ANA
Die Kundenbindungsprogramme der Airlines sind seit COVID unwiderruflich in den Mittelpunkt der Luftfahrt gerückt. Sie repräsentieren sie oft mehr an Wert, als die Marktkapitalisierung ihrer Mutter, wie One Point Loyalty in seinem Report „TOP 100 Most Valuable Airline Loyalty Programs“ betont.
Vielflieger-Programme

Miles & More, SkyMiles & Co. als Cash-Bringer! Sie sind meist mehr wert, als ihre Mutter-Airlines

T.A.I. 24 TOP News

Als Airberlin 70 % ihres Vielfliegerprogrammes Topbonus um umgerechnet 240 Mio. US-Dollar an Etihad verkaufte, schüttelten viele ob dieser Summe noch den Kopf. Seit Ausbruch der Pandemie tut dies keiner mehr: Kundenbindungsprogramme sind seit COVID unwiderruflich in den Mittelpunkt der Luftfahrt gerückt. Kein Wunder, repräsentieren sie oft mehr an Wert als die Marktkapitalisierung ihrer Mutter-Airline, wie das globale Beratungsunternehmen On Point Loyalty in seinem im Jänner 2023 erschienenen Report „TOP 100 Most Valuable Airline Loyalty Programs“ betont.

„Bestgehütetes Geheimnis“ gelüftet

Die Bedeutung der Vielfliegerprogramme ist mittlerweile unbestritten. Als Lufthansa Mitte 2020 rund 10 Mrd. Dollar an Staathilfen zugesagt erhielt (sie hatte davon nie mehr als 4,36 Mrd. Dollar in Anspruch genommen und alles bereits Ende 2021 zurückgezahlt), geschah dies zum Großteil mit Hinblick auf den Wert von Miles & More.

Auch mehrere US-Carrier nutzten während der Pandemie ihre Kundenbindungsprogramme als Sicherheit für die Kapitalbeschaffung. United nahm im Juni 2020 rund 6,8 Mrd. Dollar auf, Delta 9 Mrd. Dollar und im März 2021 sorgte American Airlines mit 10 Mrd. Dollar, die durch das geistige Eigentum und den Cashflow des AAdvantage-Programms gesichert waren, für Aufsehen. „Einst das bestgehütete Geheimnis der Luftfahrtindustrie, sind die Kundenbindungsprogramme unwiderruflich in den Mittelpunkt der Airline-Wirtschaft gerückt“, so die Feststellung von On Point.

Henne-Ei Syndrom

Auch wenn auch nach dem ersten Lockdown das Passagiervolumen auf ein Minimum schrumpfte, gaben die Mitglieder der Vielfliegerprogramme weiterhin Geld aus, und zwar bei den bei Programmpartnern. Das System funktioniert: Selbst in besten Zeiten stammen mehr als 50 % aller in den großen Programmen gesammelten Meilen aus anderen Quellen als dem Fliegen. Dadurch sorgen die Kundenbindungsprogramme für stabile Cashflows.

Eine Ausgliederung à la Airberlin kommt deshalb für niemanden in Frage. Selbst Air Canada, die ihr Programm Aeroplan 2002 an die Muttergesellschaft ACE veräußerte, kaufte es 2017 für rund 450 Mio. US-Dollar zurück. Der Transaktionswert erscheint auf den ersten Blick gering, aber er verdeutlicht eines: Ohne Airline funktioniert das Programm nicht. Es ist quasi eine Henne-Ei-Thematik. So stellte Lufthansa-CEO Carsten Spohr am Höhepunkt der Corona-Krise lapidar fest: „Miles & More ist viel wert. Aber ich bin nicht bereit, es jemand anderem zu überlassen ... es steht einfach nicht zum Verkauf."

Meilenclubs als wichtigste Gewinnquelle
Die Kundenbindungsprogramme der Airlines sind seit COVID unwiderruflich in den Mittelpunkt der Luftfahrt gerückt. Sie repräsentieren sie oft mehr an Wert, als die Marktkapitalisierung ihrer Mutter, wie One Point Loyalty in seinem Report „TOP 100 Most Valuable Airline Loyalty Programs“ betont. T.A.I. hat für den Bericht darüber 10 der wertvollsten Airline-Kundenbindungsprogramme ausgewählt. Deren Wert übersteigt in 50 % der Fälle jenen der aktuellen Marktkapitalisierung ihrer Mutter-Airline bzw. Airlines-Gruppe.

In vielen Fällen sind die Meilenclubs zu einer wichtigen, wenn nicht gar zur wichtigsten Gewinnquelle geworden, ohne die laut Harward Business Revue „keine Airline schwarze Zahlen schreibt“. Der Grund ist einfach: Anstelle von Rabatten bieten die Programme der Carrier den Karten-Inhaber:innen Flugmeilen. Die Kosten dafür belaufen sich für eine Airline zwischen 0,15 Cents und 0,25 Cents pro Meile. Andere Unternehmen, wie Hotels oder Handelsbetriebe, sind hingegen bereit, bis zu 2 Cent pro Meile zu zahlen, weil ihre Kund:innen die Treueprämien schätzen.

Dies verdeutlichen auch die hohen Werte, welche die Kundenbindungsprogramme repräsentieren. Für seinen zum dritten Mal (nach 2017 und 2020) erschienenen Bericht untersuchte On Point anhand von über 50 Primärvariablen die Loyalty-Angebote von mehr als 170 Fluggesellschaften weltweit. Die 100 wertvollsten Treueprogramme flossen dann in das Ranking ein. Die Bewertungsschätzungen basierten auf der Annahme eines Minderheitsverkaufs der Programme in Höhe von 10 bis 49 %.

T.A.I. hat für vorliegenden Bericht zehn der wertvollsten Airline-Kundenbindungsprogramme ausgewählt. Deren Wert übersteigt in 50 % der Fälle jenen der aktuellen Marktkapitalisierung ihrer Mutter-Airline bzw. Airlines-Gruppe. Im Falle von American Airlines sind es bei AAdvantage sogar 226 %, bei Southwest „nur“ 42 %. Bei der Lufthansa Group repräsentiert Miles & More (ca. 20 Millionen Mitglieder) rund 65 % des Börsenwertes. Deltas SkyMiles-Programm als globale Nummer 1 kommt aktuell auf 92 Millionen Mitglieder in aller Welt und hält bei 114 % der Marktkapitalisierung ihrer Mutter.

Hohe Werte, akademische Debatte

Fest steht aber, wie bereits erwähnt, eines: Ohne dahinterstehende Fluggesellschaft funktioniert keines ihrer Treueprogramme. So scheiterten seinerzeit sämtliche Versuche, Topbonus (rund 4,3 Millionen Mitglieder) zu retten. Nur wenige Tage nach Airberlin musste auch das verselbständigte Unternehmen (70 % Etihad, 30 % Airberlin) Insolvenz anmelden.

Für Luc Bondar, President des United-Programms MileagePlus, ist nicht zuletzt aus diesem Grund „die Debatte über den Wert eher akademisch“. Nur gemeinsam seien Airline und Vielfliegerprogramm in der Lage, diesen Wert zu schaffen: „MileagePlus hätte ohne United nicht den gleichen Wert. "

Interessant ist ergänzend dazu folgender weiterführender Bericht:

Ergebnisse 2022 der US Big Four - Erfreuliche Umsatz-Höhenflüge, aber stark drückendes Kostenniveau >>>

Kommentar schreiben

Bitte die Netiquette einhalten. * Pflichtfelder

Nach oben