FHWien der WKW

Gäste & Bevölkerung gemeinsam! Museum steht für Ganzheitlichkeit

Print-Ausgabe 18. Juli 2025

V.l.: Daniela Wagner, Andreas Minichberger und Camila Alves Sanches untersuchten das subjektive Wohlbefinden von Museumsbesucher:innen

Das zeigt eine Untersuchung des Studienbereichs Tourismus & Hospitality Manage­ment der FHWien der WKW deutlich – es werden auch konkrete Handlungsempfehlungen präsentiert

Sind Museen verstaubt und nicht zeitgemäß? Weit gefehlt! Öster­reichs Bundesmuseen (8 Museen, 25 Standorte) verzeichneten 2024 erneut einen Besucher:innenrekord. Knapp 7,8 Mio. Besucher:innen wurden in der Albertina, dem Belvedere, dem Kunsthistorischen Museum Wien, dem MAK (Museum für angewandte Kunst), dem mumok (Museum moderner Kunst), dem Naturhistorischen Museum Wien, dem Technischen Museum Wien und der Österreichischen Nationalbibliothek verzeichnet. Um diesem Erfolg auf die Spur zu kommen, hat die Österreichische Galerie Belvedere in Kooperation mit dem Studienbereich Tourismus & Hospi­tality Management der FHWien der WKW das Wohlbefinden ihrer Besucher:innen untersucht.

Konkret wurde im Zeitraum Dezember 2024 bis März 2025 die Eventreihe „Free Friday Night“ wissenschaftlich begleitet. Bei diesem Event handelt es sich um ein Veranstaltungsformat, bei dem einmal monatlich immer an Frei­tagen zwischen 18:00 und 21:00 der Zugang zum Oberen Belvedere für alle kostenlos möglich ist. Zusätzlich werden kostenlose Führungen, Workshops sowie fallweise auch Lesungen oder Konzerten geboten. Dieses Format wurde primär entwickelt, um neue Zielgruppen anzusprechen und lokalen Anspruchsgruppen, die museale Angebote bisher noch wenig in Anspruch genommen haben, einen einfachen Zugang zu ermöglichen.

Ausgangslage der Befragung war die Überlegung, dass Museen als kulturelle Attraktionen die Attraktivität von Destinationen erhöhen und ein wichtiges Freizeitangebot sowohl für Besucher:innen als auch die lokale Bevölkerung darstellen. Sie sind aber weit mehr als das: Denn als diskursive Orte des Lernens spielen sie – gerade in Zeiten massiver Krisen, gesellschaftlicher Umbrüche und digitaler Transformation – eine wichtige Rolle im soziokulturellen Gefüge einer Gesellschaft und in der demokratiepolitischen Bildung. Vor diesem Spannungsfeld sind die Erfüllung des öffentlichen Bildungsauftrags, die Bewahrung und Beforschung der Sammlung sowie die Integration zukunftsorientierter Ansätze ein wahrer Balanceakt. Hier drängen sich verschiedene Fragen auf: Was motiviert Menschen, ein Museum zu besuchen? Welche Werte können sie dabei für sich generieren? Was charakterisiert die Besucher:innen eines Museums? Welchen gesellschaftlichen Beitrag leisten Museen?

Antworten sollte die Untersuchung liefern. „Ziel der wissenschaftlichen Begleitung war es einerseits mehr über die Demografie der Museumsbesucher:innen zu erfahren, andererseits deren Wünsche und Verbesserungsvorschläge in Bezug auf die ‚Free Friday Nights‘ zu erfragen und zu eruieren, ob und wie der Besuch des Events das subjektive Wohlbefinden der Besucher:innen beeinflusst“, so die Projektleiter:innen Andreas Minichberger (Academic Expert & Lecturer Research Skills & Methods) und Daniela Wagner (Academic Expert & Lecturer Career Fields in Tourism). Das Projekt unterstützt hat Camila Alves Sanches, Masterstudierende Urban Tourism & Visitor Economy Management.

Die Ergebnisse der Befragung sind überaus aufschlussreich. Sie zeigen, dass die Besucher:innen der „Free Friday Nights“ vorwiegend weiblich (74 %) und überdurchschnittlich jung sind: Die Mehrheit der Befragten (59,6 %) ist zwischen 20 und 29 Jahre alt. Zudem verfügt der Großteil über einen Hochschulabschluss (71,5 %). Etwas mehr als zwei Drittel (66,8 %) der befragten Personen haben den Lebensmittelpunkt in Wien.

Neben demografischen Aspekten wurden auch die Gewohnheiten des Publikums in Bezug auf Museumsbesuche untersucht. Generell können die befragten Personen als regelmäßige Museumsbesucher:innen bezeichnet werden. Die meisten von ihnen (60,6 %) waren 2024 mindestens fünfmal in einem Museum. In Bezug auf die „Free Friday Nights“ handelt es sich bei 60 % im selben Zeitraum allerdings um Erstbesucher:innen. Der überwiegende Anteil der Befragten hat das Museum gemeinsam mit Freund:innen oder Geschwistern besucht. Nur rund 12,5 % kamen allein.

Insgesamt wurde die „Free Friday Night“ sehr positiv aufgenommen. Der kostenlose Zugang, die Führungen und die Ausstellungsexponate wurden besonders positiv erwähnt. Als Kritikpunkte gelten die teilweise geringe Sichtbarkeit des Events, die zu geringe Durchführungsfrequenz sowie das Fehlen von Verpflegungsangeboten.

Das subjektive Wohlbefinden wurde für alle vier untersuchten Säulen (persönliches, intellektuelles, soziales und körperliches Wohlbefinden) sehr positiv bewertet. Das persönliche Wohlbefinden (P) drückt dabei das individuelle Bedürfnis nach Kreativität, die Begeisterung und die Wertschätzung für Schönes sowie die Fähigkeit daraus Kraft zu schöpfen aus. Das intellektuelle Wohlbefinden (I) repräsentiert die Neugierde des Menschen und die Fähigkeit zu lernen. Soziales Wohlbefinden (S) steht für das menschliche Bedürfnis nach Zugehörigkeit und sozialer Anerkennung. Dem Bedürfnis nach Geborgenheit und Sicherheit wird die vierte Säule, körperliches Wohlbefinden (K), gerecht. Die Durchschnittszustimmungswerte für die vier Säulen betrugen 3,65 (S), 4,44 (P), 4,10 (I) und 4,37 (K) von 5. Damit ist klar, dass die untersuchten „Free Friday Nights“ in einem hohen Ausmaß zum Wohlbefinden der Eventbesucher:innen beigetragen haben.

Für die Österreichische Galerie Belvedere sowie für Museen im Allgemeinen lässt sich aus diesen Ergebnissen ableiten, dass diese zusätzlich zu ihrer Funktion als touristische Anziehungspunkte und Institutionen der Wissensvermittlung auch als Orte des Wohlbefindens fungieren können. Damit sind sie nicht nur als zentrale Elemente einer touristischen Destination ökonomisch relevant, sondern leisten auch einen Beitrag zur Stärkung der Lebensqualität der lokalen Bevölkerung.

Die Schlussfolgerungen aus all dem: Konkrete Event- und Vermittlungsformate bieten Museen neben ihrer Eigenschaft als Orte des Wohlbefindens zudem die Möglichkeit neue Zielgruppen anzusprechen. Das gilt nicht nur für touristische Besuchergruppen, sondern vor allem auch für jene Bevölkerungsgruppen in einer Destination, die bisher noch wenig bis keine Berührungspunkte mit musealen Angeboten hatten. Je nach Ausrichtung des Museums ist dies bei der konzeptuellen Gestaltung entsprechender Events zu berücksichtigen. Im Fall der „Free Friday Nights“ zeigt sich, dass zwar ein neues, junges Publikum erreicht werden kann, dieses aber gleichzeitig (was das Bildungsniveau und damit einhergehend den sozioökonomischen Status betrifft) relativ homogen und bereits durchwegs museumsaffin ist. Will man ein breites Spektrum unterschiedlicher gesellschaftlicher Gruppen ansprechen, muss eine darauf abgestimmte Kommunikationsstrategie initiiert werden. Mit Hinblick auf die Ergebnisse zum Wohlbefinden darf das jedenfalls als erstrebenswertes Ziel erachtet werden.

Interessant ist ergänzend dazu folgender weiterführender Bericht:

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