KI bei Destinationen & Seilbahnen

Starke Akzente des Tourismus aus dem „Tal der Ernüchterung“

Print-Ausgabe 19. September 2025

„KI liefert die Fakten, die man braucht, um klügere Entscheidungen zu treffen“, so KI-Expertin Manuela Machner

Expert:innen sind überzeugt, dass sich die KI im Stadium des „Trough of Disillusionment“ befindet – mag sein, doch was Österreichs TVBs und Seilbahnen leisten, ist beachtlich

Wenn es um KI (Künstliche Intelligenz) und Österreichs Tourismus geht – konkret um DMOs (Destination Management Organizations), LTOs (Landestourismus-Organisationen) sowie Bergbahnen – spielt ein Unternehmen eine zentrale Rolle: die Österreich Werbung (ÖW). Dabei geht es um Förderung und Integration ebenso wie um internationale Best Practices oder die Erschließung neuer KI-Technologien. Ziel ist es, Österreichs Tourismus zu modernisieren und international wettbewerbsfähig zu halten. Doch wie sieht es aktuell damit aus? Welche KI-Formate werden von den Tourismusverbänden (TVBs), LTOs und Seilbahnen tatsächlich eingesetzt?

Zunächst zu den TVBs, SMPs und LTOs: Ein Blick über die Grenze nach Deutschland zeigt, wie „rückschrittlich“ die Bundesrepublik noch ist. Dort haben heuer an die 500 Tourismusorganisationen im Rahmen des „DMO DigitalMonitors 2025“ an einer Befragung zum Stand der Digitalisierung im Destinationsmanagement teilgenommen. Fazit: Es geht nur in kleinen Schritten voran. KI gilt zwar bei vielen als großes Thema, doch nur 28 % der Organisationen nutzen sie bereits umfassend. Sorgenkind bleibt die Onlinebuchung: Noch immer schätzen weniger als 50 % der Organisationen, dass ihre Betriebe direkt buchbar sind.

Für Österreichs LTOs und DMOs gibt es leider keine vergleichbaren Umfragen. Es steht aber fest, dass eine Vielzahl dieser Organisationen KI-Formate einsetzt. Und nicht nur das: Sie gehen weit über einfache Chatbots hinaus, setzen ebenso auf KI-gestützte Content-Generierung und -Optimierung, wie auf Übersetzungstools, Suchmaschinen-Optimierung (SEO) sowie Chatbots und virtuelle Assistenten. Auch KI-Tools, die Gäste-Bewertungen analysieren, künftige Buchungstrends vorhersagen und so die Preisgestaltung optimieren, sind im Einsatz.

Beispiele bei den TVBs gibt es zahlreiche, so etwa die „Online Check KI“ der Tiroler Tourismusverbände (TTV). Dabei werden digitale Präsenzen von Beherbergungsbetrieben (z. B. Websites, Social Media, Gästebewertungen) analysiert und Optimierungsvorschläge geliefert. Der „Online Check KI“ wurde heuer im März von 14 der 34 TVBs im „Herz der Alpen“ eingesetzt, etwa bei Achensee Tourismus. „Als Tourismusverband unterstützen wir diese Entwicklung, um die digitale Sichtbarkeit und Wettbewerbsfähigkeit weiter zu stärken“, so Geschäftsführer Martin Tschoner.

Der TVB Schladming-Dachstein wiederum setzt auf den KI Avatar „Patrizia“, dessen Testphase im April 2025 angelaufen ist. Für den breiten Einsatz sind noch Fortschritte nötig, doch Geschäftsführer Mathias Schattleitner geht davon aus, dass „KI künftig überall eine wichtige Rolle spielen wird. Daher ist es entscheidend, früh mit dabei zu sein.“

Der WienTourismus unter Direktor Norbert Kettner setzt auf die Werbe-­Kampagne „UnArtificial Art“ (es geht dabei um KI-generierte Kunstmotive und die Werke, die als Vorlage dienen) und im OÖ Tourismus gibt es unter Geschäftsführer Andreas Winkelhofer einige interne KI-Projekte, etwa im Beschwerdemanagement oder für Übersetzungen. Der Vorarlberg Tourismus mit Christian Schützinger an der Spitze setzt auf eine interne KI-Task-Force, die Tools für Text-, Bild- und Videoerstellung evaluiert, Leitfäden entwickelt und konkrete Umsetzungsprojekte plant.

Dies alles zeigt, dass auch LTOs, DMOs und TVBs vom vorsichtig optimistischen Bild der KI überzeugt sind. Die Branche steht aber weiterhin – wie die Wirtschaft generell – vor der Herausforderung der praxisnahen Umsetzung in den Organisationen. Einige Expert:innen gehen sogar davon aus, dass sich die KI dem „Gartner Hype Cycle“ zufolge derzeit im Stadium des „Trough of Disillusionment“ („Tal der Ernüchterung“) befindet. Auf gut Deutsch: Es dürfte sich um eine Phase handeln, in der die KI eine steile Abwärtsbewegung hinlegt, bevor sie sich – auf niedrigerem Niveau als zuvor – wieder erholt. Der „Gartner Hype Cycle“ wurde übrigens 1995 von der in den USA beheimateten Beratungsfirma Gartner entwickelt, um den Reifegrad und die Entwicklung neuer Technologien darzustellen.

Ob es sich nun um ein „Trough of Disillusionment“ handelt oder nicht, wird sich weisen. Fest steht, dass die Seilbahnhersteller Doppelmayr/Graventa und LEITNER bereits in mehreren Bereichen gezielt KI einsetzen. Anwendungsbereiche sind u. a. autonome Sesselbahnen sowie Prognosen über Fahrgastströme an Spitzentagen, den Wartungsbedarf sowie den Energieverbrauch.

KI-gestützte Sessel- und Kabinenbahnen sind auch in Österreich 2025 offiziell zugelassen und auf mehreren Anlagen im kommerziellen Einsatz. So setzt u. a. die Hauser Kaibling Seilbahn- und Liftgesellschaft bei ihrer neuen 10er-Kabinenbahn auf die „LeitPilot“-Technologie, die einen autonomen Stationsbetrieb ermöglicht, die Skiliftgesellschaft Sölden-Hochsölden errichtet für die Wintersaison 2025/26 neue 8er-Sesselbahnen (Doppelmayr), die auf KI-Technologien setzen (etwa für Wartungsprognosen, Fahrgastlenkung und Betriebsoptimierung), während die hauseigene IT-Abteilung der Bergbahnen Kitzbühel ein intelligentes Rabatt- und Pricing-System für den Onlinevertrieb von Tickets entwickelt hat, das höhere Buchungszahlen und Umsätze ermöglicht, Marketing-Daten liefert und als Planungstool für die Preisgestaltung dient (KitzSki wurde dafür mit dem AILEVATOR AWARD 2025 in der Kategorie „KMU“ ausgezeichnet).

Fest steht, dass die Integration von KI bei Seilbahnen keine Zukunftsvision mehr ist, sondern bereits einen grundlegenden Wandel in Betrieb, Überwachung und Sicherheit darstellt. Ein vollständiger Strukturwandel wird für die kommenden Jahre erwartet.

Auch bei Österreichs TVBs, DMOs und LTOs gibt es noch viel zu tun, es zeigt sich aber eine klare Tendenz hin zu mehr KI-Einsatz. Die ÖW hat diesbezüglich unter dem Motto „KI Radar Deep Dive 2025“ ein Weiterbildungsangebot ausgearbeitet, das bis Dezember 2025 läuft. Bei diesen Webinaren kommen Expert:innen zum Einsatz, wie etwa Ende August Manuela Machner (sie war bis vor knapp zwei Jahren Geschäftsführerin des TVB Murtal, um sich seither der KI zu widmen). Dabei ging es ums „Prompten“ (Schlüsselkonzept in der KI, das sich auf das Bereitstellen von Eingabeaufforderungen, also „prompts“, für das Sprachmodell von ChatGPT bezieht, um gewünschte Antworten oder Ergebnisse von der KI zu erhalten).

Für Manuela Machner ist „KI kein Hype, sondern ein Werkzeug“. Sie hilft, Gäste besser zu verstehen, Erlebnisse zu verbessern und die Budgets effizienter einzusetzen. Laut Manuela Machner nimmt einem KI nicht das Denken ab und ist auch kein Ersatz für euer Bauchgefühl, „sondern eine wertvolle Ergänzung. Sie liefert die Fakten, die man braucht, um klügere Entscheidungen zu treffen.“ Und das ist schließlich das, worum es bei TVBs, DMOs und LTOs letztendlich geht.

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