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Standpunkt

Gelassenheit

Print-Ausgabe 14. Juni 2024

So unerfreulich die Insolvenz von FTI auch ist: Welche Lehren können die verbliebenen Anbieter in der Tourismusbranche daraus ziehen?

Zunächst einmal die Ausgangslage und die besagt bereits viel. Branchenleader TUI hatte aus Preussag-Zeiten unheimlich viel Silber zu verwerten, was es dem börsennotierten Konzern erlaubte, trotz auch härtester Zeiten in den rund zweieinhalb Jahrzehnten seit dem Millennium eine letztendlich passable Finanzbasis zu bauen. Hinter der DERTOUR Group (sie trat Anfang vorigen Jahres in Übernahmegespräche mit der FTI, nahm aber dann Abstand davon) steht der um ein Vielfaches größere Handelskonzern REWE, der eine gesunde Grundlage garantiert. Die beiden dahinter rangierenden Veranstalter alltours und Schauinsland-Reisen sind solide aufgestellte Familienunternehmen und haben überaus starke Eigenkapitalbasen aufgebaut: Jene von alltours erreichte am Ende der Pandemie-Jahre ganze 65,5 %, jene von Schauinsland war mit 36,3 % ebenfalls überaus stark. Beides dürfte sich im letzten Geschäftsjahr nochmals deutlich verbessert haben.

Alle vier Reiseveranstalter verfügen zudem über eine große Zahl eigener Hotels, auch – was nur Insidern wirklich bekannt ist – Schauinsland-Reisen: Er besitzt mit den R2-Hotels auf Fuerteventura aktuell 2.400 Hotelbetten sowie ein Aparthotel in Lanzarote. Dazu kommen im Falle von TUI unter dem Brand TUI fly eigene Airlines (in Summe 125 Maschinen), bei Schauinsland die erheblich kleinere Sundair (7 Flugzeuge) sowie das im Kreuzfahrtbereich angesiedelte Joint Venture TUI Cruises, zu dem seit Corona auch die Luxus- und Expeditionsflotte von Hapag Lloyd gehört (zusammen mit der britischen TUI-Tochter Marella Cruises sind es insgesamt 17 Schiffe).

Dies alles ist deshalb zu erwähnen, weil es sich bei der FTI Touristik und dem ein halbes Jahr vor der Pandemie in die Pleite geschlitterten Thomas Cook um zwei ausgewiesene Wackelkandidaten handelte. Während die aus Neckermann-Reisen hervorgegangene Thomas Cook Group niemals auch nur annähernd auf die finanziellen Ressourcen einer (von Preussag geschluckten und dann in TUI umbenannten) TUI Group zurückgreifen konnte, streckte sich die vom Vorarlberger Dietmar Gunz – ein überaus innovativer Touristiker – gegründete FTI Touristik immer gewaltig nach der Decke, um mit den Branchenriesen mitzuspielen. Es wäre ihr besser angestanden, weit kleinere Brötchen zu backen und den Weg des gesunden Wachstums à la alltours und Schauinsland einzuschlagen.

Damit bleibt die Gewissheit, dass in den kommenden Jahren eine weit gesündere Basis gegeben sein dürfte, als zuletzt. Die vier verbliebenen Großen decken grob geschätzt rund 75 % des Marktes in Österreich ab. Die bevorstehende Sommersaison und die damit verbundenen Urlaubsfreuden der Kund:innen sollten rasch die unerfreuliche Frühjahrspleite vergessen lassen. Sehen wir der Zukunft also gelassen entgegen, meint

Lupo

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