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Rottenbergs Roadbook

Die ÖBB-App für Schwarzfahrer

Print-Ausgabe 22. April 2015

Der Schaffner lachte: So gut seien seine Augen auch nicht. Dann wurde er ernst: „Mit den Lesegeräten geht es halt nicht. Demnächst bekommen wir angeblich neue.“ Nachsatz. „Aber das hören wir schon länger.“

Dann ging er zum nächsten Fahrgast. Schaute auf dessen Handy. „Danke und gute Fahrt“. Der andere Fahrgast grinste mich an: „Ich frage mich auch schon lange, wie die das machen. Weil: So könnten sie es genausogut bleiben lassen.“

Er sah dem davonziehenden Zugchef nach, nahm das Handy hoch – und tippte auf „Storno“: Wenn man ÖBB-App-Tickets erst unmittelbar vor der Fahrscheinkontrolle kauft, kommt der Zugbegleiter mit seinem Lesegerät oft in jenem Zeitfenster, in dem das Storno nichts kostet.

Und unter Viel-Fahrern spricht sich eines gerade herum: Nichtgescannt ist das Ticket nirgendwo als benutzt verbucht. Und die Scanner der Zugbegleiter dürften Müll sein. Zumindest beim Ein- und Auslesen der RQ-Codes der ÖBB-App-Tickets: QR-Codes sind digitale Fingerabdrücke. Eindeutig zuordenbar. Bei Kino- und Flugtickets sind sie längst gang und gäbe. Und funktionieren: Eine Person – ein Ticket – ein QR-Code.

Bei den ÖBB funktioniert das nur theoretisch: Bei zehn Fahrten mit App-Ticket scannt der Zugbegleiter höchstens einmal erfolgreich. In neun Fällen begnügt sich der Schaffner deshalb mit einem Blick aufs Handy.

Unlängst fragte ich wieso. Und der ÖBB-Mitarbeiter seufzte: „Was sollen wir denn tun? Wenn ich neben jedem Fahrgast stehen bleibe, bis die Storno-Zeit abgelaufen ist, brauche ich pro Waggon eine Stunde.“

Thomas Rottenberg

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