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Schellhorns Politik-Tagebuch – Teil 2

Registrierkassen-Pflicht: Noch mehr Privilegien für Privilegierte

Print-Ausgabe 1. Juli 2016

Bei der überarbeiteten Registrierkassenpflicht siegte Klientelpolitik vor Gerechtigkeit – musste die ÖVP im Gegenzug einem Kuhhandel zustimmen?

Die Registrierkassenpflicht wurde noch einmal aufgeschnürt: Vorfeldorganisationen politischer Parteien, Feuerwehren und Pfarren werden de facto ausgenommen. Der versprochene neue Stil der Regierung wurde einkassiert. Und das Resultat? Bereits Privilegierte werden noch mehr Privilegien erhalten.

Die junge Volkspartei und die Kirche haben sich durchgesetzt, Finanzminister Schelling ist umgefallen. Der neue Regierungsstil wurde abgesagt, aber immerhin in der Logik der Klientelpolitik blieben sich SPÖ und ÖVP treu.
 
Dass die jüngst vom Ministerrat beschlossenen Änderungen auch uns Wirten entgegenkommen, lasse ich nicht gelten. Für uns Unternehmer ist die Korrektur einer bürokratischen Dummheit noch keine Entlastung. Geplant ist etwa eine Neuregelung für Aushilfskräfte, die in Gaststätten kurzfristig zum Einsatz kommen. Erleichterungen soll es auch geben, wenn jemand bereits ein Lokal und daneben beispielsweise einen Verkaufsstand betreibt. Das nennt man wohl eine Beruhigungspille: Ein bisschen weniger Unfug auf der einen Seite, sehr viele Privilegien mehr auf der anderen Seite.

Umsätze von Unternehmen, die außerhalb von festen Räumlichkeiten erzielt werden, sind von der Registrierkassenpflicht ausgenommen. Die „Kalte-Hände-Regelung“ soll dann gelten, wenn der außerhalb des Betriebes erzielte Jahresumsatz unter 30.000 Euro bleibt. Verkauft ein Gastronom beispielsweise im Freien Eis, braucht er dafür keine Registrierkasse. Er kann die Umsätze nachträglich bonieren. Das ist noch keine Entlastung, sondern lediglich keine neue Blödheit. Was uns jetzt als Verbesserung verkauft wird, soll die gleichzeitig beschlossene Parteienfinanzierung auf Kosten der Dorfwirte vergessen machen!

Freuen dürfen sich nämlich vor allem die Vorfeldorganisationen der Parteien sowie Feuerwehren und Pfarren. Für all diese Organisationen sollen die Regeln für kleine Vereinsfeste zur Anwendung kommen. Politische Organisationen bleiben bis zu einem Jahresumsatz von 15.000 Euro von der Registrierkassenpflicht befreit. Für Feuerwehren und für Pfarren gilt die Ausnahme auch über das 15.000-Euro-Limit hinaus.

Die Änderungen zeigen, wie hierzulande der Hase läuft und wie die Macht verteilt ist – und die liegt bei den Parteien und der Kirche. Die in Österreich ohnehin exorbitant hohe Parteienförderung wird über diese Ausnahme noch weiter subventioniert. Dass Pfarren von der Pflicht, Mehrwertsteuer abzuführen, ausgenommen sind, passt ebenfalls ins Bild. Die Religionsgemeinschaften bezahlen bereits jetzt keine Steuern für ihre Vermietungs- und Landwirtschaftseinkünfte, nun bleiben auch die Pfarrfeste weiterhin steuerfrei.

Aber an Fairness, Logik und Gerechtigkeit war Minister Schelling ohnehin nicht interessiert. Er hat sich von jenen weichklopfen lassen, die am lautesten ihre Privilegien verteidigt haben. Denn wenn eine Registrierkasse eingeführt wird, dann muss sie für alle gelten. Keine Ausnahmen für irgendwen!

Die Frage ist jetzt für mich nur mehr, welchem Kuhhandel die ÖVP im Gegenzug zustimmen musste, um die Unterstützung der SPÖ für dieses Vorhaben zu gewinnen? Mir schwant Böses. Maschinensteuer oder Arbeitszeitverkürzung? Der Phantasie der Regierungsparteien sind in punkto Klientelpolitik keine Grenzen gesetzt, immerhin handelt es sich um einen Bereich, wo ÖVP und SPÖ noch Kreativität erkennen lassen. 

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Erstellt am: 01. Juli 2016

Foto: Nimmt in T.A.I. zu jenen Dingen Stellung, die Österreichs Tourismus schwer belasten: Gastronom und Politiker Sepp Schellhorn

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