Standpunkt

Hilferuf

Print-Ausgabe 18. Juli 2025

Es war eine Art Hilfeschrei, den die CEO von Austrian Airlines, Anette Mann, mit einem Beitrag in „LinkedIn“ absetzte: „Wir rutschen kontinuierlich wirtschaftlich ab“, schrieb sie. Trotz der schlanken Aufstellung und der kontinuierlichen Arbeit an der Effizienz reiche es nicht: „Unsere Profitabilität ist weit unterdurchschnittlich.“

Wow. Was für Worte. Wobei diese Entwicklungen alles andere als hausgemacht sind. Denn Anette Mann baute auch das Abdriften von Österreichs-Wettbewerbsfähigkeit in Form einer Grafik des „IMD World Competitiveness Ranking“ in den Beitrag mit ein: Laut Bericht 2025 führt dabei die Schweiz mit 100 Punkten. Österreich dümpelt auf Platz 26 (nachdem es 2020 noch auf Rang 16 zu finden war).

Die Reaktionen auf das Posting von Anette Mann in Form von Kommentaren ließen nicht lange auf sich warten: „Es ist eine Tragödie, wie Österreich abdriftet. Noch schlimmer, dass die Politik dagegen keine Rezepte realisiert“, schrieb etwa der Herausgeber des Falstaff-Magazins Wolfgang Rosam. Die frühere Ministerin Margarete Schramböck (Board-Mitglied der größten Erdölförder­gesellschaft der Welt, Aramco) verwies auf die im Vergleich zu Österreichs Abstieg tolle Entwicklung Saudi Arabiens (das Land arbeitete sich von Rang 42 in 2018 auf den 17. Platz nach vorne). Und die neue Obfrau der Bundessparte Tourismus und Freizeitwirtschaft in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ), Susanne Kraus-Winkler, betonte, „dass die (politischen) Systeme grundsätzlich träge sind und größere strukturelle Änderungen, wenn überhaupt, dann oftmals nur halbherzig durchsetzbar sind.“

Anette Mann, die das Rekordjahr 2023 von Austrian Airlines nicht unerwähnt ließ, ebenso die jüngsten Auszeichnungen (wie die „Best Airline Staff in Europe“), die Spitzenwerte des Carriers bei Pünktlichkeit, operativer Performance und Produktivität, hinterfragte, weshalb die Konzern-Schwester SWISS als Top Performer der Lufthansa Group so viel besser abschneidet. Die Antworten darauf liegen einerseits in der sinkenden Wettbewerbsfähigkeit Österreichs, anderseits am Standort:

Der Flughafen Wien hat seit jeher weniger Business-Passagiere als die Flughäfen München und Zürich und weist damit ein deutlich niedrigeres High-Yield Potenzial auf. Dies dürfte sich in Zukunft weiter verschlechtern, denn SWISS profitiert laut Anette Mann auch davon, „dass sich in ihrem Umfeld mit Top-Wettbewerbsfähigkeit entsprechend viele hochperformante Firmen ansiedeln, die investieren, wachsen und international reisen.“

Sei's drum. „Als Airlines der Lufthansa Group arbeiten wir sehr eng zusammen und ich kann aus eigener Erfahrung nicht sagen, dass die eine besser und die andere schlechter wäre“, so Anette Mann. Aber: „Wir arbeiten alle unter sehr unterschiedlichen Rahmenbedingungen und in sehr unterschiedlichen Heimatmärkten und diese wirken sich am Ende auch anteilig auf wirtschaftliche Ergebnisse aus.“

Was nichts daran ändert, dass die Politik gefordert ist. Sie ist es, die letztendlich die Rahmenbedingungen schafft. So sind Österreichs Arbeitskosten (auch im Vergleich mit anderen EU-Ländern) in den letzten Jahren extrem gestiegen, es gibt ein teures aber wenig effizientes Bildungssystem und eine uralte zentralistische Verwaltung, um nur einige zu nennen. Tiefgreifende Reformen sind also notwendig. Annette Mann: „Wir liefern – Tag für Tag. Aber wir können nicht dauerhaft gegen die Rahmenbedingungen anfliegen. Mit direkten Auswirkungen auf unsere Investitions- und Zukunftsfähigkeit. Wir müssen wieder Flughöhe gewinnen!“

Lupo

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