ANA
Standpunkt

Rumpel-Sommer

Print-Ausgabe 18. Juni 2021

Was für ein Monat. Bis Mitte Mai herrschte mehr oder weniger Komplettstillstand in einer Branche, die üblicherweise nur so vor Betriebsamkeit strotzt. Seit der eiserne Zwangsschlieflungs- und Reisewarnungs-Vorhang hochgezogen wurde, herrscht wieder regeres Treiben. Doch spätestens mit ihm kam auch die Erkenntnis, dass nichts mehr so ist, wie es einmal war.

Auf das Vergangene zurückzublicken macht wenig Sinn. Erstens war das Gestern bei weitem nicht so rosig, wie uns die Erinnerung vortäuscht. Weder im Incoming (was wurde da nicht über Overtourism gejammert), noch im Outgoing. Dort war die Cook-Pleite kein überraschender Ausrutscher eines in Schieflage geratenen Riesen, sondern Fanal, das unterstrich, wie sehr sich die Spielregeln bereits geändert hatten. Die vielen langen Gesichter der Wochen danach, als die Buchungen zwar überall stiegen, bei weitem aber nicht in jenem Ausmafl, dass das Verschwinden der weltweiten Nummer 2 erwarten hätte lassen, schrieben Bände. Zumindest bei jenen, die darin lesen und sich nicht in den Sack lügen wollten.

Die Länge der Dauerkrise mit Mehrfach-Lockdowns und monatelangem Zugesperrt-sein – so unerfreulich sie auch erschien – erzwang am Ende nichts anderes als das, was längst überfällig war: eine tiefgehende, umfassende Strukturbereinigung. Im Inlandstourismus ebenso wie im Outgoing und im Incoming. Je eher das begriffen wird, umso besser. Denn eines steht fest: Es wird, sobald die Branche – in manchen Bereichen früher, in anderen später – wieder zum Freischwimmer wird und nicht mehr am staatlichen Fördertropf hängt, noch dicker kommen. Umsätze, Roherträge und Deckungsbeiträge werden noch lange nicht (wenn überhaupt) jene Höhen erklimmen, die wir alle gewohnt waren. Viele Vorträge und Wortmeldungen auf dem ÖHV-Kongress 2021 in Linz sowie bei den Comeback-Talks des vom Tourismusministerium initiierten „Auf geht’s“-Prozesses lieflen keinen Zweifel daran aufkommen.

Was nicht heiflt, dass man die Hände verzagt in den Schofl legen soll. Davon ist Österreichs Tourismusbranche erfreulicher­weise – auch diese Erkenntnisse können aus ÖHV-Kongress und „Auf geht’s“-Talks gezogen werden – weit entfernt. Sie steht den Herausforderungen ebenso realistisch gegenüber, wie ihr Blick nach vorne von Optimismus und Zuversicht geprägt ist.

„Wir können die Zukunft nicht vorhersagen, aber wir können sie gestalten“, war eine der Kernaussagen in einem dieser Tage geführten Gespräch. So wie es aussieht, krempelt der überwiegende Teil der AkteurInnen seine Ärmel hoch und gestaltet. Das ist die wohl erfreulichste Erkenntnis zu Beginn eines betriebsamen, aber mit Sicherheit rumpelig werdenden Sommers, meint

Lupo

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