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Snow Space Bergbahnen

Klimaneutraler Wintersport? Bei Snow Space wird’s Realität

Print-Ausgabe 17. November 2023

„Wenn wir alle an einem Strang ziehen, können wir unseren Gästen klimaneutrales Skifahren ermöglichen“, erklärt Wolfgang Hettegger

Das Nachhaltigkeitsbewusstsein der Branche, von Herstellern bis zu Seilbahn­unternehmen, nimmt zu – die Snow Space Bergbahnen gelten dabei als Vorreiter

Sie zählen durch die nunmehr auch gesellschaftsrechtlich abgeschlos­sene­ Fusion zu Österreichs größten Seilbahnunternehmen: die Snow Space Bergbahnen, die sich über die Salzburger Wintersportorte Flachau, Wagrain und St. Johann erstrecken (47 Anlagen, 70 Pisten, 120 Pistenkilometer). Bezüglich Umwelt gelten sie zudem als internationaler Vorreiter: Unter Führung der Vorstände Wolfgang Hettegger (Technik & Marketing) sowie Christina König (kaufmännische Verwaltung & Rechtsfragen) lautet das Ziel, bis Winter 2025/26 als Skigebiet klimaneutral aufzutreten. Was bis dahin zu tun ist, ob das Ziel erreichbar ist und welche Hürden es noch zu überwinden gilt, darum geht es im Interview mit T.A.I.

T.A.I.: Was verstehen Sie konkret unter Klimaneutralität?

Wolfgang Hettegger: „Unsere oberste Prämisse ist es, den eigenen CO2-Ausstoß weitgehend zu minimieren anstatt Klimaneutralität durch Kompensationszahlungen in internationale Fonds zu erreichen. Als ersten Schritt haben wir vor zwei Jahren eine CO2-Bilanz für unseren Betrieb erstellt, um unsere Emissionen zu analysieren und Optimierungspotenziale zu identifizieren. Gemeinsam mit einem wissenschaftlichen Beirat werden seither sinnvolle Maßnahmen zur Emissionsreduktion umgesetzt. Jener Anteil, der nicht reduziert werden kann, wird mit der Unterstützung von regionalen Klimafondspro­jekten ausgeglichen.“

T.A.I.: Seit wann wird der komplette Strom Ihrer Lift- und Beschneiungsanlagen aus erneuerbaren Energiequellen bezogen? Und nehmen Sie diesen Strom nicht anderen Beziehern weg?

Wolfgang Hettegger: „Wir beziehen bereits seit vielen Jahren ‚grünen‘ Strom von der Salzburg AG. Welchen enormen Vorteil Strom aus erneuer­baren Energiequellen hat, wurde uns allerdings erst bei der Erstellung der CO2-Bilanz bewusst: Durch die Nutzung von Ökostrom sparen wir pro Jahr 9.800 Tonnen CO2 ein. Die technischen Anlagenparks der Salzburg AG sind so ausgerichtet, dass Lastspitzen von Großabnehmern jederzeit ausgeglichen werden können. Allein das Laufkraftwerk an der Salzach in St. Johann im Pongau produziert jährlich das Dreifache unseres Stromverbrauchs.“

T.A.I.: Wie sieht es mit dem benötigten Wasser aus?

Wolfgang Hettegger: „Der Pongau ist eine wasserreiche Region, was auch diese hohe Stromerzeugungsmenge des Laufkraftwerkes St. Johann ermöglicht. Zudem sind unsere Anlagen und Prozesse darauf ausgerichtet, einen nachhaltigen Wasserkreislauf am Berg zu schaffen und den Großteil des benötigten Wassers für die Schneeerzeugung wiederzuverwenden. Moderne Beschneiungsanlagen erlauben es, ressourcensparend zu arbeiten. Das ist mitunter ein Grund, weshalb immer wieder in die Modernisierung der Anlagen investiert wird.“

T.A.I.: Laut Ihrer CO2-Bilanz entfallen mehr als 50 % des verbliebenen CO2-Ausstoßes auf die Pistenpräparierung. Als Übergangslösung setzen Sie auf alternative Kraftstoffe, wodurch 90 % der Emissionen gesenkt werden können. Um wieviel teurer ist dieser HVO-Kraftstoff als Diesel? Und setzen Sie diesen HVO-Kraftstoff bereits flächendeckend ein?

Wolfgang Hettegger: „In der letzten Skisaison haben wir im Skigebietsteil Flachau testweise einen HVO-Kraftstoff, also hydriertes Pflanzenöl, zur Pistenpräparierung verwendet. In der bevorstehenden Wintersaison sind wir so weit, den HVO-Kraftstoff flächendeckend einzusetzen. Auch dieser unterliegt Preisschwankungen und führt zu zusätzlichen Kosten. Aus unserer Sicht hat die damit verbundene Emissionsreduktion jedoch eine höhere Relevanz, sodass wir die Mehrkosten in Kauf nehmen.“

T.A.I.: Langfristig denken Sie an eine CO2-freie Pistenpräparation durch den Einsatz von Wasserstoff, der angeblich sämtliche Kriterien für Leistungsbedarf und Reich­weite erfüllt. Er hat allerdings derzeit einen geringen Wirkungsgrad. Wie stehen Sie dem gegenüber? Und wie wird Ihrer Meinung nach diese Rechnung 2025/26 aussehen?

Wolfgang Hettegger: „Es ist bekannt, dass der Wirkungsgrad der Wasserstofftechnologie noch hinter jenem von Elektroantrieben liegt. Aus diesem Grund setzen wir überall dort, wo es möglich ist, auf E-Antriebe. Bei der Pistenpräparierung halten sie aber den extremen Bedingungen nicht stand, wie Temperaturen von bis zu −20° und Motoren mit über 500 PS. Deswegen greifen wir vorübergehend, wie bereits erwähnt, auf einen HVO-Kraftstoff zurück. Mittel- und langfristig betrachten wir den Wasserstoffantrieb für die Pistenpräparierung jedoch als äußerst vielversprechend. Dieser bietet auch das Potenzial, energieautark zu werden. Wir beteiligen uns dahingehend an einem regionalen Forschungsprojekt, dessen Ziel es ist, überschüssige regionale Energie in ‚grünen‘ Wasserstoff umzuwandeln. Wasserstoff als Energiequelle zu nutzen erfordert auch eine Umrüstung unserer Infrastruktur. Es ist daher unsere Aufgabe, die Anlagen entsprechend anzupassen, um bis zur Marktreife gerüstet zu sein.“

T.A.I.: Durch die Geschwindigkeit aller Maßnahmen und die Schnelligkeit der Umsetzung nehmen Ihre Bergbahnen eine führende Rolle im DACH-Raum ein. Können Sie andere Unternehmen nennen, mit denen Sie sich benchmarken?

Wolfgang Hettegger: „Im Allgemeinen ist ein stark wachsendes Nachhaltigkeitsbewusstsein in der Branche zu beobachten, das sich von den Herstellern bis hin zu den Seilbahnunternehmen durchzieht. Jeder Part übernimmt seine Verantwortung und treibt die Innovation voran, wovon wiederum alle profitieren. Wir begrüßen diese Entwicklung, da es der gesamten Wintersportbranche langfristig eine umweltfreundliche Ausrichtung ermöglicht. Wenn wir mit unseren Maßnahmen und dem erlangten Wissen unseren Teil beitragen können, freuen wir uns umso mehr.“

T.A.I.: Wie viel fehlt aus heutiger Sicht noch, um das Ziel der Klimaneutralneutralität zu erreichen?

Wolfgang Hettegger: „Wir haben bereits viele Projekte erfolgreich umgesetzt und sind auf einem guten Weg. Mit der Umrüstung der Pistenflotte auf HVO-Kraftstoff machen wir in der kommenden Saison einen weiteren großen Schritt. Doch wir dürfen nicht außer Acht lassen, dass die An- und Abreise der Ski­gäste einen erheblichen Anteil an der CO2-Bilanz ausmacht. Wir setzen deswegen neben einer transparenten Kommunikation auf den Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel. Im vergangenen Winter haben wir die Zugfahrten unserer Gäste mit den ÖBB ins Skigebiet aus ganz Salzburg finanziert. Dieses Angebot wurde sehr gut angenommen, der unmittelbare Skigebiets­einstieg neben dem Bahnhof St. Johann im Pongau ist dabei natürlich von Vorteil. Wir erwarten, dass im nächsten Winter mehrere Seilbahnen diese Idee aufgreifen werden, was wir sehr positiv sehen. Wenn alle an einem Strang ziehen und öffentliche Verkehrs­mittel die gängige Form der An- und Abreise werden, können Unmengen an CO2 eingespart werden.“

Interessant ist ergänzend dazu folgender weiterführender Bericht:
Snow Space Salzburg Bergbahnen

Minimieren statt kompensieren! Snow Space setzt auf Nachhaltigkeit

19. November 2021 | Bergbahnen

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