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Standpunkt

Restart ins Ungewisse

Print-Ausgabe 14. Mai 2021

Wie sehr wurde dieser Tag herbeigesehnt. Mehr als sechs Monate Zwangspause, ein Winter ohne Wintersaison. Und denjenigen, die offen halten konnten, wie etwa Reisebüros oder Airlines, Takeaways oder Beherberger für Geschäftsgäste, fehlten und fehlen großteils die KundInnen.

Jetzt dürfen wir wieder. Aber unter welchen Rahmenbedingungen? Gemeint sind nicht jene, die per Gesetz oder Verordnung vorgegeben werden. Nein. Gemeint sind die des Markts. Die haben sich in den zurückliegenden vierzehn Monaten dermaen verändert, dass sie nicht wiederzuerkennen sind.

Da wären einmal die verunsicherten KundInnen. Also zumindest jene, die greifbar sind. Alle anderen sind sowieso unerreichbar. Je gröer die Entfernung, desto mehr tabu. AsiatInnen? Gäste von jenseits des Atlantiks? Oder aus der arabischen Hemisphäre? Die müssen wir bis auf weiteres einmal ausklammern.

Oder die überdimensionierten Kapazitäten aus jener Ära, in der Wachstum ohne Grenzen als Credo galt. Also bis vor Corona. Airlines unterziehen sich bereits gröberer Schrumpfkuren, groe Touristik-Unternehmen ebenso. Kreuzfahrtreedereien fahren – so überhaupt – mit bis zu 50 % reduzierter Belegung und werden dies wahrscheinlich auf lange Sicht tun müssen. In der US-Hotellerie schlägt das Pendel in Richtung kleinere Hotels mit bis zu 300 Zimmern aus, alles darüber tut sich schwer. Von den Mega-Anlagen rund ums Mittel- und am Roten Meer gar nicht zu reden.

Dazu der finanzielle Infusions-Tropf. Kein Unternehmen im Tourismus und seiner vor- bzw. nachgelagerten Branchen kann derzeit ohne diese staatlichen Hilfen überleben und wird noch lange brauchen, um auf eigenen Beinen zu stehen. Ach, wie haben wir auf die Ökonomien östlich des Eisernen Vorhanges hinabgesehen! Jetzt befinden sich groe Teile unserer Wirtschaft in einer ähnlichen Situation. Sobald der wohlig warme Finanzstrom samt diverser Stundungen versiegt, wird’s den einen oder anderen zerreien.

Zu guter Letzt noch die Besinnung auf den vernünftigen Umgang mit den uns allen zur Verfügung stehenden Ressourcen: Die Klima-Ziele wurden vor kurzem – längst überfällig – nachgeschärft. Unter dem Strich bedeutet dies, dass sich die Rahmenbedingungen fürs Wirtschaften in den nächsten Jahren noch ein weiteres Mal fundamental ändern werden.

Wir stehen damit also im wahrsten Sinne des Wortes vor einem Restart ins Ungewisse. Sorry. Aber das ist gut so. Denn dass wir uns zuvor in eine Unbehagen verströmende Sackgasse hineinmanövriert hatten, war gemeinhin bekannt, wurde aber verdrängt. Jetzt besteht die Chance – nein – öffnen sich viele Chancen, um neue Wege zu beschreiten. Wohin sie führen, ist noch nicht erkennbar und jeder ein Scharlatan, der behauptet, es zu wissen. Was aber klar ist, dass wir jetzt die Ärmel hochkrempeln dürfen und uns an die Reise in die Zukunft machen. Auch wenn’s vorerst ein Restart ins Ungewisse ist, sieht den Herausforderungen mit Freude entgegen der 

Lupo

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