62. ÖRV Frühjahrskongress

Nordkorea, Nachhaltigkeit & KI! Premiere für Österreichs Touristik in der Uhrturmstadt

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Erstmals in Graz ging Ende April 2023 der 62. Frühjahrskongress des ÖRV (Österreichischer ReiseVerband) über die Bühne. Präsidentin Eva Buzzi (Mi., Geschäftsführerin der ÖBB-Tochter Rail Tours Touristik) hatte dabei zusammen mit ihrem Team, Generalsekretär Walter Säckl (r.) und Susanne Gahn, in der Uhrturmstadt ein abwechslungsreiches Programm zusammengestellt, bei dem neben den Vorträgen – Schwerpunkte waren Nachhaltigkeit und KI (Künstliche Intelligenz) – vor allem auch das intensive Netzwerken der rund 100 Teilnehmer:innen (darunter ca. die Hälfte Reisebüros und -veranstalter) im Vordergrund stand.

Gottfried Math neu im ÖRV-Vorstand

Begonnen hatte die im Graz Congress abgehaltene Tagung – sie wurde stimmungsvoll von einem Bläser-Trio mit dem Erzherzog Johann Jodler eingeleitet – mit der Generalversammlung, in deren Rahmen turnusgemäß Vorstandswahlen anstanden. Neben einer Neubesetzung (Costa Österreich-Chefin Ulli Soukop zog sich zurück, an ihrer Stelle wurde TUI Österreich-Chef Gottfried Math in den ÖRV-Vorstand gewählt) – kam es zu einer 100 % Zustimmung für Eva Buzzis Wiederwahl, was Dieter Hardt-Stremayr, Geschäftsführer des Graz Tourismus, in seinen Begrüßungsworten schmunzelnd mit „nordkoreanischem Wahlergebnis“ kommentierte. Zusammen mit ihm richtete auch die Steirische Wirtschafts- und Tourismuslandesrätin Barbara Eibinger-Miedl Grußworte an die Delegierten.

Zu den Ehrengästen gehörten auch der Chef des Steiermark Tourismus, Michael Feiertag, der Präsident des Schwesterverbandes DRV (Deutscher ReiseVerband), Norbert Fiebig sowie DRV-Hauptgeschäftsführer Dirk Inger.

Tourismuspolitik und SDGs

Während sich Tourismusstaatssekretärin Susanne Kraus-Winkler nur virtuell an die Delegierten wenden konnte (sie musste kurzfristig Minister Martin Kocher bei der Parlements-Debatte rund um die dringlich eingebrachte Anfrage über Arbeits- und Fachkräftemangel vertreten) und über „Tourismuspolitik in bewegten Zeiten sprach“, konnten sich die übrigen Referent:innen live an die Teilnehmer:innen wenden.

Für einen der stärksten Auftritte sorgte Michaela Reitterer. Die frühere Reisebüro-Inhaberin und langjährige Präsidentin der ÖHV (Österreichische Hoteliervereinigung) besitzt das Null-Energie Boutique Hotel Stadthalle in Wien und ist seit einem halben Jahr SDG Botschafterin (SDG steht für die 17 Sustainable Development Goals der United Nations). Reitterer legte den ÖRV-Delegierten vor allem das Story-Telling ans Herz: „Reiseberatung ist nichts anderes, als Geschichten erzählen über zum Beispiel Destinationen. Nur zu sagen, dieses Angebot ist günstig, ist zu wenig.“

Nachhaltigkeit zu Wasser, am Boden und in der Luft

Ingo Lies, Gründer von Chamäleon Reisen Berlin, setzte den Nachhaltigkeits-Schwerpunkt fort. Er glaubt nicht, dass die Thematik durch Kompensation lösbar sei. Dies wäre nur durch technische Innovationen möglich, wie z.B. in der Luftfahrt durch SAF (Sustainable Aviation Fuel). Die Kreuzfahrt habe einiges nachzuholen, wobei Lies nicht auf die Publikumsfrage antworten konnte, wie viele Kreuzfahrt- und Containerschiffe die Weltmeere bevölkern (die Welthandelsflotte besteht aus rund 55.000 Schiffen, die Anzahl der Kreuzfahrtschiffe mit einer Kapazität von mehr als 49 Passagieren bewegt sich aktuell um die 400).

Bei Eva Buzzi und Walter Säckl bedankte sich Ingo Lies mit Überreichung von zwei lokal in Indien hergestellten gelben Seidentüchern sowie mehreren 1.000 m² Regenwald.

„Net-Zero“-Strategie und die Folgen für den Tourismus

Um nachhaltigen Verkehr ging es auch im Vortrag von Postbus-Vorständin Silvia Kaupa-Götzl („Wir sind Innovationstreiber und gleichzeitig stabilisierender Faktor“), um die Nachhaltigkeits-Ziele der EU in jenem von Petra Stolba, der amtierenden Kabinettschefin des Ersten Vizepräsidenten des EU-Parlaments (und damit viertmächtigsten Mann der EU), Othmar Karas. Europa verfolge überaus ehrgeizige Ziele: In den nächsten 25 Jahren soll demnach mit der „Net-Zero“-Strategie die Ära der fossilen Energieträger zu Ende gehen.

Diese „Net-Zero“-Strategie beziehe sämtliche Treibhausgase mit ein sowie sämtliche Teile der Wertschöpfungskette. Petra Stolba zufolge gehen es deshalb nicht alleine z.B. um einen Flug Wien-Brüssel, sondern auch um die Erzeugung des Flugzeuges.

Tourismus als Wachstumsbranche besonders gefordert

Der Tourismus – von der Beherbergung über Transport bis zu den Sights – sei ein wichtiger Teil dieser Transformation, wobei die Marschrichtung für diesen Wirtschaftszweig in der vor etwas über einem Jahr präsentierten Tourismus-Agenda festgelegt wurde. Sie enthält sämtliche Maßnahmen, die nötig sind, um das „Net-Zero“-Ziel zu erreichen und wurde von den 27 EU Mitgliedsländern erstellt.

Die EU geht für den Tourismus bis 2050 von einem Wachstum aus. Laut Petra Stolba bestehe deshalb „nur eine Möglichkeit, auf Net-Zero zu kommen: Durch die Verlagerung der Verkehrsträger und der Reiseziele.“ Der Tourismus werde dadurch regionaler (Langstreckenziele ab 1000 km werden von 6 % Anteil in 2019 auf 3,5 % in 2050 zurückgehen), was gleichzeitig eine Änderung der Marketing-Strategien der DMOs (Destination Management Organisations) mit sich ziehe: Diese müssten sich verstärkt auf die Kurz- und Mittelstrecke konzentrieren.

Die letzten beiden ÖRV-Frühjahrskongress Tagungsordnungspunkte drehten sich um Blockchain und KI (Künstliche Intelligenz). Mehr dazu in der kommenden Ausgabe von T.A.I.

Interessant sind ergänzend dazu folgende weiterführende Berichte:

ÖVT – Österreichischer Verein für Touristik - Sonnenschein & realistischer Ausblick! Reisebüros zwischen KI, Fachkräftemangel und Nachhaltigkeit >>>

Plan T - Aktionsplan 2023-2024 - Österreich-Tourismus performt besser als gedacht! Arbeitsprogramm soll ihn zusätzlich beflügeln >>>

Tourismus-Symposium - Ihr Auftritt bitte! Reisebüros rücken verstärkt ins Rampenlicht >>>

 

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