ANA
Rottenbergs Roadbook

Licht und Schatten

Print-Ausgabe 12. August 2016

Die Hose ist orange – und von der Müllabfuhr: Sichtbar und robust, aber nicht schick. Trotzdem muss Eugene Quinn sie bei der Arbeit tragen. Quinn ist kein Müllmann: Er führt durch Wien. Die Hose ist da Vorschrift: „Weil ich ja kein Fremdenführer bin.“

Was als Schikane gedacht war, ist heute Marke – und passt: Denn Quinn zeigt das Gegenteil von schön. „Vienna Ugly“ heißt die Tour: Wien ohne Sisi und Lipizzaner. Stattdessen gibt es einen Parforce-Ritt durch architektonische Katastrophen. Nicht in armen Gegenden („das wäre arrogant“), sondern in den schicken Vierteln.

Quinn ist der Bub aus „Des Kaisers neue Kleider“, nennt die Dinge beim Namen. Hollein? Czernin? Raiffeisen? UNESCO? Quinn schont keinen. Nicht nur Touristen und Wiener lieben ihn dafür: Wiens Stadtplaner „füttern“ ihn, fast offiziell, mit Tipps.

Nur eine Gruppe mag den Briten nicht: Die Fremdenführer. Denn in Wien wird alles verziehen – außer Erfolg. Ideen kontert man per Amtsschimmel, „aber nach jeder Strafe kamen noch mehr Leute.“ Was blieb, sind Auflagen: Jahreszahlen sind Quinn verboten – und die Hose ist Pflicht. Die vergisst keiner. So wie die Tour: „Hässliches ist wie ein Unfall, die Bilder brennen sich ein. Wie die von schlechten Tänzern: Gute vergisst man – peinliche nie.“ Quinn weiß: Das schafft Erinnerungen. Auch daran, wie schön der Ball sonst war. Und dort will Quinn hin: „Wien ist wunderschön. Aber man vergisst Schönes – außer man zeigt auch das Hässliche: Wo viel Licht, ist auch viel Schatten. Und umgekehrt.“

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