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Standpunkt

Nachfolge-Suche

Print-Ausgabe 18. November 2022

Die Meldung vom überraschenden Rücktritt Lisa Weddigs als Geschäftsführerin der Österreich Werbung nach nur eineinhalb Jahren an der Spitze der Organisation ließ niemanden kalt. Bis Ende März 2023 will sie noch zur Verfügung stehen, bevor sie nach Deutschland zurückkehrt.

Es ist ein Abschied zur Unzeit. Nicht ganz unfreiwillig, wie gemunkelt wird. Rund die Hälfte des 90-köpfigen Teams in der ÖW-Zentrale soll seit Weddigs Amtsantritt das Unternehmen verlassen haben und eine vor kurzem durchgeführte Steakholder-Umfrage verlief nicht gerade zu ihren Gunsten. Dabei hatte sie sich, wie Tourismus Staatssekretärin Susanne Kraus-Winkler betont, „als Top-Managerin mit vollem Engagement und Leidenschaft für den heimischen Tourismus eingesetzt“. Abgezeichnet hatte sich Weddigs Abgang bereits im Frühjahr mit dem Rücktritt von Elisabeth Köstinger als Ministerin. Sie hatte Lisa Weddig zu einem Zeitpunkt geholt, als die Regierung vom damaligen Bundeskanzler Sebastian Kurz und damit auch Köstinger noch fest im Sattel saßen. Das hat sich bekanntlich mittlerweile geändert, die schützende Hand ist weg.

Der größte Fehler von Lisa Weddig, die sich tolle Sporen im TUI-Imperium und später als Chefin der TUI Austria verdient hatte, war wahrscheinlich, die Österreich Werbung wie einen Konzern führen zu wollen. Ist sie aber nicht.

Jetzt geht es also um die Nachfolge-Suche. Zur Unzeit. Denn wie es aussieht, war die Pandemie nur ein Vorspiel dessen, was jetzt allen ins Haus steht. Nicht nur im Tourismus. Sämtliche Parameter, die bislang gegolten und ein mittel- sowie längerfristiges Planen ermöglichten, sind weggewischt. Erfolgszahlen – sei es bei Ankünften, Nächtigungen oder Wertschöpfung – sind außer jeglicher Reichweite. Wer’s noch nicht glaubt, warte auf das Ende der bevorstehenden Winter- und der darauffolgenden Sommersaison.
Was also tun? Ein neuer ÖW-Chef bzw. eine künftige ÖW-Chefin können keine Wunder wirken. Drei Dinge sollten, wer auch immer Lisa Weddig an der Spitze der Österreich Werbung nachfolgt, in jedem Fall bedacht werden:

  • Das wichtigste ist die Stabilisierung der Organisation, sowohl in personeller als auch in wirtschaftlicher Hinsicht. Bezüglich letzterer ist in jedem Fall die Wirtschaftskammer in der Pflicht, die als 25 % Mitgesellschafter bisher die Budgeterhöhung des Mehrheitseigentümers Bund (75 %) nicht mitgetragen hat. Ab 2023 steuert die Republik 30 Mio. Euro für die ÖW-Aktivitäten bei. Die WKO wäre gut beraten, ihren Anteil von bislang 8 auf künftig 10 Mio. Euro zu erhöhen.
  • Zweite Maßnahme wäre die dringende Vertrauensbildung zu den neun Landestourismusorganisationen sowie den großen Tourismusverbänden. Da und dort hatte es zuletzt massiv geknatscht.
  • Dritter Punkt wäre, unbeirrt und konsequent an die Umsetzung der ausgearbeiteten Strategien 2025 und 2026 (Motto: Das beste aus beiden Welten) heranzugehen. Das Rad muss nicht ein drittes Mal neu erfunden werden.

Keiner braucht Superman und Superwoman an der ÖW-Spitze. Gefordert sind Branchenkenntnis, Sachverstand und Empathie. Wer immer auch künftig die ins Schlingern geratene Organisation leiten wird, sollte diese drei Eigenschaften besitzen. Die Zeiten sind zu ernst, die Lage zu angespannt, als dass sie noch irgendwelche Experimente erlauben, hofft nicht alleine auf eine erfolgreiche Nachfolgesuche der

Lupo

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