HX Hurtigruten Expeditions

Vier Säulen, um im hart umkämpften Expeditionskreuzfahrtmarkt zu reüssieren

Print-Ausgabe 13. September 2024

„Zu den großen Neuerungen in naher Zukunft gehört ein neues All Inclusive-­Konzept“, berichtet Gebhard Rainer

Der Bereich der Expeditionsschiffe boomt – der neue HX-Chef Gebhard Rainer setzt deshalb auf Nachhaltigkeit, Wissenschaft, Bildung und Komfort

Mit Juli 2024 hat bei der Expedi­tionssparte der norwegischen Hurtigruten Group, HX Hurtigruten Expeditions, Gebhard Rainer die Leitung als CEO übernommen. Der gebürtige Österreicher (Erl in Tirol) gilt als erfahrener Hotelmanager – Gebhard Rainer war zuletzt sechseinhalb Jahre bei Sandals International und kann auf 26 Jahre Erfahrung bei den Hyatt Hotels zurückblicken – ist bei HX Herr über sechs Expeditionsschiffe, von der MS Santa Cruz II (90 Passagiere) und der MS Spitsbergen (220 Gäste), über die MS Fram (250 Kreuzfahrer:innen) und den beiden Hybrid-Schiffen MS Roald Amundsen und MS Fritjof Nansen (je 530 Passagiere), bis hin zur MS Maud (570 Gäste). HX wird bekanntlich seit rund drei Jahren eigenständig als Tochterunternehmen geführt. Sie steuert 30 Länder in aller Welt mit Stopps an über 250 Häfen bzw. Anlegestellen an, von Großstädten sowie abgelegenen Inseln bis in die Antarktis und Arktis. T.A.I. bat Gebhard Rainer zum Gespräch.

T.A.I.: Was bewog Sie als erfahrener Hotelier und Absolvent der Hotelfachschule Bad Hofgastein, ein Engagement bei einer Expeditionskreuzfahrtreederei anzunehmen? Welche Unterschiede zwischen Land und Hochsee überraschten Sie bisher am meisten?

Gebhard Rainer: „Der große Unterschied ist einmal die Aussicht: Sie ändert sich von einem Hotelzimmer aus nie, bei Schiffen dauernd. Wichtig ist auch die Nachhaltigkeit und dass wir bei HX immer Wissenschaftler mit an Bord haben. Momentan konzentriere ich mich auf die Positionierung von HX und die Transformation zwischen HX und Hurtigruten. Ich kann hier viel aus der Hotellerie mit einbringen. Die komplette Trennung wird im November abgeschlossen sein, dann konzentrieren wir uns voll auf die Weiterentwicklung von HX.“

T.A.I.: Auf welche Neuerungen dürfen wir uns freuen?

Gebhard Rainer: „Da wird es einige geben! Zunächst einmal das All Inclusive-Konzept, das tägliche von Expert:innen geleitete Exkursionen, über eine ganze Reihe von wissenschaftlichen Aktivitäten bis hin zu alkoholischen sowie nicht-alkoholischen Getränken und professionellen Fotos umspannt. Diese Änderungen sollen das Gäste-Erlebnis an Bord verbessern und das Produktangebot für den Vertrieb vereinfachen. Dazu kommen neue Routen, die wir sehr verantwortungsvoll in der Arktis anbieten. Neu im HX-Katalog sind drei Touren mit der Fridtjof Nansen nach Grönland ab/bis Nuuk als Abfahrts- und Zielhafen. Der neue Flughafen von Nuuk, der Hauptstadt von Grönland, wird ja heuer Ende November eröffnet. Mit Air Greenland haben wir ein Kooperationsabkommen geschlossen, das sich sehr auf Nachhaltigkeit konzentriert. Air Greenland mischt seinen Flugzeugen bereits heute das meiste Sustainable Aviation Fuel (SAF) aller Airlines der Welt bei. Auf den Flügen des neuen Airbus A330-800neo zwischen Kopenhagen und Grönland sind es 5 %. Ab Ende 2025 ergänzen wir dann unser Angebot um neue Routen zu den Nordlichtern. Es gibt auch neue Destinationen in der Antarktis, viele davon, die nur wir anfahren, wie etwa Südgeorgien, das oft als ‚Galapagos der Polarregion‘ bezeichnet wird, oder ins Weddell-Meer, ins Rossmeer oder die Möglichkeit, den südlichen Polarkreis zu überqueren.“

T.A.I.: Welche Rolle spielt bei HX der Quellmarkt Österreich und der hiesige Reisebürovertrieb?

Gebhard Rainer: „Eine große! Generell gilt bei uns die DACH-Region (Deutschland, Österreich, Schweiz) als stärkstes Buchungsgebiet. Mein Ziel ist es, die Verbindung mit den Reisebüros weiter auszubauen. Österreich hat eine sehr große Erfahrung im Bereich der Expedi­tion-Cruises und wir haben einen hohen Anteil an Österreicher:innen.“

T.A.I.: Das Angebot an Expeditions-Kreuzfahrtschiffen wächst. Einst ein Nischensegment, sind derzeit 88 Expeditionskreuzfahrtschiffe bzw. ein Fünftel der weltweiten Hochseekreuzfahrtflotte im Einsatz. Vor zehn Jahren waren es erst um die 20. Gibt es Ihrer Meinung nach ein Überangebot? Und was sind die Rezepte von HX, um in diesem hart umkämpften Markt zu reüssieren?

Gebhard Rainer: „Es macht schon nachdenklich, wenn die Zufuhr an Expeditionsschiffen so steigt. Das ist auch der Grund, warum wir uns so spezialisieren und auch auf vier tragende Säulen stützen.“

T.A.I.: Welche sind das?

Gebhard Rainer: „Erstens die Nachhaltigkeit, die wir als einer der führenden Expeditionskreuzfahrt-Anbieter weiter vorantreiben. Dann die Wissenschaft: Wir nehmen uns viel dafür vor und stellen pro Jahr den Wissenschaftler:innen rund 2.000 Kabinen zur Verfügung, damit sie auch in Gebieten forschen können, die bislang nicht für sie zugänglich waren. Drittens geht es uns um Bildung, die wir mit Wissenschaft und Nachhaltigkeit verbinden. Damit wollen wir klarmachen, was wir in abgelegenen Gebieten alles auf die Beine zu stellen in der Lage sind. Viele Gäste stellen ihr Verhalten bezüglich Umwelt und Nachhaltigkeit nach Verlassen unserer Schiffe um … ein Zeichen, dass der von uns eingeschlagene Weg der richtige ist.“

T.A.I.: Sie erwähnten vier tragende Säulen. Welche ist die vierte?

Gebhard Rainer: „Hier geht es um die Kombination von Wissenschaft und Nachhaltigkeit mit Komfort. Wir verbinden unsere Expeditionskreuzfahrten immer mit Komfort. Wir haben auch Führungsrollen bei der AECO (Association of Arctic Expedition Cruise Operators) und IAATO (International Association of Antarctica Tour Operators), worauf wir besonderen Wert legen. Wir möchten den ökologischen Fußabdruck so klein wie möglich halten und klären die Gäste auf, wie das von uns gehandhabt wird. Ich bin zum Beispiel soeben von einer Kreuzfahrt aus Spitzbergen zurückgekehrt, wo wir mit unseren Gästen 200 kg an Plastik und Fischernetzen eingesammelt haben, die von Cargo-Schiffen sowie der Wal- und der Holzindustrie stammen.“

T.A.I.: Das Durchschnittsalter der HX Schiffe liegt bei rund 15 Jahren. Die beiden jüngsten sind Baujahr 2019 und 2020. Wann kommen neue Schiffe?

Gebhard Rainer: „In den nächsten zwei Jahren haben wir keine Pläne, die Flotte zu vergrößern. Die speziell als Expeditionsschiff mit höherer Eisklasse konstruierte MS Fram wurde erst 2022 renoviert, samt erweitertem Wissenschafts­zentrum. Anfang nächstes Jahr geht die MS Spitsbergen ins Trockendock. 2026 werden wir dann schauen, etwas Neues in die Orderbooks zu kriegen. Wir werden dann sehen, wo die Technik steht. Die MS Roald Amundsen und die MS Fritjof Nansen, die 2019 und 2020 gekommen sind und über Hybridantriebe verfügen, waren ja damals die weltweit modernsten Schiffe.“

Interessant ist ergänzend dazu folgender weiterführender Bericht:
T.A.I. live an Bord der Santa Cruz II

Mit HX Hurtigruten Expeditions durch die idyllischen Galapágos-Inseln

14. Juni 2024 | Kreuzfahrten/Fähren

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