Schellhorns Politik-Tagebuch – Teil 3

Schönfärberei der Extraklasse! Wertschöpfung weiter kein Thema

Print-Ausgabe 7. Oktober 2016

NEOS-Tourismussprecher und Hotelier Sepp Schellhorn greift für T.A.I. zur Feder – dieses Mal geht’s um zentrale, strukturelle Schwächen von Österreichs Tourismus

Im November ist es wieder soweit: Die alljährlichen Nächtigungszahlen des österreichischen Tourismus werden präsentiert. Und ich kann jetzt schon sagen, was dabei herauskommen wird: Vor den Nächtigungen wird wieder ein Plus stehen. Alle Verantwortlichen werden sich daher wohlwollend auf die Schulter klopfen und ein „passt eh alles“ aussprechen. Die Wertschöpfung ist kein Thema. Wozu auch? Bedeutet das doch nur ein massives und disruptives Umdenken in der Tourismuswirtschaft.
So wie es derzeit gehandhabt wird, handelt es sich nur um eine Schönfärberei der Extraklasse und übergeht die zentralen, strukturellen Schwächen des wichtigsten Wirtschaftszweiges in Österreich.

1) Klimawandel

Mittlerweile ist der Klimawandel nicht mehr nur eine theoretische Bedrohung für Wintersportdestinationen wie Österreich, sondern drastische Realität. Dennoch lässt die Regierung nach wie vor eine zentrale Tourismusstrategie vermissen, die notwendige Maßnahmen und alternative Konzepte aufweist. Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner vertröstet zum wiederholten Male (Zur Erinnerung: 2015 beliefen sich die direkten Wertschöpfungseffekte des Tourismus auf 45,7 Mrd. Euro. Das ist eine Gesamtwertschöpfung (BIP) von 13,5 Prozent).

Mein Ansatz ist ganz klar: Wir müssen intensiv mit der Land- und Forstwirtschaft zusammenarbeiten um nachhaltige Tourismusmodelle zu entwickeln. Landwirte müssen Teil einer eng verzahnten gemeinsamen Tourismusstrategie sein und nicht mehr gemeinhin als Romantik-Element des „Bauerntums“ vermarktet  werden.

2) Tourismus & KMU

Der Tourismus war eine maßgebliche Investitionslokomotive. Jedes Jahr wurden mehrere Millionen Euro von den KMUs in den Ausbau und in die Verbesserung ihres Angebots gesteckt. Aber das wirtschaftliche Umfeld ist immer KMU-feindlicher geworden. Das trifft touristische Betriebe besonders hart. Durch die Verlängerung der Abschreibungsdauer, wie z.B. auf Wellnessanlagen, sinkt die Investitionsbereitschaft dramatisch. Damit verliert aber das österreichische Tourismusangebot auch an Attraktivität. Und der Kreis schließt sich wiederum damit, dass auch alternative Konzepte durch diese Vorgaben im Keim erstickt werden.

3) Raumverordnung

Die aktuelle Raumverordnung sehe ich als eines der essentiellsten Hemmnisse in der Entwicklung einer erfolgreichen Tourismusstrategie. Der Ermessensspielraum der Gemeinden gehört massiv eingeschränkt. Wir sehen das bereits tagtäglich, wenn wir in der Salzburger Region durch die Orte fahren: Der Ortskern stirbt aus. Am Rande entstehen neue Einkaufs- und Vergnügungszentren. Das regionale Merkmal, das Kolorit, das Alleinstellungsmerkmal der Regionen, geht verloren – eine unglaubliche Stärke des österreichischen Tourismus. Daher muss die Raumplanung beim Bund angesiedelt werden, die auch ökologische Aspekte miteinbezieht. Hier schließt sich wiederum der Kreis zur Land- und Forstwirtschaft als unverzichtbarer Partner.

Was mich stört: Als „Tourismusland Österreich“ haben wir keine kontinuierliche Tourismusforschung. Daher fehlen uns Visionen für ein Tourismusland 2050. Dazu gehört auch ein neues Konzept der Österreich Werbung. Im Tourismusmarketing ist eine engere Verzahnung von Österreich Werbung, Landesorganisation und Destinationsmarketing wichtig.
Der größte Wirtschaftszweig und Arbeitgeber Österreichs droht an sich selbst zu scheitern. Mit Hilfe eines Ministeriums, das seit 30 Jahren in ÖVP-Hand ist. Es braucht eine NEOS-liberale Wirtschaftspolitik. 

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