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Standpunkt

Wahrheit

Print-Ausgbe 16. Februar 2024

Wie sag ich‘s meinem Kind? Antworten darauf liefern unzählige Eltern-Ratgeber. Im Wirtschaftsleben sieht die Chose anders aus, denn die Ansprechpartner:innen sind durchwegs Erwachsene. Doch auch da ist es mitunter schwer, der Realität zum Durchbruch zu verhelfen. Ein gutes Beispiel dafür bilden die Jubelmeldungen im Tourismus über starke Wachstumszahlen bei Übernachtungen, Ankünften und – so vorhanden – auch von Umsätzen.

Kratzt man an deren Oberfläche, bricht das schönste Konstrukt meist in sich zusammen. Nehmen wir nur die Zahlen des Österreich-Tourismus. Hier wird mit schöner Regelmäßigkeit mit Nächtigungszahlen hantiert, welche die Gesamtheit der Branche betreffen. Darin ist von Hotels und ähnlichen Betrieben über gewerbliche und private Ferienwohnungen bzw. -häuser bis hin zu Kurheimen, Campingplätzen, Jugendherbergen und Schutzhütten alles enthalten, was für touristische Übernachtungen gut ist.

Doch wie sieht es mit jenem Bereich aus, der wie kein anderer touristische Wertschöpfung generiert und Mitarbeiter:innen Beschäftigung gibt, also den Hotels und ähnlichen Betrieben? Traurig, wie eine Analyse der T.A.I. ergeben hat (mehr auf Seite 24). Denn er verliert seit Jahren an Boden, mit Ausnahme der 5- und 4-Sterne Hotellerie. Doch auch diese sieht gegenüber dem großen Gewinner, den Ferienwohnungen, eher alt aus.

Noch unerfreulicher – hier ist leider keine Aufgliederung möglich, sondern nur eine allgemeine Betrachtung – sieht es bezüglich der Umsätze aus. Diesbezüglich liegen die Werte bis Ende des Winters 2022/23 vor. Nominell – also ohne Berücksichtigung der Inflation – ergibt sich ein erfreuliches Bild: Der Umsatz erreichte im Sommer 2022 und Winter 2022/23 mit 31,2 Mrd. Euro einen neuen Bestwert. Herangezogen für den Vergleich wurden die Zahlen des WIFO (Österreichisches Institut für Wirtschaftsforschung) und darin enthalten sind alle touristischen Umsätze einschließlich des internationalen Personentransportes. Auf die Nacht umgerechnet ergeben sich 211,93 Euro.

Sobald die Inflation berücksichtigt wird, sieht es anders aus. Österreichs Tourismusbranche konnte bis 2019 sogar real (also inklusive Inflation) ihre Umsätze steigern, doch ab dann ging es bergab – und zwar auch gemessen am Umsatz pro Nacht. Nimmt man den Wert von 2017/18 als Ausgangspunkt (damals wurden 182,05 Euro erzielt), so lag dieser Wert 2022/23 inklusive Inflation bei nur noch 164,05 Euro und war damit um −10,7 % schlechter. Mit Jubelmeldungen hat das nichts zu tun. Und es zeigt, wie extrem die Tourismusbranche zu kämpfen hat. Denn das Kostenniveau, von Energie über F&B sowie Zinsen bis Personal, ist im selben Zeitraum unbarmherzig gestiegen. Wie sag ich’s meinem Kind? Diese Frage ist an dieser Stelle unangebracht. Wie kann ich der Branche die Wahrheit gestehen und ihr gleichzeitig jene Maßnahmen in Aussicht stellen, die ein Überleben ermöglicht, wäre der einzig richtige Ansatz, erlaubt sich den Hinweis der

Lupo

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