Print-Ausgabe 15. November 2024
Die Studie der FHWien der WKW zeigt, dass Studierende „Soft Skills“ besonders hoch einschätzen, so Peter Klinger
Sie gelten als Schlüsselqualifikationen für eine erfolgreiche Karriere im Tourismus, da sie Team-Zusammenarbeit und die Beziehung zu den Gästen stärken
Wie steht es um Kompetenzmanagement im Tourismus? Antworten auf diese Frage sind wichtig, denn Kompetenzmanagement gilt als entscheidend, um Talente zu fördern und den Erfolg zu sichern. Eine Studie der FHWien der WKW hat sich laut Peter Klinger, akademischer Experte und Dozent im Bereich Hospitality Management & Professional Practice an der FHWien der WKW, mit der Materie beschäftigt. Damit nicht genug, ist sie langfristig angesetzt, wird auch andere Bereiche mit einbeziehen und alle Ergebnisse werden laufend in die Gestaltung und Weiterentwicklung des Lehrplans integriert.
In einem ersten Schritt ging es um Antworten auf die Frage, welche Kompetenzen am relevantesten sind. Basis dafür lieferte eine Befragung von Studierenden des ersten Semesters des Bachelorstudiengangs Tourismus-Management. Als Grundlage diente der KODE KompetenzAtlas. Entwickelt vom deutschen Wissenschaftsphilosophen John Erpenbeck sowie von Volker Heyse (der Sozialpsychologe ist Gründer und Geschäftsführer des TfP – Trainingszentrum für Personalentwicklung), umfasst er 64 Teilkompetenzen. Er stellt diese Kompetenzen übrigens als Handlungsfähigkeiten dar und vermeidet so Verwechslungen mit Persönlichkeitsmerkmalen (letztere gelten als stabil und oft schwer veränderbar, während Kompetenzen veränderbar und entwickelbar sind, allerdings nur anhand von gezielten Trainings und Erfahrungen).
Im Zuge der Befragung wurde den Studierenden die Aufgabe gestellt, 12 Kompetenzen auszuwählen, die sie als wichtig erachten, um im Tourismus erfolgreich zu sein. Folgende fünf Kompetenzen wurden dabei von den Studierenden am häufigsten genannt:
Hilfsbereitschaft: Sie gilt aus Sicht der Studierenden als eine unverzichtbare Kompetenz im Tourismus, da sie sowohl die Team-Zusammenarbeit als auch die Beziehung zu Gästen und Kund:innen stärkt. Essenziell ist sie nicht zuletzt auch deshalb, weil erst Hilfsbereitschaft es ermöglicht, Gästen ein Gefühl von Wertschätzung zu vermitteln, vor allem in Situationen, in denen diese ihre Komfortzone verlassen oder Orientierung benötigen.
Zuverlässigkeit: Sie gilt den Studierenden als Basis für stabile Arbeitsbeziehungen. Nur zuverlässige Mitarbeitende sorgen dafür, dass Arbeitsprozesse reibungslos ablaufen und Gäste die vereinbarten Dienstleistungen pünktlich und wie versprochen erhalten.
Belastbarkeit: Sie wird als besonders wichtig erachtet, da es manchmal zu längeren Arbeitszeiten und stressigen Situationen kommen kann. In hektischen Momenten gilt es, Ruhe zu bewahren und professionell zu bleiben.
Teamfähigkeit: Insbesondere im Tourismus, wo verschiedene Abteilungen eng zusammenarbeiten müssen (wie etwa Küche und Service), ist es wichtig, sich aufeinander verlassen zu können und offen für Zusammenarbeit zu sein. Teamarbeit erleichtert nicht nur die Bewältigung von Stress, sondern stärkt auch den Zusammenhalt und die Produktivität im Unternehmen.
Kommunikationsfähigkeit: Sie gilt den Studierenden zufolge als fünfte zentrale Kompetenz, da sie sowohl im Team als auch gegenüber Gästen und Vorgesetzten essenziell ist, um Missverständnisse zu vermeiden und Vertrauen aufzubauen. Von großer Bedeutung sind demnach klare Ausdrucksweisen und die Fähigkeit, sich auf verschiedene Zielgruppen einzustellen. Kommunikationsfähigkeit gilt als Schlüssel im Berufsalltag sowie als Zeichen sozialer Kompetenz, die den Zusammenhalt im Team stärkt und ein positives Arbeitsklima fördert.
Weitere Kompetenzen, die von den Studierenden genannt wurden, sind Offenheit für Veränderung, Eigenverantwortung, Konfliktlösungsfähigkeit, Anpassungsfähigkeit, Organisationsfähigkeit und Sprachgewandtheit. Peter Klinger: „Die Ergebnisse der Befragung verdeutlichen, dass Studierende im Tourismus die Bedeutung von ‚Soft Skills‘, wie Belastbarkeit, Hilfsbereitschaft, Zuverlässigkeit, Team- und Kommunikationsfähigkeit, besonders hoch einschätzen.“
Diese Kompetenzen sind aus ihrer Sicht zentral, um den Anforderungen in einem gästeorientierten und dynamischen Umfeld gerecht zu werden. Daher sollte auch der Fokus daraufgelegt werden, „Soft Skills“ – wie Teamfähigkeit und Kommunikationsfähigkeit – durch gemeinsame Projekte und simulationsbasierte Lerneinheiten zu stärken. Für Kompetenzen wie Belastbarkeit sind vor allem praxisnahe Szenarien hilfreich, in denen die Studierenden gefordert sind, in Echtzeit Entscheidungen zu treffen und auf unerwartete Situationen zu reagieren.
Was sind nun die nächsten Schritte? Die dieses Jahr begonnene Befragung der Erstsemesterstudierenden des Bachelorstudiengangs Tourismus-Management wird laut Peter Klinger in den kommenden Jahren fortgesetzt, um mögliche Unterschiede und Entwicklungen zwischen den Jahrgängen zu analysieren. Es handelt sich also um eine Langzeitstudie, die aufzeigen soll, wie sich die Erwartungen und Anforderungen an Kompetenzen im Verlauf der Ausbildungsjahre und zwischen verschiedenen Kohorten verändern. Ergänzend dazu sind Experteninterviews mit HR-Verantwortlichen aus verschiedenen Bereichen des Tourismus geplant. Peter Klinger: „Diese sollen tiefere Einblicke in die Kompetenzen liefern, die in der Branche tatsächlich als zentral erachtet werden. Die Rückmeldungen der Praxispartner werden genutzt, um ein besseres Verständnis für die aktuellen Herausforderungen und Erwartungen an Berufseinsteiger zu gewinnen.“
Darüber hinaus werden die Studierenden des derzeitigen ersten Semesters am Ende ihres Studiums erneut gebeten, eine erneute Auswahl der wichtigsten Kompetenzen zu treffen. „So lässt sich untersuchen, ob und wie sich ihre Wahrnehmung und Priorisierung von Kompetenzen durch die im Studium gewonnenen Erfahrungen und Erkenntnisse verändert hat“, so Peter Klinger.
Abschließend ist noch der Hinweis wichtig, dass die Ergebnisse all dieser Maßnahmen – also auch der heuer erfolgten Studie – gezielt in die Gestaltung und Weiterentwicklung des Lehrplans integriert werden. Ziel ist es, durch die kontinuierliche Anpassung der Lehrinhalte und der Lernmethoden sicherzustellen, dass die Ausbildung stets auf die sich wandelnden Kompetenzanforderungen der Branche abgestimmt ist. Peter Klinger: „Praxisnahe Projekte, simulationsbasierte Trainings und der verstärkte Einsatz von Reflexionsmethoden sollen gezielt dazu beitragen, Studierende in den für den Tourismus entscheidenden Kompetenzen optimal vorzubereiten.“ Denn nur so werde man „nicht nur den aktuellen Branchenstandards gerecht, sondern unterstützt auch die langfristige Karriereentwicklung der Studierenden“.
Erstellt am: 15. November 2024
Bitte die Netiquette einhalten. * Pflichtfelder