Comeback des österreichischen Tourismus – Teil 4

COFAG, Liquidität, Unterstützungshilfen! Heißes Finale bei den „Auf geht’s“-Talks

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Das Beste – in diesem Fall das Spannendste – kommt zum Schluss. Vier Termine standen nach dem Kick-Off der „Auf geht’s Comebackprozess“-Premiere Ende April auf dem Programm (siehe untenstehenden Info-Kasten). Am 31. Mai war nun die Finanzierungs-Problematik an der Reihe. Tourismusministerin Elisabeth Köstinger hatte für das Thema des Abends, „Neue Finanzierungsperspektiven für den Tourismus“, durchwegs Diskussions-TeilnehmerInnen geladen, die eng mit der Situation verbunden und somit direkt am Puls des Geschehens sind:

  • Bernhard Perner, Geschäftsführer der COFAG (COVID-19-Finanzierungsagentur des Bundes),
  • Susanne Kraus-Winkler, Obfrau des Fachverbandes Hotellerie in der WKÖ,
  • Josef Reiter, Geschäftsführer der auf Steuer- und Unternehmensberatung im Tourismus spezialisierten ECA Mag. Reiter & Partner WT-GmbH, sowie
  • Claudia Höller, Vorständin der Tiroler Sparkasse.

Fakten über die COFAG

Die rasch nach Ausbruch der Corona-Krise gegründete COFAG wurde und wird oft kritisch kommentiert (z.B. warf ihr das Magazin „Trend“ Mitte März 2021 Planlosigkeit vor, die „Wiener Zeitung“ berichtete im Jänner über „massive Verzögerungen und unverständliche Absagen“). Beim „Auf geht’s“-Talk verwies Bernhard Perner vor allem auf die erbrachten Leistungen: Ende Mai wurde der 650.000ste Antrag bearbeitet. Zum Vergleich: „Eine große Förderorganisation, wie die aws (Austria Wirtschaftsservice GmbH), die ebenfalls im Eigentum des Bundes steht, kommt pro Jahr auf durchschnittlich 40.000 Anträge.

Bernhard Perner ist Absolvent der TU Graz arbeitete zunächst siebeneinhalb Jahre im Risk-Management von Deloitte, dann fünfeinhalb Jahre im Kabinett von drei Finanzministern (Spindelegger, Schelling und Löger), war danach Direktor in der ÖBAG (Österreichische Beteiligungs AG), um im April 2020 die Leitung der COFAG zu übernehmen.

Derzeit 100.000 Anträge pro Monat

In der ersten Corona-Phase lag (gemeinsam mit der ÖHT Österreichische Tourismusbank) der Fokus auf Absicherung der Liquidität der Unternehmen, danach verlagerte sich der Schwerpunkt auf Zuschussprodukte und dort „ab November das Massengeschäft mit dem Umsatzersatz. Binnen zehn Tagen haben wir das von der Idee bis zu den ersten Auszahlungen geschafft“, so Perner. Pro Monat werden aktuell rund 100.000 Anträge bearbeitet, im Durchschnitt dauert es sechs Tage vom Antrag bis zur Auszahlung.

Wobei Perner durchaus eingesteht, „dass manche Anträge länger dauern. Uns sind aber alle gleich wichtig, auch wenn manche Fälle ausgefranst sind.“ Wichtig sei, „dass über Jahre hinweg nachvollziehbar sein muss, wie wir im Einzelfall entschieden haben.“ Zum Zeitpunkt des „Auf geht’s“-Talks wurde die COFAG, wie Perner betonte, vom Rechnungshof geprüft.

Jetzt gehe es um einen „berechenbaren Pfad, wie wir zurück zum normalen Wirtschaften kommen.“ Bernhard Perner schätzt, dass dies für die Ferienhotellerie schneller gehen werde, während man „in anderen Bereichen schauen muss, die Unterstützungen nicht zu schnell zurückzufahren.“ Am ENDE sei die COFAG dann erfolgreich gewesen, „wenn’s uns nicht mehr braucht“.

Entscheidend: die Bilanzen 2021 ff.

Das wird noch dauern, womit der „Comeback-Talk“ bei den heißesten Phasen angelangt war. Den Anfang machte Bankerin Claudia Höller: „Die wirklichen Auswirkungen der Pandemie sieht man aufgrund der Bilanzen erst deutlich später.“ Dies sieht Spartenobfrau Susanne Kraus-Winkler genauso: „Die Bilanzen 2020 werden aus Sicht der Banken noch relativ gut sein. Worauf wir achten müssen, sind die Bilanzen 2021 und der Folgejahre.“

Laut Claudia Höller stehen für Banken drei Kennzahlen im Vordergrund, jene die Aussagen über „Robustheit und Krisenfestigkeit“ zulassen:

  1. Eigenkapital-Quote
  2. Kostenstruktur bzw. Höhe der Fixkosten
  3. Anteil der Kreditfinanzierung an der Bilanzsumme

Bei allen drei Kennzahlen zählen Tourismusbetriebe nicht zu den Vorzeigeunternehmen, eher zum Gegenteil. In der Hotellerie werden zwei Bereiche unterschiedlich aus der Krise herauskommen:

Jene, die „komfortabel mit Eigenkapital und Liquidität ausgestattet sind. Sie werden, sobald wieder Planungssicherheit besteht und es Vollauslastung geben kann und darf, mit einem blauen Auge davonkommen.“

Der Städtetourismus und jener Teil des Ferientourismus, der unterdurchschnittlich mit Kapital und Liquidität ausgestattet ist, brauche „sicher längerfristig Unterstützung, die über die Möglichkeiten von uns Banken gehen würde.“ Claudia Höller: „Kapital bleibt das Wichtigste in all dem.“

Vorschläge für fortgesetzte Unterstützungen

Susanne Kraus-Winkler nannte in der Folge zwei Punkte, die für die Zukunft entscheidend sein werden und für welche die Politik entsprechende Rahmenbedingungen setzen muss:

  1. Stärkung der Liquidität: diese betrifft jene Unternehmen, die auch nach Auslaufen der aktuellen Unterstützungen mit 30.06.2021 weiterhin auf Hilfen angewiesen sind; diese wären „solange weiterzuführen, bis man sieht, dass sie nicht mehr notwendig sind“ (vor allem Stadthotellerie);
  2. Umwandlung der „gesamten Covid-abhängigen Verschuldung in ein neues Instrument, das langfristig läuft, mit niedriger Verzinsung und einer wesentlich später einsetzenden Rückzahlung oder Refinanzierung. Wir müssen schauen, dass die Betriebe jetzt entlastet werden, was die Rückzahlung betrifft und dass diese Verschuldung eine Eigenkapital-ähnliche Struktur bekommt.“

Unternehmensberater Josef Reiter, dessen WT-GmbH mit Sitz in Schladming seit 1995 österreichweit eigentümergeführte Hotels betreut, hält den zweiten Vorschlag nur für Betriebe ab einer gewissen Größenordnung sinnvoll: „Für klassische Familienhotels ist er zu kompliziert.“

Durch die gewährten Brückenfinanzierungen (durch Bundeshaftung garantierte Corona-Überbrückungskredite) bestehe für diese in den kommenden vier Jahren weiterhin Liquiditätsbedarf, „was nicht heißt, dass sie keinen Investitions-Bedarf haben.“ Für diese Zielgruppe wäre es deshalb sinnvoller, ein Förderinstrument zu schaffen, dass über einen bestimmten Zeitraum hindurch zinsfrei ist, in Verbindung mit einer Bundeshaftung, womit die Bank außen vor bleibt und die Tilgung erst dann einsetzt, wenn die Brückenfinanzierung zurückgezahlt ist.“

„Ohne Eigenkapital ka Musi“

Der finale Talk im „Auf geht’s Comebackprozess“ sorgte also für viele interessante Inputs bezüglich neuer Finanzierungs-Perspektiven. Für COFAG-Chef Bernhard Perner „muss es eine Kombination“ aus allem sein. Es gehe „um einen berechenbaren Pfad, wie wir zurück zum normalen Wirtschaften kommen.“ Für die Ferienhotellerie werde dies schneller möglich sein, in „anderen Bereichen müssen wir schauen, die Unterstützungen nicht zu schnell zurückzufahren.“

Nach Ansicht von Bankerin Claudia Höller „haben alle recht. Es wird weiter Unterstützungs-Maßnahmen geben müssen. Mittelfristig wird’s darum gehen, Kapital in der Hotellerie und im Tourismus aufzubauen.“ Das Sepp Reiter mit folgenden Worten kommentierte: „Ohne Eigenkapital ka Musi.“

Was alles davon – und von den drei vorangegangenen Talks – in den Comeback-Plan des Österreichischen Tourismus einfließen wird, darum geht es bei der Vorstellung der Ergebnisse am 23. Juni 2021. T.A.I. wird darüber berichten.

Auf geht's - zum Comeback des heimischen Tourismus

Die von Tourismusministerin Elisabeth Köstinger initiierten Comeback-Talks biegen in ihre Zielgerade. Nach dem Kick-off am 29. April standen vier „Auf geht’s“- Termine auf dem Programm:

Den Abschluss bildet die Präsentation des "Comeback-Plans" am 23. Juni 2021.

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