ANA
Standpunkt

Neue Absurdität

Print-Ausgabe 19. Juni 2020

Hierzulande wir gerne gejammert. Ebenso gibt’s einen Hang zur Selbstüberschätzung. „Mir san Wödmasta“: Größte Skination. Größte Kulturnation. Und dann erst der Tourismus! Auch bei der Corona-Bekämpfung hat sich Österreich seine Meriten verdient: Eines der ersten Länder mit rigorosen Manahmen und eines der ersten, in denen diese wieder gelockert wurden. Applaus vom Ausland. „Wödmasta“.

Trotzdem wird gejammert. Überall. Bei den Wirten. In der Hotellerie. Jammern tun auch Reisebüros, Busunternehmer, Incomer, Messe-, Kongress- und Eventveranstalter. Und viele, viele in den anderen Wirtschaftsbereichen.

Dabei gab’s doch gerade einen „Mega-Wumms“: Die Regierung hat Anfang dieser Woche ihre Corona-Hilfen auf 50 Mrd. Euro erhöht. Leider ist der Applaus darüber enden wollend. Auch im Ausland. Komisch. Dabei „san ma doch Wödmasta“.

Leider nein. Der „Mega-Wumms“ gleicht allen bislang von der Regierung gesetzten Hilfsmanahmen: Großartige Summen, hinter denen schreckliche Bürokratiemonster versteckt sind. Rasche Hilfe? Fehlalarm.

„Auf Österreichs Wirtschaft rollt eine Konkurswelle zu“, titelte vor wenigen Tagen die „Neue Zürcher Zeitung“. Alles sei zu bürokratisch, die Richtlinien änderten sich ständig, viele Unternehmen fallen durch die Maschen. Anders in der Schweiz: Dort haben es die Behörden geschafft, Hilfen rasch und unbürokratisch an KMU und Selbständige zu vergeben. Das Ausfüllen eines Antrags nahm gerademal 10 Minuten in Anspruch, 100 % Staatsgarantie, keine Bonitätsprüfung, dafür Androhung strengster Strafen bei Missbrauch.

Konkurswelle in Österreich? Wird wohl nicht so schlimm werden. Auch nicht im Tourismus. Alte Jammeranten. Jetzt, wo doch Grenzöffnungen zu 31 Staaten in Kraftgetreten sind. Hierzulande leider nur auf österreichische Art: Sicherheitsstufe 4 bleibt für all diese Länder aufrecht. Das heißt hohes Sicherheitsrisiko: „Von nicht unbedingt notwendigen Reisen (in diese Länder) wird abgeraten.“ Auch nach Deutschland, Kroatien, Griechenland, in die Schweiz und in alle anderen „happy“ 31. Wow. Schlawinertum par excellence. Die naiven Deutschen: Die haben doch tatsächlich besagte 31 Länder und somit auch Österreich von ihrer Reisewarnung ausgenommen!

So schlüssig und richtig das rasche Agieren der Bundesregierung rund um den Shutdown und bei den danach durchgeführten Lockerungen auch war, so schwer tut sie sich jetzt. Kann sie nicht anders? Will sie nicht anders – siehe zwiespältiges Agieren bei den Grenzöffnungen?

Die Wirtschaft schäumt, der Tourismus besonders. Mit Recht. Der „Mega-Wumms“ droht zum Rohrkrepierer zu werden. Vom „Wödmasta“ keine Spur. Die „neue Normalität“ hätten sich alle anders vorgestellt. Jedenfalls nicht in der Form, dass sie sich als „neue Absurdität“ entpuppt, bedauert derzeit keine erfreulichere Bilanz ziehen zu können der

Lupo

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