Print-Ausgabe 15. September 2023
Die internationale Luftfahrt verfügt seit mehr als einem Jahr über eine zeitnahe Statistik, die länderweise ihre CO2-Emissionen berechnet – aktuell liegen die Juni 2023-Daten vor
Die OECD (Organisation for Economic Cooperation and Development) – sie zählt 38 Mitgliedstaaten, darunter die USA, Japan, UK, Deutschland sowie die Schweiz und Österreich – hat im Vorjahr eine Datenbank entwickelt, die luftverkehrsbedingte CO2-Emissionen für 186 Länder schätzt. In die Statistiken fließen jene Werte ein, die von der ICAO (International Civil Aviation Organization) für alle kommerziellen Passagier- und Frachtflüge stammen. Die ICAO-Zahlen sind mit dem CO2-Emissionsrechner der Eurocontrol gekoppelt.
Das Neue an dieser Datenbank: Sie ermöglicht eine nahezu globale Abdeckung sowie eine monatliche, quartalsweise oder jährliche Berechnung, und das nahezu in Echtzeit. Aktuell reichen die Werte bis zum Juni 2023. Ein weiterer Vorteil der OECD-Statistik: Sie ermöglicht eine Aufschlüsselung nach Inlands- und Auslandsflügen.
Wie wichtig es mittlerweile ist, Statistiken schnell zu erhalten, zeigte sich rund um die COVID-19-Pandemie: So sanken laut OECD-Datenbank die CO2-Emissionen des Luftverkehrs im April und Mai 2020 verglichen mit den beiden Monaten 2019 um 75 %. Die Inlandsflüge erholten sich dann bis März 2021 (damals erreichten deren CO2-Emissionen wieder die vor-Pandemie-Werte), im internationalen Luftverkehr dauert es noch an: Die CO2-Emissionen lagen im Dezember 2021 um 45 % unter den Werten von 2019. Eines steht aber fest, wie Paul Schreyer, Chefstatistiker der OECD, betont: „Vor der Entwicklung der neuen Datenbank hätten wir diese Effekte erst mindestens ein Jahr später beobachten können.“
Wie sieht nun die aktuelle Situation aus? Die geschätzten CO2-Emissionen im weltgrößten Luftfahrtmarkt, den USA (ihr globaler Anteil an den Passagieren bewegte sich vor der Pandemie mit 926,7 Mio. bei 21,1 %), erreichten im Juni 2023 einen Wert von 20,6 Mio. Tonnen an CO2-Äquivalenten, um 1,5 % mehr als vor einem Jahr. Dies ist bemerkenswert, als der Dachverband Airlines for America (A4A) für den laufenden Sommer die stärkste Saison aller Zeiten verzeichnet (ein Anstieg von rund 7 % gegenüber demselben Zeitraum 2022 um 1 % mehr als 2019).
China, das vor der Pandemie auf einen Weltmarkt-Anteil von 15,1 % kam, hatte durch die Null-Covid-Politik deutliche Einbußen hinzunehmen: Statt der 659,9 Mio. Fluggäste 2019 waren es 2022 nur noch 251,7 Mio. Heuer lagen die Zahlen im ersten Halbjahr nur noch um 11,8 % unter dem 2019er Niveau. Der deutliche Anstieg der Emissionen um +45,8 % auf 9,84 Mio. CO2-Tonnen-Äquivalente ist in diesem Zusammenhang zu sehen.
Ganz anders verhält sich Indien, dessen Inlands-Passagierzahlen heuer in den ersten fünf Monaten um 36,1 % angewachsen sind. Für das Gesamtjahr rechnet das DGCA (Directorate General of Civil Aviation) mit einem Erreichen des Vorkrisen-Levels. In den ersten sechs Monaten stieg das Emissions-Niveau um 9,4 % auf rund 2,02 Mio. CO2-Tonnen-Äquivalente. Möglicherweise ist der Einsatz modernerer Flugzeuge eine Erklärung für diesen vergleichsweise geringen Anstieg (Marktführer IndiGo kam 2019 auf ein Flottenalter von 5,7 Jahren, aktuell sind es 3,83 Jahre).
Und Österreich? Der Weltmarkt-Anteil war 2019 mit rund 1 % gering. Auch der Inlandsverkehr spielt eine untergeordnete Rolle. Erfreulich ist hingegen der im Vorjahr verzeichnete Passagier-Anstieg um 26,9 % gegenüber dem Vorkrisenniveau von 2019. Heuer geht es weiter aufwärts (+13,85 % im Juli verglichen mit dem Vorjahresmonat). Der Anstieg um +8,1 % auf 0,243 Mio. CO2-Tonnen-Äquivalente ist dabei niedriger ausgefallen. Auch hier dürfte sich die Strategie von Austrian Airlines (weniger, dafür größere und modernere Flugzeuge) bemerkbar machen.
Einen Nachteil hat die OECD-Datenbank aber: Es sind die Emissions-Werte nur länderweise aufgelistet, nicht aber global oder nach Kontinenten. Es wäre wünschenswert, dass sich dies in Zukunft noch ändert.
Erstellt am: 15. September 2023
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