Print-Ausgabe 27. Jänner 2017
Herr Gerhard reist mit dem Fahrrad an. Und hat alles dabei: Schneeschaufel. Besen. Thermoskanne. Eislaufschuhe. Und das kleine alte Transistorradio. Das hat Herr Gerhard am Radlenker montiert. Man muss nur dem Krachen des komplett übersteuerten Lautsprechers folgen, das da durch den Wiener Auwald dringt – dann findet man Herrn Gerhard.
Herr Gerhard ist erst überrascht, dann resolut: „Ned aufs Eis steigen!“ grüßt er. „Des hob i grod putzt.“ Aber im Grunde ist Herr Gerhard kein Unfreundlicher. Kein Unguter. Und er wollte nicht unhöflich sein: „‘Tschuldige – aber ich hab grad eine Stunde Schnee weggekehrt. Wenn’st jetzt mit Schuhen auf mein Eis steigst, zahst ihn wieder rein. Dann rumpelts: Sei lieb und bleib am nichtgeputzten Teil, ok?“
Herr Gerhard liebt Eislaufen – auf Natureis: Im Wiener Auwald hat er auf einem entlegenen Teich eine Bahn präpariert. Seine Bahn. Die pflegt er. Putzt jeden Tag den Schnee weg. Und ist gastfreundlich: „Jeder Eisläufer ist willkommen – wenn er mithilft.“
Nur will halt keiner: „Lauter Schmarotzer: Ich putze – und sie fahren!“ Deshalb sucht Herr Gerhard die Abgeschiedenheit. Und hat eine Bitte: „Sag nicht, wo wir sind. Sonst muss ich noch weiter in die Au.“
Eine Frage hat Herr Gerhard aber: „Wie hast du mich gefunden?“ Das Radio … „Ooops. Verstehe. Aber ganz allein im stillen Wald wird es dann halt doch irgendwann fad.“
Erstellt am: 27. Jänner 2017
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