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Wiener vertragen auch noch mehr Touristen

Print-Ausgabe 10. März 2017

Wenn das kein Anlass zur Freude für die Wiener Tourismuswirtschaft ist! Eine positivere Einstellung der Stadtbevölkerung zum Tourismus kann man sich nur erträumen: 90 Prozent sind überzeugt, dass der Tourismus für die Stadt, ihre Bewohner und die Unternehmen ein wichtiger Wirtschaftsfaktor ist, fast 70 Prozent begrüßen es, dass Jahr für Jahr immer mehr Touristen nach Wien kommen, und nur ein Viertel meint, dass die Stadt schon sehr überlaufen sei. Und zwei Drittel fühlen sich zur Gastfreundschaft verpflichtet. Das und viele weitere positive Details ergab die bisher umfangreichste Untersuchung zur „Tourismusgesinnung“, in deren Rahmen das Market-Institut im Auftrag des Wien Tourismus rund 2.000 Wienerinnen und Wiener ab 18 Jahren in zwei Tranchen (Sommer/Winter) befragt hat. Bemerkenswert ist die Homogenität der Ergebnisse: Nach Gruppen (Männer/Frauen, Alter, Bildung, Wohnort) sind die die Unterschiede sehr gering und fast durchgehend innerhalb der statistischen Schwankungsbreite. Die vom Tourismus und seinen auch negativen Auswirkungen besonders betroffenen inneren Bezirke schneiden nicht schlechter ab, als die äußeren Stadtbereiche.

Sonntagsöffnung polarisiert

In der Untersuchung abgefragt wurden auch drei besondere Anliegen der Wiener Hotellerie: Der Bau einer „3. Piste“ auf dem Flughafen Wien, die Geschäftsöffnung an Sonntagen und die Kontrolle der Vermietung von Privatwohnungen an Touristen über Internetplattformen (z.B. über Airbnb). Rund 70 Prozent befürworten das Ziel des Wien Tourismus, 20 neue direkte Flugverbindungen zu internationalen Destinationen zu etablieren, nur sieben Prozent der Befragten sind dagegen. Tourismusdirektor Norbert Kettner sieht darin eine Zustimmung zum Bau einer 3. Landebahn, die dafür eine Voraussetzung ist. Den Bau zu blockieren wie kürzlich durch einen Verwaltungsgerichtsentscheid wäre kein Beitrag für eine bessere Umwelt, da der Flugverkehr nur auf andere Airports ausweichen würde, sehr wohl aber ein enormer Standortnachteil.

Bei der Sonntagsöffnung sieht Kettner die Wiener Bevölkerung „polarisiert“: Exakt die Hälfte hält sie für wichtig, 30 Prozent für wenig und 20 für gar nicht wichtig. Interessant ist, dass sich diese Einstellung über alle Gruppen in fast gleichen Werten darstellt. Im Bereich der „inneren Bezirke“, wo sich die Bezirkspolitik mit der Sorge um die Ungestörtheit ihrer Bewohner als konsequenter Blockierer positioniert, ist die Befürwortung mit 55 Prozent sogar am höchsten.

Keine Unterstützung aus der Bevölkerung kann die Wiener Hotellerie gegen die Umtriebe der Privatzimmer-Plattformen wie Airbnb erwarten: Nur sieben Prozent stört es, dass „Privatwohnungen in meiner Wohnumgebung an Touristen vermietet werden“, weitere acht Prozent fühlen sich davon „eher“ berührt. Satte 59 Prozent haben gegen die Vermietung nichts einzuwenden, ein Viertel hat dazu keine Meinung. Kettner sieht in dem Sektor eine Angebotserweiterung für eine neue Gästezielgruppe, unterstreicht aber die Notwendigkeit einer „gesetzlichen Gleichstellung“. Dass Airbnb ihre Vermieterdaten herausgibt, ist kaum anzunehmen: Wiens Tourismusverbands-Präsidentin Renate Brauner räumte erstmalig ein, dass im neuen Tourismusgesetz auch die Möglichkeit vorgesehen ist, dass die Plattform für ihre Vermieter die Ortstaxe direkt bezahlt. Damit wären die Interessen der Stadt befriedigt, jene der Hotellerie allerdings nicht. Kettner könnte sich eine „faire“ Lösung nach dem Vorbild von Städten wie London und Amsterdam vorstellen, wo die kurzzeitige Vermietung von Wohnungen nur drei Monate im Jahr zugelassen ist. Den Interessen der Hotellerie würde dies entgegenkommen, weil zumindest die professionelle Vermietung von Wohnungen in größerer Zahl nicht mehr rentabel wäre. Wie eine solche Regelung kontrollierbar wäre, steht auf einem anderen Blatt.

Noch großer Spielraum

Für die positive Einstellung der Stadtbevölkerung zum Tourismus spielt auch eine Rolle, dass die „Tourismusdichte“ mit 7,95 Gästenächtigungen pro Einwohner noch deutlich unter dem Durchschnitt vergleichbarer europäischer Städte mit 10,53 liegt. Wo es bereits ernsthafte Widerstände gibt, ist sie bedeutend höher: Lissabon 17,79, Amsterdam 15,69, Prag 12,56 und Barcelona 11,02. Der Spielraum ist also noch groß genug, um das strategische Ziel von 18.000 Nächtigungen im Jahr 2020 ohne Akzeptanzprobleme mit der Bevökerung zu erreichen.

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