T.A.I. Incoming-Trilogie – Teil II

Hoffnung und Realismus! So bewältigen Österreichs Incomer die Corona-Krise

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Wie schaffen es Österreichs Incoming Reisebüros, die schwerste Krise seit es modernen Tourismus gibt, zu überwinden? T.A.I. hat dazu eine große Umfrage gestartet, deren Ergebnisse in drei Teilen publiziert werden. In Teil I ging es darum, die 15 teilnehmenden Betriebe und ihre Bedeutung vorzustellen (sie beschäftigen knapp 8% aller Reisebüro-MitarbeiterInnen Österreichs und erwirtschaften 12,4% der Umsätze), sowie die Umsatzrückgänge 2020 (bis zu 97%). In Teil II stehen neben Quellmärkten und Angebot vor allem die in Anspruch genommenen Hilfen, wie Kurzarbeit und Fixkostenzuschuss, sowie deren Treffgenauigkeit im Fokus.

Vielfältiges Angebot

Von den gefragten Incomern werden 20 Länder sowie vier Regionen (Asien, CEE, gesamt Europa und Südamerika) abgedeckt. Deutschland gehört bei jedem zweiten zu den drei wichtigsten Quellmärkten, Großbritannien bei vier Incomern, Frankreich, Italien, Niederlande, Portugal und die Schweiz bei drei. Je zwei Unternehmen sind bei den drei Top-Herkunftsländern in Österreich, Spanien, Südamerika und den USA engagiert.

Die Produkte sind überaus vielfältig. Rundreisen im Gruppenbereich gehören ebenso dazu, wie FITs, Multi-Stopps in mehreren Regionen bzw. Ländern oder spezifische Angebote, wie die „Sound of Music-Tour“ von Salzburg Panorama Tours – laut deren Geschäftsführer Stefan Herzl „die beliebteste Tours Österreichs laut Tripadvisor.“ Wandern und Radfahren in Österreich ist genauso vertreten, wie Auto- und Bahnrundreisen sowie immer wieder auch das MICE-Geschäft oder Spezialprojekte wie Film Crews, VIP Gäste, Chorgruppen.

Mit anderen Worten: das Angebot von Österreichs Incomern ist überaus breit und vielfältig. Und es unterstreicht die laut Helmut Bernhart, Präsident des Tourismus Forum Incoming (TIF), „hohe wirtschaftliche Bedeutung“ der Incoming-Unternehmen, die mit 32,5 Mio. vermittelten Übernachtungen für 21,7% des gesamten Österreich-Tourismus verantwortlich zeichnen.

Hoffnung und Realismus

Die Einschätzung des Geschäftsjahres zum Zeitpunkt des 1. Lockdowns im März/April war meist noch von mehr Zuversicht geprägt, als es dann letztendlich gekommen ist. „Wir sind davon ausgegangen, dass sich die gesamte Situation zum Herbst/Winter beruhigen wird“, so Travel Partner-Chef Michael Poot. Mondial-Geschäftsführer Gregor Kadanka ist bezüglich Incoming „von einer Erholung im Winter ausgegangen – jetzt rechen wir damit erst im Q3 2021.“

Brigitte Stumpner, Chefin der Salzkammergut Touristik: „Erst dachte ich, dass im Mai oder Juni der Spuk vorbei ist. 50% vom normalen Volumen konnten wir im Juli und August lukrieren, und dann ging es wieder steil bergab. Der Herbst und Advent waren gut vorgebucht, aber im Endeffekt erreichte uns eine weitere Stornowelle.“ Olaf Dick, Botros Incoming: „Die Erwartung war, dass sich das Geschäft ab Juni 2020 wieder erholen würde, was leider nicht eintrat.“

Bei TUI Incoming „ist leider genau das eingetreten, was befürchtet wurde“, so Ursula Kaloumenos (Office Managerin TUI Incoming alps & cities). Laut Michael Martinek (Sato Tours, Schwerpunktmärkte Lateinamerika, Spanien und Portugal) war bereits „im Mai klar, dass keine Touristen aus Drittstaaten nach Europa reisen können“, weshalb seit damals „die Saison 2020 als Totalverlust zu betrachten“ war.

Gut eingeschätzt hatte auch Eurotours die Entwicklung: „Im Prinzip ist es genau so eingetroffen, wie von uns vermutet“, so Verkehrsbüro-Vorstand Helga Freund: „Wir gingen davon aus, dass wir bis Sommer kein Geschäft haben werden, haben aber vermutet, dass Juli, August stark nachgefragt sein werden. Für Herbst haben wir damals leider schon gerechnet, dass sich die Situation verschlechtern wird, da es im Herbst/Anfang Winter ja generell zu vielen Infektionen kommt.“

Hilfspakete & Treffgenauigkeit

Fast alle Incomer nehmen Kurzarbeit (TOP Travel Geschäftsführerin Gerda Knapp: „Ohne die wäre es nicht möglich, die Durststrecke zu überwinden“) und Fixkostenzuschuss in Anspruch. „Diese beiden Hilfen haben eine große Treffgenauigkeit“, meint etwa Dietmar Tröbinger, Geschäftsführer der OÖ Touristik, „wobei für unser Unternehmen der nicht gewährte Umsatzersatz die größte Hilfe dargestellt hätte.“

Beantragt wurde dieser Umsatzersatz aber von come-in. T.A.I. wollte wissen, wie dies möglich ist. Dazu come-in Chefin Gabriele Prohazka: „Wir haben nicht nur das Gewerbe Reisebüro, das wir vorwiegend für den Bereich Incoming nutzen, sondern auch das Gewerbe ‚Organisation von Veranstaltungen‘.“ Ob der Umsatzersatz für come-in genehmigt wird, steht noch nicht fest. Gabriele Prohazka: „Hoffen wir das Beste.“

Weitere Anpassungen erwünscht

Bemängelt wird die sich seit Monaten hinziehende Realisierung des FKZ II. „Den Fixkostenzuschuss I haben wir erst am 10. September beantragt – wir wollten zuerst die Spielregeln für den FKZ II abwarten. Nun warten wir aber schon seit drei Monaten und das dauert uns schon zu lange", kritisiert Helmut Gschwentner, Geschäftsführer von Travel Europe. „Wahrscheinlich werden wir auch eine Bundeshaftung für einen Covid-19-Kredit in Anspruch nehmen.“

Bei TOP Travel laufen laut Geschäftsführerin Gerda Knapp „aktuell die Berechnungen auf Basis des FKZ II und wir sind für die darin erreichten Möglichkeiten dankbar, bzw. auch zuversichtlich, dass es eventuell noch weitere Anpassungen für Incoming geben wird.“

Nicht zu unterschätzen ist laut OÖ Touristik-Chef Dietmar Tröbinger „der Investitionskostenzuschuss und die Förderungen, die auch von den Ländern und der Wirtschaftskammer aufgelegt wurden. Ein super Instrument ist auch der Gewinnrücktrag, der wird uns aber erst zu Gute kommen, wenn wir bilanzieren!"

Kurzarbeit & Fixkostenzuschuss

Das Ausmaß der Kurzarbeit wurde von einigen Incomern zwischenzeitig reduziert: Bei Eurotours etwa war in der Phase 1 das gesamte Unternehmen in Kurzarbeit, in der Phase 2 waren rund 60 MitarbeiterInnen wieder voll tätig, jetzt sind wieder alle betroffen. Bei Travel Europe wurde laut Geschäftsführer Helmut Gschwentner die Kurzarbeit „in maximalem Ausmaß in Anspruch“ genommen, „jetzt (Phase III) arbeiten einige Abteilungen – z. B. Produktion und IT - schon wieder zu 70 % als Vorbereitung für 2021.“

Laut Brigitte Stumpner (Salzkammergut Touristik) bräuchte es aber bei der Kurzarbeit „mehr Flexibilität, vor allem in der Zeit, wenn das Geschäft wieder anspringt und man kurzfristig mehr Mitarbeiterkapazität oder auch andere Spezialisten“ benötigt. Auch „wenn das Geschäft auf null geht, fehlt hier eine gewisse Flexibilität.“ Stumpner ist aber „sehr dankbar, dass es die Kurzarbeit überhaupt gibt – ohne diese wäre der Mitarbeiterstamm nicht zu halten und wir könnten unsere Projekte nicht umsetzen.“

Differenzierter wird da schon der Fixkostenzuschuss gesehen, auch wenn er von nahezu allen der befragten Incomer in Anspruch genommen wird. So bemängelt Helmut Bernhart (Mundivision), dass der „FKZ I recht dürftig ausgefallen ist, gerade Miete, Strom, Kommunikation sind nur ein kleiner Teil. Andere Kosten, wie Personalverrechnung (sehr aufwändig bei KUA) oder EDV-Admin-Kosten (wegen home-office), stellen einen größeren Aufwand dar, wurden aber nicht gedeckelt.“

Insgesamt wird aber auch der Fixkostenzuschuss positiv bewertet. Martin Hodi von e + o Travel: „Der Fixkostenzuschuss erlaubt es, die Infrastrukturstruktur in der gewohnten, wenn auch angepassten Form aufrecht zu halten, um dann möglichst reibungslos wieder in den Normalbetrieb übergehen zu können.“

Solide Rücklagen

Geholfen hat den meisten Incomern aber der Umstand, in den zurückliegenden Jahren gut gewirtschaftet zu haben. Wie in Teil I der Incoming-Trilogie von T.A.I. festgestellt, weisen die meisten der befragten Unternehmen hohe Eigenkapitalquoten aus (der Durchschnitt liegt bei 30,75%, die besten Betriebe erreichen mehr als das Doppelte davon).

„Haftungen, Garantien und Kredite waren in unserem Fall nicht notwendig, da wir entsprechende Rücklagen in der Firma hatten“, so Mundividion-Chef Helmut Bernhart. „Das hat auch sehr geholfen, weil viele Zahlungen – vor allem Kurzarbeit – mit massiven Verspätungen eintrafen.“

Der dritte und letzte Teil der Incoming-Trilogie beschäftigt sich mit den bisher gesetzten Maßnahmen der Unternehmen (abgesehen der staatlichen Hilfspakete), der Innovationen für 2021 und der Einschätzung bezüglich Rückkehr zur Normalität. >>>

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