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Standpunkt

Quoten-Feigenblatt

Print-Ausgabe 17. Juli 2020

Quotenregelungen haben etwas Diskriminierendes an sich. Sie verleiten etwa zum Umkehrschluss, dass jemand seinen Job, seinen Studienplatz, sein Was-auch-immer, am Ende nur der Quote zu verdanken hat und nicht seiner Qualifikation.

Ohne Quote geht’s aber in vielen Fällen nicht. Leider. Bei der Männlein-Weiblein-Thematik zum Beispiel. Dem Einen zaubert’s ein mitleidiges Grinsen ins Gesicht, beim Anderen eine wutverzerrte Miene. Dem Dritten ist sie schlichtweg egal.

Ist sie aber nicht. Man muss ja nicht so weit gehen, die aktuell in der Bekämpfung der Corona-Pandemie signifikant erfolgreichen Länder mit jenen zu vergleichen, bei denen es spürbar schief läuft. Aber es liegt auf der Hand: Staaten, die ihre Covid-19-Aufgaben bislang am besten gemeistert haben, werden durch die Bank von Regierungschefinnen geführt. Das Gegenteil gilt für Länder mit Macho-Männchen an der Spitze.

Trump, Bolsonaro, Johnson, Modi und Putin vertreten eben andere Denk-Schemen als die neuseeländische Premierministerin Jacinda Ardern, ihre isländische Amtskollegin Katrín Jakobsdóttir, Estlands Kaja Kallas, Dänemarks Mette Frederiksen, Deutschlands Angela Merkl oder Taiwans Tsai Ing-wen.

Politik ist nicht alles. Um Frauenquoten geht’s auch in vielen anderen Bereichen. Etwa in Österreichs Wirtschaftskammer. Dort wurden heuer im Frühjahr Wahlen abgehalten. Undurchsichtig und komplex, wie KritikerInnen meinen.

Quoten? Die sind bestenfalls im WKO-Präsidium zu erkennen. Es setzt sich aus fünf Männern und drei Frauen zusammen, mit Harald Mahrer an der Spitze und Martha Schultz als einer der VizepräsidentInnen. In den Sparten sieht’s schon trauriger aus. Fünf haben Obmänner, zwei eine Obfrau. Der Tourismus leider nicht mehr. Petra Nocker-Schwarzenbacher musste Robert Seeber weichen.

Noch dünner ist die Frauen-Präsenz unter den StellvertreterInnen: 12 in den sieben Sparten sind Männer, nur zwei Frauen. Im Tourismus keine, wäre nicht Astrid Maria Legner kooptiert worden. In der Ära Nocker-Schwarzenbacher gehörte sie noch ohne Kooptierung der Spartenspitze an.

Die Tourismus-Sparten der WKÖ-Landesorganisationen sind dann nahezu gänzlich eine reine Männer-Angelegenheit: Keine einzige (!) verfügt über eine Obfrau und auch die Zahl der Stellvertreterinnen ist dünn gesät. Wäre Petra Riffert von der Werbegemeinschaft Donau OÖ nicht kooptiert worden, wäre die Schieflage noch extremer. So befinden sich unter den 31 Funktionären immerhin sieben Frauen.

Nur so beiläufig: In Österreichs Tourismusbetrieben handelt es sich bei 63 Prozent der Beschäftigten um Frauen. Und wer die FunktionärInnen-Liste der Sparten – Bund und Länder – durchgeht, kann rasch feststellen, dass es ausreichend KandidatInnen für die Führungspositionen gäbe. Nicht nur im Tourismus.

Ohne das Thema Frauenquote strapazieren zu wollen: Unter Harald Mahrer hätten sich wohl alle ein anderes Bild erwartet als einen Männer-Club mit Quoten-Feigenblatt an der präsidialen Spitze. Schade um die vertane Chance, Schande über die erwiesene Unausgewogenheit, mit denen wichtige Themen auch in den kommenden Jahren abgehandelt werden, bedauert nicht alleine der

Lupo

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