Print-Ausgabe 22. Februar 2019
Die Headline „Aus für Uber in Österreich“ hat sicher für so manchen elektrisierend gewirkt – auf den ersten Blick: Denn nicht der berühmt-berüchtigte Taxi- oder Mietwagen-Fahrtendienst hat das Handtuch geworfen, sondern der kleine Ableger des weltweiten Verlustbringers: Nach kaum zwei Jahren verabschiedet sich der Essenszustelldienst Uber Eats mit einem „Servus Wien“ auf der Website ab 8. März „vorläufig“ aus Österreich und man werde sich bemühen, für die Partner einen reibungslosen Übergang zu finden. Das dürfte nicht schwer sein: Lieferdienste stoßen an die Grenze ihrer Expansionsmöglichkeit, weil sie zu wenig Leute finden, die sich den Horrorjob eines Radkuriers zu den miserablen Konditionen antun wollen. Und von den angeblich rund 2.500 Gastwirten, die diesen nicht gerade von kulinarischen Qualitätsansprüchen getriebenen Vertriebsweg wählen, arbeiten die meisten mit mehreren Lieferunternehmen zusammen, die an der Übernahme der „selbständigen“ Radler interessiert sind. Dass Uber Eats irgendjemandem abgehen könnte, ist kaum anzunehmen.
Mag sein, dass Wien mit seinem boomenden Imbissangebot für ein doch nicht ganz so billiges Zustellservice ein besonders hartes Pflaster ist. Der wahre Grund ist aber wohl die Marktsituation, die – wie Uber Eats im Abschiedsbrief erklärte – von Essenslieferdiensten geprägt ist, die alle viel investieren.
Die beiden neben unzähligen kleinen „Pizza-Diensten“ etc. größten Lieferplattformen überraschten fast gleichzeitig mit dem Uber-Abgang mit der Mitteilung, einer bevorstehenden Fusion: „Foodora“ verschwindet vom Markt und die als reine Bestellplattform gegründete Marke „Mjam“, die inzwischen eine eigene Zustellerflotte aufgebaut hat, übernimmt als „MjamPlus“ das ganze Geschäft. Das geht so einfach, weil beide Plattformen dem in Berlin ansässigen Konzern „Delivery Hero“ gehören. In 40 Ländern aktiv, wird für 2019 ein Umsatz von 1,1 Mrd. Euro angepeilt, das erstmalige Überschreiten der Gewinnschwelle wurde allerdings auf unbestimmte Zeit verschoben, mit einem Verlust zwischen 270 und 320 Mio. Euro wird gerechnet.
Neben MjamPlus bleibt als einziger namhafter Konkurrent „Lieferservice“, ein Tochterunternehmen des holländischen Konzerns „Takeaway.com“. Dieser hat allerdings gerade Delivery Hero sein gesamtes Deutschland (aber nicht Österreich!)-Geschäft mit den Plattformen Lieferheld, Pizza de und Foodora abgekauft. Die 930 dafür nötigen Euro-Millionen hat das Unternehmen, das ebenfalls noch nie ein positives Ergebnis auswies, durch die Ausgabe neuer Aktien (Kapitalaufstockung), und eine Wandelanleihe aufgebracht. Takeaway will alle übernommenen Marken „einstampfen“ und die Marktführerschaft in Europa mit Konzentration auf die Eigenmarke „Lieferando“ erreichen. Verkäufer Delivery Hero will etwa die Hälfte der über 500 Bar- Millionen in weiteres Wachstum reinvestieren, die andere geht offensichtlich als Schuldentilgung an die „Gründungsinvestoren“, die über „Finanzierungsrunden“ hunderte Millionen an Kapital riskierten.
Das Geschäftsmodell kennt man: Durch das Verbrennen von fremdem Geld und Ausbeutungspraktiken wird ein Unternehmen so aufgebläht, dass eine Monopolsituation erreicht wird, die auch ursprünglich aussichtslosen Geschäftsideen wie ein Essenslieferservice letztlich zu Gewinn führt. Börsegänge oder rechtzeitige Verkäufe bieten den Gründern die Möglichkeit, vor dem Showdown auszusteigen und ihr Geld samt Gewinn in Sicherheit zu bringen. Über 400 Mio. des Kaufpreises hat Delivery Hero in Aktien erhalten und ist nun mit 18 Prozent nach dem Gründer der größte Miteigentümer von Takeaway. In der Branche werden bereits Wetten abgeschlossen, wie lange es dauert, bis nur mehr einer übrig ist.
Erstellt am: 22. Februar 2019
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