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Standpunkt

Nachhilfe in Sachen Luftfahrt

Print-Ausgabe 22. März 2019

Das Europäische Parlament debattiert derzeit über die „Verordnung zur Sicherstellung des Wettbewerbs im Luftverkehr“. Dank ihr kann die EU-Kommission künftig gegen Airlines von außerhalb Untersuchungen einleiten sowie Maßnahmen ergreifen, falls einer EU-Airline durch wettbewerbsverzerrende Praxis Schaden zugefügt wurde oder droht.

Auch wenn in besagter Verordnung mit keinem Wort erwähnt, so ist eindeutig, gegen wen sie sich richtet. Denn Claudia Schmidt, Verkehrssprecherin der ÖVP im Europaparlament, nannte sie beim Namen: Fluglinien aus den Golfstaaten und der Türkei. „Wir werden nicht zulassen, dass sie mit Preisdumping und anderen unlauteren Geschäftsmethoden unsere EU-Airlines Schritt für Schritt aus dem Markt drängen.“ Und weiter: „Wenn die Golf-Airlines künftig massiv subventionierte Billig-Tickets anbieten, dann werden wir ihnen das verbieten und/oder saftige Geldbußen verhängen.“

Starke Ansage. Die Frage ist nur, woher Claudia Schmidt und KollegInnen im EU-Parlament ihr Wissen beziehen? Nur von EU-Airlines und deren Lobbies oder haben sie sich auch mit Argumenten der aufs Korn genommenen Carrier auseinandergesetzt? Wie sehr „dumpen“ Golf-Carrier und Turkish wirklich? Und tun das tatsächlich nur sie?

Kleiner Fakten-Check auf „Matrix Airfare Search“ mit ein paar willkürlich ausgewählten Verbindungen: Wien-Sydney im Mai kostet ab 1.115 Euro, offeriert von Air India, gefolgt von Thai Airways, China Airlines und Austrian Airlines (1.265 Euro). Qatar und Emirates folgen mit 1.290 bzw. 1.300 Euro.

Bei Bali-Denpassar sind QR und EK am günstigsten, bei Wien-Rangun Austrian Airlines vor Emirates. Qatar folgt erst an siebter Stelle. Nach Saigon hat Austrian in Kombination mit Vietnam Airlines die Nase vorn (640 Euro), vor Turkish und Air China. Qatar und Emirates folgen mit 760 Euro. Preisdumping sieht anders aus.
Und die anderen unlauteren Geschäftsmethoden? Subventionen fallen einem da ein. Die sind schon schwieriger nachzuweisen, aber in der Luftfahrt keine Seltenheit. Auch die Chapter 11-Sanierungen der US-Carrier zählen dazu.

Als vor vier Jahren erste Schritte in Richtung besagter EU-Verordnung gesetzt wurden, sah die Welt noch anders aus. Vom Boom der Golf-Airlines ist heute nicht viel übrig geblieben. Turkish hatte eine Durststrecke zu überwinden und die neuen Langstrecken-Wunderdinger Boeing 787 sowie Airbus A350 bringen viele der bisherigen Drehkreuz-Sonderstellungen ins Schlingern.

Gegen die „Verordnung zur Sicherstellung des Wettbewerbs im Luftverkehr“ ist vom Prinzip her nichts einzuwenden. Gegen unqualifizierte Statements, wie von der ÖVP-Verkehrssprecherin im Europaparlament, umso mehr, die „den Airlines vom Golf und anderswo die Regeln für das EU-Geschäft“ von der EU-Wettbewerbsbehörde „erklären“ lassen will.
Fragt sich nur, wer Frau Schmidt das Airline-Geschäft erklärt. Diesbezüglich hat sie offensichtlich einiges an Nachholbedarf, erlaubt sich festzustellen der

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