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ÖW Zukunftsreise in die Niederlande - Teil III

„Back to the Future“! Spannende Stunden zwischen Solar-Auto, Hyperloop und „Coding the Curbs“

T.A.I. 24 TOP News

Was wäre eine ÖW-Zukunftsreise ohne Einblicke in die Zukunft? Diese eröffneten sich den Teilnehmer*innen des unter dem Motto „nachhaltig, smart und seamless“ gestellten Trips in die Niederlande. Nach Utrecht (siehe Teil I >>> und Teil II >>>) standen nun Helmond bei Eindhoven sowie Rotterdam auf dem Programm.

Erste Station war der Automotive Campus von Atlas Technologies, ein niederländisches Start-up, das mit dem Lightyear „Zero“ vor zwei Jahren das erste vollelektrische E-Auto der Welt präsentierte, das nicht nur über das Stromnetz, sondern auch durch in die Karosserie integrierte Solarzellen geladen wird. Der Produktionsstart steht unmittelbar bevor. Die Serie umfasst 964 Exemplare, wobei pro Stück um die 250.000 bis 300.000 Euro verlangt werden, wie Dominique Fuchs, Project Manager Chassis von Lightyear, den Teilnehmer*innen gegenüber erläuterte. Derzeit beschäftigt das Unternehmen bereits 600 Mitarbeiter*innen, jeden Monat kommen 30 weitere hinzu. „Wir durchleben gerade eine Phase mit explosivem Wachstum“, so Fuchs.

Auto-Lichtjahr mit Sonnenenergie

ÖW-Geschäftsführerin Lisa Weddig und WKO-Wirtschaftsdelegierter in Den Haag, Michael Spalek 


 

Während der Lightyear „Zero“ demnächst an den Start geht, erfolgt bereits die Entwicklung der nächsten Generation: Der „Lightyear Two“ wird für den Massenmarkt konzipiert, soll 2025 an den Start gehen und zwischen 30.000 und 50.000 Euro kosten. Fuchs sieht in dem Solar-E-Auto große Chancen, vor allem in Entwicklungsländern, wo kaum eine Charging-Infrastruktur existiert: „Nur 3 % der Weltbevölkerung leben in der Nähe von Charging Points.“ Ziel war es deshalb, ein „integratives System zu entwickeln, bei dem Autos mit Solarenergie laufend betankt werden.“

Der Lightyear Zero hat 5 m² Solarpanels auf Dach und Fronthaube, kommt mit einer Batterie von 60 kWh (Kilowattstunden) aus und kann damit „Monate fahren, ohne aufzuladen. Es ist ein Auto, das mehr auflädt als entlädt.“ Dominique Fuchs schätzt, dass es der Lightyear im Vergleich zu reinen E-Autos auf eine doppelte Reichweite bei gleicher Batteriegröße bringt. Die Sonnenaufladung ist dabei je nach Region unterschiedlich: In Spanien etwa wird vom Lightyear pro Tag Energie für rund 20 Meilen (rund 32,2 km) produziert, in den Niederlanden sind es 11 Meilen (17,7 km).

Mit einem Luftwiderstandswert von nur 0,175 cw, einem Gewicht von lediglich 1.500 kg (so viel wie ein VW Passat) und vier Motoren (an jedem Rad einer) gilt der Lightyear Zero als windschlüpfriges Leichtgewicht. Dominique Fuchs: „Die Gewichtseinsparung war uns besonders wichtig. Deshalb gibt es zum Beispiel keine Sitzheizung, keine elektrische Sitzverstellung.“ Die in der Praxis erzielbare Reichweite gibt Fuchs mit 500 bis 600 km an, der „Zero“ beschleunigt in 10 Sekunden auf 100 km/h und die Höchstgeschwindigkeit ist mit 160 kmh begrenzt.

Hyperloop: Wien - Graz in 20 Minuten

Überaus gespannt blickten die Teilnehmer*innen der Zukunftsreise auf die Präsentation der nächsten Station, bei Hardt Hyperloop in Rotterdam. Untergebracht in einem ehemaligen U-Boot Fabriksgebäude im Bereich des alten Hafens, berichtete Project Lead-Manager Stan de Caluwe über den Stand der Dinge dieses Verkehrssystems der Zukunft. Es handelt sich dabei um ein Hochgeschwindigkeits-Transportmittel, das in einer unterirdisch verlegten oder auf Pfeilern stehenden Vakuum-Metallröhre mit magnetisch angetriebener Passagier- oder Cargo-Kapsel dahinrast.

Stan de Caluwe: „Die Energieeffizienz ist extrem, die Geschwindigkeit wie von einem Flugzeug und das bei einem Komfort wie in der Bahn.“ Die Größe der Passagier-Kapsel entspricht ungefähr jener eines Zug-Waggons (60 Fahrgäste). Die Magneten sind oberhalb angebracht, darunter schwebt die Kapsel.

Derzeit stehen laut Stan de Caluwe weltweit über 100 Hyperloop Projekte in Entwicklung, die meisten davon in Europa, China und den USA. Stan de Caluwe zufolge bestehen gegenüber allen Verkehrsträgern große Vorteile bei Landnutzung und Energie. Die Geschwindigkeiten sind beachtlich: Die Fahrt zwischen den Stadtzentren von Amsterdam und Berlin soll maximal 1:30 Stunden dauern, Wien – Graz 20 Minuten, Linz – Frankfurt 1:08 Sunden.

Wie Hardt Hyperloop funktioniert, wurde dann an Hand eines Modells mit 250 kg, schwebend ohne Berührung in einer 5 Meter langen Versuchsstation vorgeführt (Fotos des Modells waren nicht erlaubt). Jetzt wird ein 1.000 kg Modell entwickelt. Damit nicht genug, entsteht derzeit im Norden der Niederlande eine über 1.000 Meter lange Teststrecke mit einem Durchmesser von drei Metern, die 2023 ihren Betrieb aufnehmen wird.

Wie aus dem von Stan de Caluwe vorgestellten, geplanten Netzwerk hervorgeht, wird Wien als einer der Knotenpunkte gehandelt (Streckenanbindung in alle vier Himmelsrichtungen). Die Walzermetropole gehört aber nicht zu den derzeit unterstützenden zehn Städten und Regionen von Hardt Hyperloop. Im Endausbau ist ein 25.000 km großes Netzwerk geplant, das 130 Städte in 25 EU Ländern miteinander verbindet. Das Investment dafür wird von Stan de Caluwe auf 262 bis 368 Mrd. Euro geschätzt.

Wie Stan de Caluwe T.A.I. gegenüber erwähnte, dürfte die erste echte Route bis Ende dieses Jahrzehntes in Betrieb gehen, „voraussichtlich Cargo, wahrscheinlich im Mittleren Osten oder in China.“

Selbstfahrender Minibus und „Coding the Curbs“

Den Abschluss der ÖW-Zukunftsreise bildete ein Besuch im FUTURE MOBILITY PARK, dessen Direktor Lucien Linders nach einem kurzen Einführungsreferat den Teilnehmer*innen – aufgeteilt in drei Gruppen – Eindrücke vom „Innovations Viertel" bot. „Wir beschäftigen uns mit der Entwicklung von autonomem und nachhaltigem Transport“, so Lucien Linders, egal ob weltweit, regional, städtisch oder in der Nachbarschaft. Der Fokus liege dabei aber auf der letzten Meile.

Der FUTURE MOBILITY PARK sei ein „richtiger Play Ground, auf dem alles möglich ist.“ Fast alles, denn so gibt es z.B. extreme Sicherheitsvorschriften für Tests autonomer Fahrzeuge: „Vorne muss ein Mann mit Fahne gehen und dahinter ebenso, wie bei den ersten Autos.“ Zu den gewonnenen Eindrücken zählte die Fahrt mit einem autonomen Bus, der auch bereits im Einsatz steht, und zwar in Noordwijk bei der ESA (European Space Agency). Das Future Mobility Network hat wesentlich dazu beigetragen.

Am meisten beeindruckt waren die Teilnehmer*innen der Zukunftsreise im FUTURE MOBILITY PARK aber von etwas anderem: „Coding the Curbs“. Durch diese mobilen, codierbaren Aufsteher an Bordsteinen werden Parkplätze sowie Be- und Entladeplätze für Unternehmen, Zusteller, Transporteure und Servicetechniker reservier- und buchbar. Der knappe Platz in den Innenstädten wird dadurch nicht nur besser genutzt, sondern durch die bessere Planbarkeit werden logistische Fahrten effektiver. Das Future Mobility Network hat errechnet, das pro Tag dadurch um 20 % weniger Kilometer zurückgelegt werden müssen.

Den informellen Abschluss fand die Zukunftsreise dann in der Stadshaven Brouwerij. Die Gespräche drehten sich vor allem darum, was von dem Gesehenen und Gehörten alles umsetzbar ist. Am ehesten dürfte dies zunächst mit dem Fahrrad gelingen.

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