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„Ich beende mit heutigem Tag sämtliche politische Aktivitäten.“ Mit diesen einleitenden Worten zu einer längeren E-Mail informierte der Hotelier und Gastronom, NEOS Wirtschafts-, Finanz- und Tourismussprecher Sepp Schellhorn über seinen Komplett-Rückzug aus dem politischen Geschehen.
Als Gründe nennt Schellhorn einerseits den Willen, seine „ganze Kraft für meine Betriebe und meine MitarbeiterInnen und Mitarbeiter“ zu brauchen (Schellhorns 4-Sterne Hotel Der Seehof in Goldegg und seine Gastronomiebetriebe in Salzburg und dem Gasteinertal leiden an dem branchenweiten „massiven Mangel an Fachkräften“), anderseits die Erkenntnis, dass ihm die Politik „nur mehr Kraft raubt und mittlerweile eine Überdosis an Gift freisetzt“. Letzteres „war mir in den letzten Monaten überdosiert“.
Überdosis Gift & wertschätzende Gesprächsebene
Obwohl Schellhorn in den letzten Jahren „mit 23 Betriebsüberprüfungen die ganze Wucht der politischen Übermacht (besonders der ÖVP) zu spüren bekommen habe“, so habe zuletzt „der Kampf der Ertrinkenden den Ton noch einmal verschärft“, und zwar auf allen Seiten.
Trotzdem findet Sepp Schellhorn in seinem Abschiedsschreiben viele lobende Worte, nicht nur für MitarbeiterInnen aus dem Kreis der NEOS, sondern auch über alle Partei-Grenzen hinweg. So gilt sein Dank in der ÖVP-Finanzminister Gernot Blümel: „Er hat es eigentlich nicht Not, sich türkise Socken anzuziehen. Er ist wesentlich klüger, als seine Budgets vermuten lassen und außerdem hat er Witz. Wir hatten immer eine sehr wertschätzende Gesprächsebene. Danke dafür.“
Schellhorns Weg in die Politik …
Der Weg des dreifachen Familienvaters Sepp Schellhorn in die Politik zeichnete sich durch seine mitunter sehr kantigen Formulierungen bereits während seiner Co-Präsidentschaft mit Peter Peer 2003 bis 2013 bei der ÖHV (Österreichische Hoteliervereinigung) ab. Zunächst für den Wirtschaftsbund und die ÖVP auf Gemeindeebene aktiv, fand Schellhorn im Vorfeld zu den Nationalratswahlen 2013 bei den NEOS sein politisches Zuhause. Seit Juli 2014 gehörte er als Mandatar dem österreichischen Nationalrat an. In dieser Funktion setzte er sich stark für den Tourismus ein, zuletzt durch einen Antrag (Stärkung des Eigenkapitals) in der für heute anberaumten Ausschusssitzung.
… sein Flüchtlings-Engagement …
An vorderster Front hat sich Sepp Schellhorn zusammen mit seiner Familie seit Jahrzehnten um Flüchtlinge engagiert (T.A.I. berichtete darüber). Dadurch wurde jungen Menschen eine Zukunft geschaffen und im Schellhorn’schen Hotel sowie seinen Skihütten „den Flüchtlingsburschen Kochen und Servieren beigebracht“. Ein Großteil konnte dadurch in das Arbeitsleben in Österreich finden. Schellhorn: „Sie tragen jetzt mit Steuern ihren Beitrag für´s Land bei.“
… sein Abschied
Seinen Politik-Abschied nimmt Sepp Schellhorn nicht, ohne sich bei „vielen Menschen, denen man begegnet und sich die Wege für´s Erste trennen“, zu bedanken. Allen voran nennt er im Parlament die NEOS-„Supermanagerin“ Barbara Hanak, die NEOS-Inhaltegeber Matthias Pirngruber (Referent Kultur & Medien), Armin Hübner (Leitung politische Abteilung), Christina Aumayr-Hajek (PR-Beraterin) und Lukas Sustala (Lab Team).
Kulturpolitik, Schmerz und Sorgen
Schellhorns „großer Schmerz“ liege aber nicht im Tourismus, sondern in der Kulturpolitik: „Es fehlt massiv Verständnis für diese so wichtige Materie in allen Parteien“, wobei er „Einzeltäter, wie den wunderbaren Thomas Drozda davon eindeutig ausnehmen möchte (Anm.d.Red: der SPÖ-Politiker war von 2016 bis 2021 in der Kulturpolitik aktiv, zunächst als Kanzleramtsminister, dann als Abgeordneter; seit April ist Drozda Vorstand der Wohnbaugesellschaft Arwag Holding)“.
Sein Fazit über die Zeit der Lockdowns: 400 persönliche Gespräche mit UnternehmerInnen, über 2.000 Mails von „Menschen in unternehmerischen Nöten“ beantwortet, die Schellhorn „wirklich an die Nieren gegangen“, denn es waren durchwegs „Menschen, die über die Sorge um ihren Betrieb und ihre MitarbeiterInnen schlaflos geworden sind“.
Über Trotteln, Wünsche und die weitere Zukunft
Eines will, so Sepp Schellhorn in seiner direkten Art, „gar nicht weg reden: Trotteln gibt’s in der Unternehmerschaft genauso wie in allen Gesellschaftsbereichen auch“. Sein Wunsch: „Wenn wir diese abstruse Trennung von Menschen und Unternehmern doch endlich loswerden könnten!“
Wird es eine Rückkehr in die Politik geben? Sepp Schellhorn lässt das offen: „Mein Feuer für das Land brennt weiter – wo ich es noch einsetzen werde, wird die Zeit beantworten.“
Erstellt am: 24. Juni 2021
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