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Digitales Gästeblatt

„Alle den Mehrwert erkannt!“ Burgenland als digitaler Vorreiter

Print-Ausgabe 26. Mai 2023

V.l.: Thomas Wagner, Ines Bayer und Didi Tunkel

Durch die verpflichtende digitale Gästemeldung in Österreichs jüngstem Bundesland wird deutlich, welche Möglichkeiten und Einsparungen sich dadurch ergeben

Burgenland hat, worum es die übrigen Bundesländer beneiden und was ganz oben auf der To-Do-Liste der Staatssekretariate für Tourismus und für Digitalisierung steht: das digitale Gästeblatt. Seit Jänner 2022 sind in Österreichs jüngstem Bundesland sämtliche Beherbergungsbetriebe aufgrund des dort seit Juli 2021 geltenden neuen Tourismusgesetzes verpflichtet, ihre Gästemeldungen ausschließlich in digitaler Form abzugeben. „Wir sind das einzige Bundesland, das das flächendeckend hat. Darum beneiden uns alle anderen Landestourismusorganisationen“, betonte Burgenlands Tourismus-­Direktor Didi Tunkel bei einem Mitte Mai geführten Gespräch mit T.A.I., bei dem es um die bisher gesammelten Erfahrungen ging. Rede und Antwort dabei standen dabei auch der Leiter Digitalisierung & IT Services des Burgenland Tourismus Thomas Wagner und dessen Team-Mitglied Ines Bayer.

Genauere Daten als Statistik Austria

„Alle sehen, um wie viel einfacher der Ablauf ist. Die anfänglich da und dort gehörte Kritik ist total verstummt“, freut sich Didi Tunkel. Wobei die verpflichtend digitale Erfassung der Gästemeldungen einen interessanten Nebeneffekt hatte: Denn zuvor gab es „nur“ 1.425 Betriebe. Der Rest ist in Gemeinden mit weniger als 1.000 Nächtigungen pro Jahr angesiedelt und war damit bislang von der Meldepflicht ausgenommen. Damit hat das Burgenland sogar genauere Daten als Statistik Austria. Der Anteil der Privatvermieter (rund 850) an den insgesamt 1.470 Beherbergungsbetrieben ist überaus hoch (58 %).

Möglich war die Umsetzung des digitalen Gästeblattes nicht zuletzt durch die bundeslandweite Ausrüstung mit der Feratel-­Datenbank „Deskline“. Sie bildet, wie Didi Tunkel betont, die Basis für das elektronische Meldesystem (ebenso für die Burgenland Card und den mit Anfang 2022 eingeführten digitalen Reise­begleiter „Burgi“).

Ein weiterer entscheidender Vorteil der digitalen Erfassung von Gäste­meldungen liegt in den Echtzeitdaten (allerdings haben Betriebe für die Meldung ingsesamt 72 Stunden, also drei Tage, Zeit). „Zum Zeitpunkt, wo Gemeinden ihre Statistik-­Meldungen machen müssen, haben wir die Daten schon längst im System. Sobald ein Gast gemeldet ist, sehen wir das in anonymisierter Form, und zwar in welchen Gemeinden, aus welchen Herkunftsländern und in welchen Beherbergungs­kategorien“, betont Thomas Wagner. Auch die Aufenthaltsdauer-Entwicklung der Gäste ist jederzeit ersichtlich, „und zwar bis auf die Betriebsebene runtergebrochen“.

Daten als Grundlage für Marketing-Maßnahmen

Da mit 2022 bereits „ein ganzes Jahr absolviert wurde, können wir nun mit Vergleichen beginnen, wie sich die Zahlen gegenüber dem Vorjahr verändern“, so Wagner. Wobei Thomas Wagner eines festhält: „Wir arbeiten mit den Daten, kommunizieren sie aber nicht nach außen.“

Aufbauend darauf können nun Marketing-Aktionen gesetzt werden, die zuvor nicht möglich waren. So wird z. B. genau ersichtlich, wie der diesjährige Mai im Vergleich zum Vorjahres-Mai läuft, welche Kategorien voll sind und welche nicht. „Wir können als LTO das Marketing verfeinern“, betont Didi Tunkel. Die Politik wiederum weiß zu jedem Zeitpunkt genau, wo aus welchen Herkunftsmärkten Gäste da sind. „Bei Corona konnte man das nicht sagen, das hat damals Tage gedauert.“

Weniger Arbeitsaufwand für die Gemeinden

Da es nun im Burgenland keine Zettel mehr gibt, sondern alles digital erfasst wird, können auch die Gemeinden wesentlich effizienter arbeiten als zuvor. Ines Bayer: „Früher sind Mitarbeiter:innen tagelang gesessen, um Meldescheine einzugeben. Jetzt ist alles digital. Es braucht nur noch fünf Klicks, um die Ortstaxe zu berechnen und die Vorschreibungen dafür an die Betriebe zu versenden.“

Und wie haben die Betriebe die Umstellung gemeistert? Hier ist zunächst wichtig, dass die gesamte Grundausstattung sowohl für die 138 Gemeinden mit mindestens einem Beherbergungsbetrieb (171 sind es insgesamt) als auch für die 1.470 Betriebe vom Burgenland Tourismus gratis zur Verfügung gestellt wurde. Das Budget dafür belief sich auf rund 100.000 bis 120.000 Euro, und zwar ohne Personalkosten.

Die Betriebe setzten entweder auf QR-Codes (Gäste geben dann ihre Daten selbst auf ihrem Smart­phone ein) oder die Gäste erhalten die Möglichkeit für ein digitales Pre-Check-In. Eine andere Möglichkeit besteht über die Erfassung per Tablet an der Rezeption oder es wird der Reisepass mit allen für das Meldewesen relevanten Daten eingescannt, worauf der Gast nur noch seine Adresse eingeben und die Unterschrift unter alles setzen muss. Ebenso ist es aber möglich, dass die Meldung wie bisher über den Meldezettel erfolgt und dann vom Betrieb ins System eingegeben wird. Didi Tunkel: „Das war uns wichtig. Von 0 auf 100 zu kommen, das wirft oft Probleme auf. Betriebe können aber jederzeit umstellen.“

Gab’s Probleme bei der Umsetzung? Didi Tunkel lächelt: „Das ist wie bei jedem klassischen Change-Prozess. Die einen sind dagegen, weil’s etwas Neues ist und andere sind begeistert. Bald haben aber alle den Mehrwert erkannt.“ Wie lange hat dieses „bald“ gedauert? „Wir sind im Juli 2021 gestartet und ab Anfang September 2021 hatten alle erkannt, dass die digitale Meldung eine enorme Zeitersparnis bringt und die Prozesse viel einfacher sind.“

Nicht unerwähnt bleiben darf in diesem Zusammenhang, dass „viel Support für die Gemeinden und Betriebe notwendig war“, wie Ines Bayer festhält. Die Bandbreite reichte von Online-Einschulungen zu mehreren Terminen über das Erstellen von Anleitungen und einer Landing-Page bis hin zur Entwicklung von Testsystemen für Betriebe etc. Ines Bayer: „Es war ein Stufenprozess. Ab dem Frühjahr 2022, als die letzten Betriebe ihre Winterruhe beendet hatten, ist alles reibungslos gelaufen.“

Jetzt geht es darum, die Digitalisierung des behördlichen Melde­vorganges der Gäste flächendeckend auch in den übrigen Bundesländern zu realisieren. Die Machbarkeitsstudie dazu wurde Ende 2022 fertiggestellt. Jetzt soll in Abstimmung der beiden Staatssekretariate für Tourismus sowie für Digitalisierung und den Bundesländern noch heuer ein umsetzbarer Projektfahrplan präsentiert und Pilotierungsphasen vorbereitet werden. T.A.I. wird darüber berichten.

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