FHWien der WKW

Wer Praktikant:innen gut betreut, hat am Ende seine Nase vorn dabei!

Print-Ausgabe 16. August 2024

„Die Tourismusbranche hat weiterhin mit dem Arbeitskräftemangel zu kämpfen“, so Daniela Wagner (l.) und Gabriele Tragschitz-Köck

Arbeitskräftemangel ist u.a. auch hausgemacht – eine aktuelle Studie des Studienbereichs Tourismus & Hospitality Management der FHWien der WKW zeigt, wie gezielt gegengesteuert werden kann

Der österreichische Tourismus konnte bis 2019 ein kontinuierliches Wachstum verzeichnen und hat viele Arbeitsplätze geschaffen. Durch die Corona-­Pandemie wurde diese Entwicklung plötzlich gestoppt. Hand in Hand damit ging ein massiver Rückgang bei den Beschäftigungszahlen. Im Lauf des Sommers 2022 begann sich die Situation zu entspannen, die touristische Nachfrage stieg wieder und die Anzahl der Beschäftigten näherte sich neuerlich dem Vor-Corona-Niveau an, so eine Studie des IHS (Institut für Höhere Studien) aus dem Jahr 2023. Eines ist indes geblieben: die Mitarbeiter:innen-Knappheit. „Die Tourismusbranche hat weiterhin mit einem Arbeitskräftemangel zu kämpfen“, so Daniela Wagner und Gabriele Tragschitz-Köck von der FHWien der WKW (Wirtschaftskammer Wien).

Die Gründe dafür sind mannigfaltig: Im Vergleich mit anderen Wirtschaftszweigen zeigt sich, dass im Tourismus Arbeitnehmer:innen häufiger den Job wechseln, kürzer in der Branche verweilen und effektiv weniger lange beschäftigt sind. Die Tourismusindustrie in Österreich weist zudem einen hohen Anteil junger Arbeitskräfte auf und gilt als sogenannte Einstiegsbranche.

Dies bestätigen auch die Ergebnisse einer 2023 durchgeführten Studie des Studienbereichs Tourism & Hospitality Management der FHWien der WKW. „Knapp 60 % der befragten Bachelor-Absol­vent:innen (n=159) starteten ihre berufliche Karriere auch tatsächlich im Tourismus“, erläutern die Studienautor:innen Daniela Wagner (Academic Expert und Lecturer am Studienbereich Tourism & Hospitality Management) und Gabriele Tragschitz-Köck (externe Lektorin am selben Studienbereich). Die Umfrage wurde unter 993 Absolvent:innen des Bachelor-Studiengangs Tourismus-Management an der FHWien der WKW durchgeführt.

Das dicke Ende kam bei der nächsten Frage. „Befragt nach dem aktuellen Job gaben nur mehr knapp über 30 % der Absolvent:innen an, noch im Tourismus beschäftigt zu sein“, führen die Autor:innen weiter aus. Wobei sie mit „Tourismus“ ein breiteres Begriffsverständnis meinten, das sowohl Hospitality und Touristik als auch die Kongress- und Tagungsbranche sowie Event- und Destinationsmanagement-Organisationen umfasste.

Im Mittelpunkt der Studie stand die Frage, inwieweit Praxiserfahrung und hier insbesondere Spezialisierungsfächer sowie (verpflichtende) Berufspraktika während des Studiums auf die Karrierepläne und in weiterer Folge auf den Berufseinstieg nach dem Studium Einfluss nehmen. Anlass für die Studie war die zunehmende Fokussierung auf die Employability („Beschäftigungsfähigkeit“) von Studierenden. Neben fundiertem Wissen ist vor allem praktische Erfahrung für den Einstieg in den touristischen Arbeitsmarkt von Vorteil. Deshalb werden in der Hochschulbildung im Rahmen des Studiums verschiedene Maßnahmen gesetzt, um Praxiswissen und Arbeitserfahrung in die Curricula zu integrieren.

„Am Studienbereich Tourism & Hospitality Management der FHWien der WKW haben Studierende im Bachelorstudium die Möglichkeit, eine von vier Spezialisierungen zu wählen: Event- und Kongressdesign, Food Entrepreneurship, Mobilität und Hotelmanagement. „Hier stehen die intensive Auseinandersetzung mit einem konkreten touristischen Berufsfeld, der Austausch mit Expert:innen aus der Branche und die Vermittlung von Fachwissen im Mittelpunkt“, so Gabriele Tragschitz-Köck, Lektorin für die Spezialisierung „Mobilität“.

Zusätzlich absolvieren alle Studierenden im 4. Semester ein verpflichtendes Berufspraktikum im In- oder Ausland. Mindestens 700 Stunden arbeiten die Studierenden dabei in einem touristischen Unternehmen und lernen betriebliche Abläufe hands-on kennen. „Unsere Studierenden werden mit Jobangeboten und Informationen unterstützt, sind aber angehalten, sich das Berufspraktikum eigenverantwortlich zu organisieren,“ erklärt Daniela Wagner, im Studienbereich zuständig für die Koordination des Berufspraktikums.

Die Vorteile eines Berufspraktikums liegen klar auf der Hand. Studierende erweitern ihre fachlichen, aber auch sozialen Kompetenzen, erhalten einen realistischen Einblick in touristische Unternehmen und erhöhen ihre Jobchancen beim Einstieg in den Arbeitsmarkt. „Die Ergebnisse unserer Studie zeigen auch einen signifikanten Zusammenhang zwischen Berufspraktika, die in einem konkreten touristischen Berufsfeld absolviert wurden, und dem Einstieg in dasselbe oder ein ähnliches touristisches Berufsfeld nach Studienabschluss. Bei den Spezialisierungen zeigt sich ein ähnliches Bild: Signifikant mehr Absolvent:innen hatten ihren Einstiegsjob in derselben oder einer ähnlichen Branche wie jene der gewählten Spezialisierung während des Studiums,“ so Daniela Wagner.

Die Mehrheit der Studierenden verfolgte konkrete Karrierepläne während des Studiums. Rund 57 % der Absolvent:innen gaben an, dass sie nach ihrem Berufspraktikum weiterhin eine Karriere im selben oder einem ähnlichen touristischen Berufsfeld wie jene des Berufspraktikums anstrebten. Knapp 8 % der Absolvent:innen gaben an, dass sie nach dem Abschluss in ein nichttouristisches Berufsfeld wechseln wollten und für rund 34 % hatte das Berufspraktikum keinen Einfluss auf ihre Karrierepläne.

Unmittelbar damit in Zusammenhang steht die „Internship experience“, also die Erlebnisse, die Studierende während ihres Berufspraktikums machen, wie beispielsweise Einblicke in den touristischen Alltag, die Anwendung von theoretischem Know-how in der Praxis, „learning on the job“ sowie die Übernahme von Verantwortung und persönliche Weiterentwicklung. Zahlreiche Studien belegen, dass positive Erfahrungen im Berufspraktikum die Karrierepläne bzw. -entscheidungen von Studierenden wesentlich beeinflussen. „Weitere Studien und auch die Ergebnisse unserer Erhebung zeigen, dass Absolvent:innen, die ein Berufspraktikum absolviert haben, schneller einen Job finden als jene ohne solche Erfahrungen,“ führt Gabriele Tragschitz-Köck aus.

Im Umkehrschluss gilt für negative Erfahrungen im Berufspraktikum, wie beispielsweise zu geringe Entlohnung, unbezahlte Überstunden, keine Möglichkeit zur Weiterentwicklung, fehlendes Feedback, Kommunikationsprobleme und schlechtes Arbeitsklima, dass diese – auch das belegen Studien – insbesondere im Tourismus sehr oft zu Änderungen in der Karriereplanung führen.

All dies lässt folgende Schlussfolgerung zu: Touristische Unternehmen, die ihre Praktikant:innen gut betreuen, sie umfassend einschulen, ihnen Verantwortung übertragen und gut in bestehende Teams integrieren, haben die Nase vorn – handelt es sich bei ihnen doch um potenzielle künftige Mitarbeiter:innen.

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