte Reiseveranstalter Europas, DERTOUR, setzt KI bereits erfolgreich in der Kundenkommunikation ein, vor allem durch den Touristik-Dienstleister „Adigi“, der KI-gestützte Automatisierungen für die Touristik anbietet. Trotz der KI-Offensive bleibt DERTOUR aber pragmatisch: KI wird als Werkzeug gesehen, um Effizienz und Kundenservice zu verbessern, nicht als Ersatz für menschliche Beratung (dies betrifft natürlich auch die DERTOUR Reisebüros sowie die Franchise- und Derpart-Büros).

Schauinsland Reisen Geschäftsführer Gerald Kassner steht der KI 2025 generell pragmatisch und offen gegenüber. Er sieht KI vor allem als Chance zur Flexibilisierung und Effizienzsteigerung im Unternehmen, betont aber zugleich, dass „trotz moderner Technik das persönliche Bauchgefühl und die Erfahrung bei der Produktgestaltung und Kundenberatung unersetzlich“ bleiben. Kassner hebt zudem hervor, dass Schauinsland deshalb KI vorrangig nutzt, um Prozesse zu automatisieren und den Kundenservice zu verbessern: „Sie ersetzt nicht die menschliche Expertise.“ Vor allem die Kombination aus KI-Unterstützung und persönlicher Beratung sieht Kassner als Schlüssel für den Erfolg des Unternehmens.

In Österreich ist dies nicht anders. Die Chefin der Kneissl Touristik, Elisabeth Kneissl-Neumayr, sieht KI nicht als Ersatz für menschliche Interaktion und Expertise, sondern als ein unterstützendes Werkzeug. Auch Birgit Wallner, Vorständin des Österreichischen Verkehrsbüros und Geschäftsführerin von dessen Tochter Eurotours (u.a. Hofer Reisen) bewertet KI „als eine wichtige technologische Ergänzung, die den Tourismus bereichert, Effizienz steigert und modernen Kundenbedürfnissen gerecht wird“, ohne die menschliche Beratung zu verdrängen.

Eurotours sieht KI als einen wesentlichen Motor, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Die Technologie werde vor allem eingesetzt, um operative Effizienz zu schaffen und den Massenmarkt besser zu bedienen. Während die menschliche Komponente bei Kneissl Touristik das zentrale Produkt ist, dient KI bei Eurotours eher der Skalierung und Optimierung der angebotenen Leistungen, um das bestmögliche Preis-Leistungs-Verhältnis zu erzielen.

Touristische Reisebüros: Der ÖRV (Österreichischer ReiseVerband) wählte heuer das Thema KI (neben Nachhaltigkeit) als Motto für seinen Frühjahrskongress. ÖRV-Präsidentin Eva Buzzi (Rail Tours Austria) betonte dabei, dass „die Zukunft im Miteinander von Mensch und Maschine“ liege. So werden Routinearbeiten von KI übernommen (Buzzi: „KI kann das besser als jeder Mensch“), schaffen Mitarbeiter:innen Vertrauen, Begeisterung und Mehrwert.

Laut Gregor Kadanka, Obmann des Fachverbands der Reisebüros in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) und Chef von Mondial, beschränke sich aktuell der Einsatz von KI in der Reisebranche vor allem auf unterstützende Funktionen wie Preisvergleiche. Im direkten Kundenkontakt habe sich KI bislang noch nicht bewährt, „da Informationen oft unvollständig oder veraltet sind.“ Insbesondere bei Streckenplanungen oder Reisewarnungen versage die Technologie, so Kadanka. Viele Reisebüros haben deshalb KI-basierte Kundeninteraktionen rasch wieder eingestellt.

Geschäftsreisebüros: In Österreich setzen Businesstravel Agenturen 2025 KI gezielt ein, um Produktivität und Servicequalität zu steigern. Global gesehen geht die Entwicklung hin zu proaktiven, „agentischen“ KI-Systemen, die eigenständig Aufgaben übernehmen.

BCD Travel nutzt KI, um die Geschäftsreise nahtloser und intuitiver zu gestalten, für die Automatisierung von E-Mail-Antworten, sowie für Kosteneinsparungen und Datenanalyse. Die wichtigsten Einsatzbereiche bei Navan sind Generative KI für Geschäftsreisen (sie übernimmt die komplette Abwicklung von Buchungen bis zur Spesenabrechnung, ermöglicht Sofort-Umbuchungen, prüft automatisch Reiserichtlinien, bucht alternative Verbindungen und informiert den Nutzer noch bevor das Meeting endet) sowie Echtzeit-Datenanalyse und Transparenz (die KI analysiert etwa kontinuierlich Reise- sowie Spesendaten in Echtzeit und liefert detaillierte Kosteneinblicke).

Rund 80 % der Geschäftsreisenden in der DACH-Region sind grundsätzlich offen für KI-gestützte Automatisierung bei Geschäftsreisen. Die praktische Nutzung von KI hinkt der Offenheit hinterher: 85 % der Mitarbeitenden fühlen sich im Umgang mit KI noch unsicher und oft fehlt es an Schulungen und Vertrauen in die Technologie. Fakt ist, dass KI als großer Hebel für Effizienz und Flexibilität in Geschäftsreisebüros gilt, aber umfassende Kompetenzentwicklung und verantwortungsvollen Einsatz voraussetzt.

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