Print-Ausgabe 23. September 2016
Ja eh: Sich über Taxifahrer zu mokieren ist Nullerjahre. Oder, wie meine Nichte sagt, wenn sie jemanden abkanzelt, „voll 20. Jahrhundert“. Doch die Nummer mit Aziz hat sie dann dann doch gelten lassen. Und mir nach der Geschichte meiner Fahrt mit ihm die einzig relevante Frage gestellt: „,Wie überlebt so einer einen nicht ganz so friedfertigen Fahrgast wie dich?“ Keine Ahnung.
Ich war in Stockholm. Einer Stadt in einem Land, in dem alle perfekt Englisch sprechen. Fast alle: Aziz dürfte der einzige Mensch in Schweden sein, der neben keinem Wort Schwedisch auch kein Wort Englisch kann.
Blöderweise ist Aziz Taxifahrer. Mit Taxiausweis, aber ohne jeder Ahnung von der Stockholmer Topographie. Außerdem beherrscht er weder das Navi im Armaturenbrett, noch das Taxifunk-Navi noch die seiner beiden Handys. Karte hat Aziz keine – und am Funk sprechen sie nur schwedisch. Oder Englisch. So wird der Weg vom Bahnhof nach Nacka (so „geheim“ wie Staatsoper - Riesenrad in Wien) etwas länger: Ich habe auf dieser Fahrt viel von Stockholm wieder gesehen, während Aziz Passanten nach dem Weg fragte – und kein Wort der Antworten verstand.
Aziz Stolz ließ aber nicht zu, dass ich mich einmischte. Bis es mir reichte, ich ein Datenpaket auf‘s Handy buchte - und ihn dirigierte: „Oh, Thank you! Sorry, Sir!“
Wollte er mich abzocken? Nein: Den Taxameter stellte er von sich aus an jedem Frage-Stopp ab. Und nahm – erst nach gestenreicher Debatte – nur den Lohn für jene Etappe, bei der ich Reiseleiter gespielt hatte.
Da erkannte ich: Ein Taxler wird aus Aziz nie werden.
Erstellt am: 23. September 2016
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