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Interview Astrid Steharnig-Staudinger

„Mein großes Ziel ist, für die gesamte Branche einen Mehrwert zu schaffen“

Print-Ausgabe 20. Oktober 2023

Bilder: © ÖW/Pamela Rußmann

Seit 1. Mai 2023 ist Astrid Steharnig-Staudinger Geschäftsführerin der Öster­reich Werbung (ÖW). Die Tourismusexpertin, die sich vor 15 Jahren mit der Agentur „Linking Brands“ selbständig gemacht hat und dadurch in der Tourismusbranche bestens verankert und vernetzt ist, nutzte die ersten Monate ihrer Amtszeit intensiv, um den Fokus auf Kooperationen im Zuge ihrer Reisen durch alle Bundes­länder, der Besuche von einem Dutzend ÖW-­Auslands­büros und intern in der ÖW-Zentrale allen näherzubringen. T.A.I. bat Astrid Steharnig-Staudinger um ein erstes Resümee sowie einen Ausblick auf das kommende Jahr.

T.A.I.: Sie sind jetzt rund ein halbes Jahr bei der Österreich Werbung. Können Sie eine kurze Bilanz ziehen?

Astrid Steharnig-Staudinger: „Es sind ziemlich genau fünfeinhalb Monate, gefühlt aber wie fünf Jahre. Es war sehr wichtig, in die Branche zu gehen, in Austausch zu treten und zuzuhören, nicht nur bei den LTOs (Landes­tourismus­organisationen), sondern auch bei den Betrieben, bei den Seilbahnen, bei Kultureinrichtungen … Mir ging es vor allem darum, in den ersten Monaten alle Bundesländer zu durchforsten und ich habe viel mitnehmen können für die ÖW.“

T.A.I.: Entspricht das den Zielen, die Sie sich für die ersten Wochen ihrer Arbeit als ÖW-Geschäfts­führerin gesetzt haben?

Astrid Steharnig-Staudinger: „Ja. Das erste Ziel von mir ist, dass die Branche mitbestimmen soll, wohin die Reise geht. Das zweite: Wir haben die Hälfte der Mitarbeiter:innen im Ausland. Ziel ist es, alle Büros zu besuchen. Bis Mitte September habe ich acht geschafft, jetzt sind es weitere vier, also in Summe zwölf. Ich habe diese Besuche immer mit etwas anderem verbunden, zum Beispiel in Groß­britannien mit der Winter-­Presse­konferenz mit 60 Medien und Reiseveranstaltern. Der Winter ist übrigens in Großbritannien schon richtig eingeleitet, die Stimmung sehr gut. Auch in Däne­mark, wo Anfang September die ‚Zukunftsreise‘ mit Staatssekretärin Susanne Kraus-Winkler hingeführt hat, habe ich den Aufenthalt mit der dortigen Pressekonferenz für den Winter verbunden. Da waren 15 Medien dabei.“

T.A.I.: Was hat sich sonst noch in den ersten Monaten getan?

Astrid Steharnig-Staudinger: „Wir haben ‚Wien Nord‘ als neue Agentur für die Jahre ab 2024 ausgewählt. Da wird es eine komplett neue Kommunikationslinie geben, die wir erstmals auf der ITB Anfang März präsentieren. Es handelt sich übrigens um eine internationale Agentur, die in jenen Märkten vertreten ist, die für uns wichtig sind. Erstmals seit vielen Jahren hat die ÖW damit wieder eine Lead-­Agentur. Wien Nord wird uns über mindestens fünf Jahre begleiten.“

T.A.I.: Was wird bzw. soll sich durch die neue Agentur ändern?

Astrid Steharnig-Staudinger: „Der Marktauftritt wird strin­genter, der Wiedererkennungswert höher. Die Schwerpunkte sind Kultur, Natur und Kulinarik. Da ist Öster­reich außergewöhnlich … aber das haben auch andere Länder. Der große Unterschied hierzulande liegt im ‚Menscheln‘, also in der besonderen Art der Österreicher:innen. Der Mensch steht im Vordergrund. Es geht um die Gelassenheit, um den Wiener Schmäh, um das Kärtnter ‚Lei lafn lossn‘, um nur zwei Beispiele zu nennen – all das wird künftig mehr im Mittelpunkt stehen. Wir setzen zudem auf keine ‚gefakten‘ Bilder, sondern auf Authentizität. Es ist generell bei der Kommunikation wichtig, dass sich die Partner abgeholt fühlen. ‚It always takes two to tango‘ … das ist auch mein Leitspruch für Kooperationen.“

T.A.I.: Was tut sich noch bis zum Jahresende?

Astrid Steharnig-Staudinger: ­„Allen voran der Start der Winterkampagne, die in manchen Ländern ja bereits gelauncht wurde. Außerdem starten wir Ende des Jahres die Plattform ‚Change Tourism Austria‘ (CTA), die es sich zum Ziel gesetzt hat, den Tourismus in Österreich auf ein neues Level zu heben und bundesländerübergreifend weiterzuentwickeln. Alle Tourismusbetriebe, welcher Art auch immer, sind dabei eingeladen, sich in den Bereichen Digitalisierung, Nachhaltigkeit und Innovation auszutauschen. Es sind übrigens schon einige touristische Partner dabei.“

T.A.I.: Welche konkreten Termine stehen an?

Astrid Steharnig-Staudinger: „Wir planen am 23. November in den Swarovski Kristallwelten die ‚Market Insights‘ der ÖW und erwarten dazu rund 120 Teilnehmer:innen. Es handelt sich dabei um ein neues Format. Das war zwar im Vorjahr bereits neu, aber für heuer haben wir das nochmals innoviert. Alle Märkte werden da sein. Und wir gehen mit den ‚Market Insights‘ in den Westen, damit wir Abwechslung rein­bringen.

Am 16. Oktober stand dann zusammen mit Susanne Kraus-­Winkler die Präsentation der Winterpotential-Studie an, bei der wir Österreichs Wintersport-Kompetenz in den Mittelpunkt rücken.

Mit allen neun LTOs entwickeln wir zudem ein Kulinarik-Produkt, von Köch:innen bis Landwirt:innen, von Restaurants bis zu Gasthäusern und der Wirtshauskultur. Wir wollen damit allen Kulinarik-­Partnern eine gute Plattform bieten. Ab Frühjahr 2024 wird’s ausgespielt.“

T.A.I.: Wie sieht es heuer und im nächsten Jahr mit dem ÖW-­Budget aus? Die 40 Mio. Euro COVID-­Sondermittel sind ja schon aufgebraucht. Wie sieht es mit dem Inflationsausgleich aus?

Astrid Steharnig-Staudinger: „Von den COVID-Sondermitteln stehen uns für 2023 und zu einem kleineren Teil auch 2024 insgesamt noch 12 Mio. Euro zur Verfügung. In welcher Höhe wir heuer Leistungsbeiträge der Tourismuswirtschaft, die wir vorwiegend für gemeinsame Aktivitäten nutzen, erhalten, können wir noch nicht sagen, weil der Winter 2023/24 noch nicht dabei ist. Wir rechnen aber mit insgesamt 12 bis 13 Mio. Euro. Für 2024 sind wir dabei, die Planung abzuschließen, da sind wir bei ca. 57 Mio. Euro. Das entspricht in etwa dem langjährigen Budgetvergleich. Ich bin ein optimistischer Mensch. Man muss gut mit dem umgehen, was man hat. Aber es sollte für die Zukunft der allgemeine Kaufkraftverlust ausgeglichen werden. Die Hoffnung stirbt zuletzt.“

T.A.I.: Wo soll die Österreich Werbung in 5 Jahren stehen?

Astrid Steharnig-Staudinger: „Ich möchte erstens die angekün­digte Kooperationskultur etablieren. Ich habe in den paar Monaten im Amt bewiesen, dass ich das auch um­setze. Es bestehen mit allen LTOs bereits gute Kooperationen. Mein großes Ziel ist, dadurch einen Mehrwert für die gesamte Branche zu schaffen.

Zweitens ist es wichtig, die Netzwerkkapazitäten der Östereich Werbung für die Branche intensiver zu nutzen. Wir haben viele Infos im Haus, die wir aber auch
allen auf Augenhöhe zur Verfügung stellen wollen. Das ist wertvoll für die Partner.

Drittens geht es mir darum, die Data-­Space-­Gästedaten zu analysieren. Wir haben das heuer im Mai gestartet und fast alle LTOs sind dabei, auch schon einige Regionen. Jetzt sind wir dabei, Use-­Cases umzusetzen. Da nimmt unsere Inno­vations-Abteilung die Branche sehr gut mit.

Ziel ist es, mehr in Richtung Wertschöpfung zu gehen und nicht nur Ankünfte und Nächtigungen zu zählen. Wien macht das ja schon. Alle Bundesländer sind sich einig, dass es in Richtung Wertschöpfung geht, um Antworten auf Fragen zu finden, wer die Zielgruppen und wer die Qualitätsgäste sind – die sind ja nicht nur im Premium­bereich angesiedelt, sondern in allen Kategorien – und welche Märkte wir ansprechen wollen.

Um all das zu erreichen, brauchen wir auch eine gute Kommunikation. Es geht darum, unsere USPs (Unique Selling Propositions) möglichst differenziert in die Welt zu tragen. Manche Länder schaffen das sehr gut.“

T.A.I.: Welche Länder meinen Sie da konkret?

Astrid Steharnig-Staudinger: „Vor allem Südtirol, Deutschland, die Schweiz und auch skandinavische Länder machen das wie gesagt sehr gut.“

T.A.I.: Wie viele Büros und wie viele Märkte betreut die ÖW?

Astrid Steharnig-Staudinger: „Wir haben 21 Büros und betreuen 27 Märkte. Ebenso besteht eine gute Kooperation mit der Außenwirtschaft. Ich war bei meinen Besuchen im Ausland auch immer in den Büros der Außenwirtschaft sowie in den Botschaften. In Warschau, Budapest und Brüssel ist die Bürozusammenführung schon umgesetzt, in Peking ist es am Werden. In Kopenhagen sitzen Österreich Werbung und Außen­wirtschaft im selben Büro.“

T.A.I.: Wie sieht die Kooperation mit der Außenwirtschaft Austria generell aus?

Astrid Steharnig-Staudinger: „Wir stehen im regen Austausch und sehen uns Potenzialmärkte an, wie Mexiko im Vorjahr oder jetzt Irland. Insgesamt betreuen wir derzeit gemeinsam acht Potenzialmärkte. Auch mit der Außen­wirtschaft pflege ich also eine enge Kooperation.“

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