Standpunkt

Absage der ITB?

Print-Ausgabe 28. Februar 2020

Die einen haben Panik, die anderen ziehen es ins Lächerliche: das Coronavirus. China ist fern. Und als T.A.I. Mitte Februar auf Basis von SARS 2003 die möglichen Auswirkungen 2020 für das Österreich-Incoming hochrechnete (rund 600.000 Nächtigungen weniger aus Asien), kratzte das noch niemanden so richtig.
Italien liegt näher. Auch wiegt die Absage des Karnevals in Venedig hierzulande mehr, als jene des Mobile World Congresses (MWC) in Barcelona. Doch seit sich die ITB in Berlin vehement mit Gerüchten um eine mögliche Absage konfrontiert sieht, ist alles anders. Zumindest im Tourismus.

Fakt ist, dass mit Stichtag 26. Februar weltweit rund 81.202 Menschen infiziert waren, davon 78.064 bzw. 97,2 Prozent in China. Dort scheint der Höhepunkt der Ausbreitung überschritten.

Anderorts – siehe Italien – nimmt sie noch zu. 283 Fälle (0,4 Prozent der weltweit Infizierten) waren Mitte der Woche dort bestätigt. Es ist – nach China und Südkorea – das Land mit den drittmeisten Infektionen. Deutschland meldete 18 Fälle, Österreich 2.

Fakt ist auch, dass von den 81.202 Infizierten bereits 30.310 wieder gesund sind. Die Letalitätsrate beträgt 3,4 Prozent (bislang 2.768 Tote), womit das Coronavirus weitaus weniger gefährlich ist, als das SARS-Virus von 2003 (damals 9,6 Prozent).

Wieso dann rigorose Maßnahmen, wie Absage von Karneval in Venedig (130.000 BesucherInnen pro Tag) oder MWC in Barcelona (22 Prozent der KonferenzteilnehmerInnen aus der Region Asien-Pazifik, China viertgrößter Aussteller)? Ganz einfach: Je intensiver jene Regionen abgeschottet werden, in denen Covid-19 auftritt, desto weniger kann es sich ausbreiten.

Basis dazu sind Studien, die auf Call Data Records (CDR) der Mobilfunkbetreiber beruhen. Damit konnte in den letzten Jahren exakt die Ausbreitung von Infektionen nachvollzogen werden, sei es die Cholera-Epidemie auf Haiti 2010, Malaria-Infektionen in Kenia oder die mexikanische Schweinegrippe 2009.

Die daraus gezogenen Schlussfolgerungen helfen nun, die Verbreitung von Covid-19, so gut es geht, zu unterbinden. Deshalb das Einstellen vieler Flugverbindungen nach China, das Verlängern der Neujahrsfeiertage im Reich der Mitte, die Absage von Venedig-Karneval und Mobilfunkmesse in Barcelona.

Und die ITB in Berlin? Bislang haben sechs der 22 Aussteller aus China ihre Teilnahme abgesagt. Der Messe-Veranstalter stimmt sich bezüglich Covid-19 laufend mit Ministerien und Behörden ab. Die Gefahr durch Corona in Deutschland wird von Bundesgesundheitsministerium und Robert-Koch-Institut jedenfalls als sehr gering eingestuft.

Panik ist also ebenso wenig angebracht, wie die Dinge ins Lächerliche zu ziehen. Was bleibt, ist die Erkenntnis, dass die internationale Zusammenarbeit rund um Covid-19 funktioniert. Wirtschaft und Tourismus werden trotzdem große, zum Teil massive Dellen davontragen – dies aber steht in keiner Korrelation zum Was-wäre-wenn, erlaubt sich festzustellen der

Lupo

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