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Prodinger Summit 2023

Gestrandetes Schiff vs. ESG-KPIs! So wird Hotel-Wert deutlich besser

Print-Ausgabe 16. Juni 2023

V.l.: Carsten Wilmsen , Mario Maxeiner, Verena Radlgruber-Forstinger, Peter Weinhandl und Thomas Reisenzahn

Beim diesjährigen „Prodinger Summit“ stand u. a. die Investition in Nachhaltigkeit im Fokus – ein anschauliches Beispiel zeigte, wie sich das bewerkstelligen lässt

Das Bild zeigte ein gestrandetes Schiff. Aus gutem Grund: „Niemand möchte, dass sein Vermögen vor Ende der Nutzungsdauer der­maßen an Wert verliert“, präzisierte Peter Weinhandl, CEO der Unternehmensberatung Regulus Real Estate, in seinem Vortrag anlässlich des „Prodinger Summit 2023“ vor kurzem im Hotel Rasmushof Kitz­bühel. Es ging um ESG (Environment, Social, Governance), also den Beitrag der Wirtschaft zu nachhaltiger Unternehmensentwicklung. „Wir können fast alles messen, nur halt nicht jene Dinge, die ‚weicher‘ sind“, so Peter Weinhandl.

Aus diesem Grund wurde von der Prodinger Tourismusberatung, dem Wirtschaftsministerium, der ÖHT (Österreichische Hotel- und Tourismusbank) sowie der OeKB (Österreichische Kontroll­bank) ein KPI (Key Performance Indicator)-Set entwickelt, das die Messung, Überwachung und Optimierung von Unternehmensleistungen im Bereich Nachhaltigkeit ermöglicht. Ziel ist es, durch diese KPIs Hoteliers Entscheidungskriterien in die Hände zu geben, anhand derer sie ihre Betriebe zukunftsfähig gestalten können. Nicht zuletzt die seit April geltende Regelung der Tourismusförderung zielt u. a. auf die Erfüllung bestimmter Nachhaltigkeitskriterien ab.

Die Ausgangslage: 4-Sterne-Hotel, 7,2 Mio. Euro Wert

Beim „Prodinger Summit“ gelang es Peter Weinhandl, durch ein vereinfachtes Modell die Auswirkungen einer Investitionsentscheidung hinsichtlich Nachhaltigkeit prägnant darzustellen. „Die zentrale Frage ist: Was investiere ich und was kommt als Mehrwert dabei heraus“, so Weinhandl. Als Praxisbeispiel zog er ein 4-Sterne-Ferienhotel mit 100 Zimmern und 4 Mio. Euro Jahres­umsatz heran.

Bisher lag dessen EBIT (Ergebnis vor Zinsen und Steuern) bei rund 600.000 Euro. Das EBIT stellt den GOP (Gross Operating Profit; Überschuss der operativen Einnahmen über die operativen Ausgaben) abzüglich von Miete, Pacht, Leasing, Abschreibungen etc. dar.

Für das Errechnen des Unternehmenswertes (ohne Berücksichtigung von Schulden) gilt in der Hotellerie die vereinfachte Formel: EBIT mal 12 Jahre. Besagtes 4-Sterne-­Ferienhotel kam demnach bisher auf einen Wert von 7,2 Mio. Euro.

Der Energie-Schock: Unternehmenswert halbiert sich

Künftig werden bei dem Berechnungsmodell auch die ESG-KPIs mitberücksichtigt. Also EBIT x 12 zuzüglich der ESG-KPIs. Bei unserem 4-Sterne-Hotel fiel bis Ende 2021 ein Gesamtenergieverbrauch von 2,1 Mio. kWh (Kilowattstunden) an, wobei pro kWh ein Wert von 7 Cent zu zahlen war (in Summe 147.000 Euro, die im EBIT von 600.000 bereits berücksichtigt sind).

Jetzt fallen 21 Cent pro kWh an. In Summe macht das 441.000 Euro aus, also Mehrkosten gegenüber dem bisherigen Wert von rund 300.000 Euro. Die Folge: Das EBIT sinkt um die Hälfte auf nur noch 300.000 Euro. Hand in Hand damit fällt der Unternehmenswert auf 3,6 Mio. Euro (EBIT x 12). „Das sind 50 % des Marktwertes, verursacht durch einen externen Schock“, betonte Peter Weinhandl.

Nachhaltigkeits-Investition: Marktwert steigt signifikant

Das Hotel plant nun eine Investition, um die nachhaltige Senkung des kWh-Verbrauches zu erreichen. Pro Jahr fallen dadurch nur noch 1 Mio. kWh an. Bleibt es bei den 21 Cent, ergeben sich Mehrkosten gegenüber früher von „nur“ noch 63.000 Euro pro Jahr. Das EBIT erreicht nach der Investition rund 540.000 Euro, was den Unternehmenswert auf ca. 6,5 Mio. Euro hochschnellen lässt.

Für Peter Weinhandl ist klar: „Die Nachhaltigkeits-KPIs bieten eine riesige Chance, um Marktwerte zu generieren. Hoteliers erhalten die Möglichkeit, ihre Hotelwerte zu optimieren und die Betriebe für die nächste Generation profitabler, finanzierbar und resilient zu machen.“

„Fundamentaler Umbruch bezüglich Bestandsimmobilien“

Soweit zur Theorie. Doch wie sieht es in der Praxis aus? Darum drehte sich beim „Prodinger Summit“ die anschließende Diskussionsrunde, an der, – moderiert von Prodinger Tourismusberatung-­Geschäfts­führer Thomas Reisenzahn –, neben Peter Weinhandl auch Carsten Wilmsen (Geschäftsführer Deutsche Seereederei, zeichnet dort für die Hotels der Marken Arosa, Aja und Henri verantwortlich), Mario Maxeiner (Managing Director Northern Europe, IHG – Intercontinental Hotels & Resorts Group) und Verena Radlgruber-Forstinger (Geschäftsführerin, Valamar-­Gruppe) teilnahmen.

Für Carsten Wilmsen sind Nachhaltigkeitsinvestitionen von Hotels enorm wichtig, da es „in den nächsten Jahren in der DACH-Region zu einem fundamentalen Umbruch bezüglich Bestandsimmobilien“ kommen wird. Die IGH bekommen derzeit laufend Hotels angeboten, die meist aus den 1970er- und 1980er-Jahren stammen: „Sie sind nicht finanzierbar und nicht invest­menttauglich. Sie können von uns selten mit einem vertretbaren Aufwand zukunftsfähig gemacht werden.“

Laut Verena Radlgruber-­Forstinger beziehen bereits alle drei Valamar-­Betriebe in Obertauern ihre Energie aus Fernwärme. Nachhaltigkeit werde dort auch bei den „daily operations“ (Reinigung, Licht, Essen, Mitarbeiter:innen etc.) großgeschrieben. Mario Maxeiner wiederum betonte, dass „man das Thema auch an die Kund:innen bringen muss“. Bei Business-Gästen sei dies besonders wichtig: „Niemand macht mehr Verträge, wenn man als Hotel keine ESG-Agenda hat.“ Lob kam zum Abschluss von ÖHV-Präsident Walter Veit: „Diese Präsentation war sehr gut.“ Und: „Generell sind die ÖHV-Mitglieder fit für die Zukunft investiert.“

„Die zentrale Frage ist: Was investiere ich und was kommt als Mehrwert dabei heraus“, so Peter Weinhandl

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