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TUI Group

TUI hat auf Schienen Großes vor: Neue Dimension auf Flughöhe „Null“

Print-Ausgabe 14. März 2024

„Was in einem Markt erfolgreich ist, können wir schnell auf andere Märkte ausweiten“, so CEO Sebastian Ebel

Nach eineinhalb erfolgreichen Jahren mit Nachtzügen erfolgt im Mai der Einstieg auch ins Tagzug-Business – Partner von TUI ist das niederländische Start-up Flywise

Es ist ein Nischenprodukt, aber eines, das hohe Wellen schlägt: Nachtzüge. Die ÖBB bieten es mit ihrem Nightjet an, FlixTrain mit Zielen in Deutschland sowie Schweden, Snälltåget von Malmö in die österreichischen Skigebiete, der Eurostar Ski Train verkehrt von England nach Frankreich, Trenhotel verbindet Spanien mit Portugal, der Caledonian Sleeper England mit Scotland und die „Intercités de Nuit“ fahren durch Frankreich. Aber TUI? Der weltweit größte Reiseveranstalter startete Ende 2022 in seine Nachtzug-Ära, das Angebot wurde 2023 ausgeweitet und mit Mai 2024 steigt TUI auch in das Tagzug-Business ein. TUI-Partner ist das niederländische Start-up Flywise Travel, das unter der Marke „Green City Trip“ Nachtzüge betreibt und unter dem neuen Brand „GoVolta“ jenes der Tagzüge.

Einschlägige Erfahrungen mit dem TUI FerienExpress

Wobei der Reiseveranstalter – neben dem „Zug zum Flug“-Service für die An­reise zum Abflugort, das hierzulande in Kooperation mit ÖBB Rail Tours für Flugpauschalreisen ab Wien, Linz, Graz, Salzburg und Innsbruck angeboten wird, alles ohne Zusatzkosten – bereits in der Vergangenheit einschlägige Erfahrungen auf Schienen hatte: Der TUI FerienExpress verkehrte sommers wie winters vorwiegend auf Nachtstrecken zwischen 1978 und 1992 nach Österreich. Er umfasste drei Zuggarnituren (jeweils zehn Liegewagen sowie ein TUI-Treffwagen in Zugmitte) für insgesamt 420 Reisende. Anfangs noch ein Erfolg, wurde das Vorhaben dann mangels Wirtschaftlichkeit – vor allem durch das Aufkommen der Billigflieger – Anfang der 1990er-Jahre eingestellt.

Im Winter 2022/23 erfolgte mit dem „TUI Ski Express“ ein Restart. Der verkehrt seit kurz vor Weihnachten 2022 und auch 2023 während der Wintermonate wöchentlich von Amsterdam und Utrecht in die österreichischen Alpen. Nach Ankunft in Wörgl wird der Zug geteilt. Eine Route führt durch Tirol nach Vorarlberg, die andere ins Salzburger Land. „Was in einem Markt erfolgreich ist, können wir bei TUI schnell auf andere Märkte ausweiten“, meinte der CEO der TUI Group Sebastian Ebel bei dem Start.

Logische Expansion nach Deutschland

In der Premieren-Saison – es handelte sich um einen Pilotversuch – war der Verkauf nur auf die Niederlande beschränkt. Seit Winter 2023/24 hält der „TUI Ski Express“ auch in Köln, Bonn, Koblenz und Frankfurt. Die Expansion nach Deutschland war logisch: Mit über 300 Hotels in Österreich gilt TUI als der führende Wintersportveranstalter der Bundesrepublik. Für Ski- und Snowboard-Ausrüstung werden von TUI keine zusätzlichen Gepäckkosten für den Transport im Nachtzug berechnet. Um den Service nutzen zu können, ist allerdings eine Buchung im Rahmen einer TUI Pauschalreise (Übernachtung für acht Nächte sowie ein 6-Tages-Skipass) erforderlich.

„Es ist ein langsames Herantasten an ein neues Geschäftsfeld“, betont Sebastian Ebel. Letzteres wurde bereits im vorigen Sommer um den „TUI City Express“ mit Fahrten von Amsterdam über Osnabrück und Hannover nach Dresden und Prag ausgeweitet. Der fast 468 Meter lange Nachtzug mit 16 Wagons verfügt über 700 Betten (er ist damit um zwei Drittel größer als der einstige TUI FerienExpress) und kostet in der Fünf-Personen-Kabine in der Eco-Klasse 140 Euro pro Person. Für das komfortablere Zweier-Abteil mit eigenem Waschbecken sind 249 Euro pro Person zu bezahlen.

Nachtzugstrecken für die „Green City Trips“

Betrieben werden der „TUI City Express“ und der „TUI Ski Express“ wie eingangs erwähnt von Flywise Travel, das beides unter der Marke „Green City Trip“ anbietet. Das 2010 gegründete Start-up beitreibt seit 2021 mehrere Nachtzugstrecken, die alle in den Niederlanden beginnen, und u .a. nach Venedig, Prag, Mailand, Wien, Verona und Innsbruck führen.

Sebastian Ebel sieht jedenfalls in der Bahn „eine Riesen­chance. Es ist auch kein Altruismus.“ Denn TUI will mit den Nachtzügen Geld verdienen. Dies ist kein einfaches Unterfangen: Denn bis auf die ÖBB, die mit ihrem Nightjet-­Angebot eine „schwarze Null“ einfährt, verdient kein Nachtzug-Anbieter in Europa bisher Geld. Hauptgrund: Die Züge stehen tagsüber ungenutzt herum. Auch ist für den Hotelbetrieb in der Nacht sowohl mehr als auch extra dafür geschultes Personal nötig, was die Kosten in die Höhe treibt. Laut Flywise Travel sei der Aufwand für Einführung und Betrieb der Nachtzüge jedenfalls beträchtlich und die Rentabilität nur schwer zu erreichen. Im Paket mit Hotelzimmern und/oder Aktivitäten vor Ort sollen aber die von TUI mit dem Ski und dem City Express angebotenen Nachtzugfahrten jedenfalls „wirtschaftlich zu betreiben“ sein.

Zahlen darüber sind dem TUI Geschäftsbericht 2023 nicht zu entlocken, weder die Anzahl der transportierten Gäste noch Umsatz-Ergebnisse. Denn insgesamt stellt der Nachtzug für TUI nur eine Ergänzung des Angebotes dar. „Wir lassen uns dadurch nicht von unserem Kerngeschäft ablenken, der Pauschal- und Paketreise“, betont Ebel.

Ausbau der Routen in den kommenden Jahren

Wobei die Nachtzugpläne bei TUI weiter reichen. In den kommenden fünf Jahren sollen Routen von Stockholm bis Italien aufgebaut werden, die von bis zu 12 Zügen befahren werden. Nur Spaniens Badeorte scheiden laut Sebastian Ebel aus, da die Bahngleise dort eine breitere Spur als in Mitteleuropa aufweisen.

Auch am Tag will TUI, wieder mit Partner Flywise Travel, aber diesmal unter der Marke „GoVolta“ künftig mitmischen. Dabei handelt es sich um Charterzüge von Amsterdam nach Paris, Berlin und Basel, die am 1. Mai 2024 in Betrieb gehen sollen. 2025 sind dann Verbindungen nach München und Kopenhagen geplant. Langfristig soll es mehr als 20 Strecken quer durch Europa geben. Die „GoVolta“-Züge werden sowohl über zwei Klassen sowie einen Speisewagen verfügen und 800 Passagieren Platz bieten. Für den Ticketverkauf wird das „Green City Trip“-Netzwerk genutzt. Hauptpartner bei der Entwicklung ist aber TUI.

Ob diese Kooperation Bestand hat, darüber hält sich Sebastian Ebel bedeckt: „Es gibt in Europa eine ganze Reihe von interessanten Unternehmen in diesem Markt, mit denen wir reden können.“ Für ihn steht jedenfalls fest: „Züge sind ein komplexes System, komplexer als Luftfahrt.“

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