Standpunkt

Willkommen im KMU-Land

Print-Ausgabe 7. April 2017

Für wen macht unsere Politik die Gesetze, wenn’s um die Wirtschaft geht? Die Antwort ist einfach: sicher nicht für die Wirtschaft. Jüngstes Beispiel dafür ist das Ende März vom Parlament abgesegnete Pauschalreisegesetz. Es führt bei den Unternehmen zu einem finanziellen und administrativen Mehraufwand, macht Buchungen im Reisebüro komplizierter und sorgt für einen Mehraufwand ohne Mehrwert. Super Leistung. Der Gesetzgeber hat sich damit einmal mehr an Inkompetenz übertroffen.


Bei all den Dumm- und Blödheiten, die diesem Pauschalreisegesetz innewohnen, ragt nicht zuletzt vor allem der weitere Bürokratie-Schub heraus, für den es in den Betrieben sorgen wird. Damit steht auch dieses Gesetz exakt für das Gegenteil dessen, was die Politik seit Jahren mit blauäugigem Blick und kreideweicher Stimme gebetsmühlenartig verspricht: Bürokratieabbau.


Bereits bis zu 15 Prozent ihres Umsatzes müssen Kleinstunternehmen in Österreich alleine für die ihnen auferlegte gesetzliche Informationsverpflichtung für staatliche Zwecke (sprich: Steuer- und Sozialversicherungsabgaben etc.) aufwenden. Unternehmen mit mehr als 250 Beschäftigten, also die Großen, wenden dafür gerade einmal 0,15 Prozent ihres Umsatzes auf.


Tja. Sollten sich die Zwerge halt bemühen, auch groß zu werden. Das Problem daran: bei den Zwergen (1 bis 9 MitarbeiterInnen) handelt es sich nicht um ein paar unerfreuliche Ausnahmen, sondern um nahezu neun von zehn Unternehmen Österreichs! In Deutschland ist das nicht viel anders.


Und selbst wenn sie wachsen würden, wär’s noch ein langer Weg aus dem tristen KMU-Dasein hinaus. Denn die Größenordnung von mehr als 250 MitarbeiterInnen schaffen in Österreich gerademal 1.129 oder 0,3 Prozent aller Unternehmen. Selbst in der vielgerühmten Wirtschaftsmacht Deutschland sind es lediglich 0,54 Prozent und bei dem ewigen Vorbild Schweiz nur 0,43 Prozent bzw. 1.340 Betriebe.


Die Welt, in der wir hierzulande leben, ist also eine KMU-Welt, auch im Tourismus. 8,5 MitarbeiterInnen beschäftigt ein durchschnittlicher rot-weiß-roter Hotelbetrieb, – exakt so viel, wie ein durchschnittliches Unternehmen in Österreich -, 2,3 Beschäftigte sind es pro Betrieb in der Gastronomie, 9,7 in den Reisebüros.
Willkommen im KMU-Land Österreich, dessen KMU-Status wie gesagt noch eine Spur ausgeprägter ist, als in der Bundesrepublik oder bei den Eidgenossen. Vielleicht führt sich das die Politik einmal vor Augen, wenn sie wieder an einem ihrer über 120 Gesetze bastelt, mit denen sie uns jedes Jahr beglückt. Jeden dritten Tag eines. Jeden dritten Tag noch mehr Bürokratie. Die 15 Prozent des Umsatzes reichen da schon lange nicht mehr, stöhnt unter dieser Belastung zusammen mit rund 327.000 weiteren österreichischen KMUs der

 Lupo

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