Kneissl Touristik

„Tanz zwischen Wunsch und Diktat vorhandener Möglichkeiten“

Print-Ausgabe 19. September 2025

„Wir sind davon überzeugt, dass nach­haltiges Wirtschaften die Zukunft ist“, so Elisabeth Kneissl-Neumayer

Interview mit Elisabeth Kneissl-Neumayer über das Thema Nachhaltigkeit, wieso Kund:innen weiterhin zu Katalogen greifen und ob sich das Buchungsverhalten ändert

Bei der Kneissl Touristik ist vor kurzem der Zwischenkatalog „Herbst-Winter-Frühling 2025/26“ erschienen. Wie die Geschäftsführerin Elisabeth Kneissl-­Neumayer betont, ist u. a. Ghana 2026 „endlich wieder im Programm mit Togo und Benin sowie einem erstklassigen Partner vor Ort“. Auch Malawi zählt zu den neuen gefragten Destinationen für StudienErlebnisReisen. Vor allem aber hat die Kneissl Touristik ihre bestehende Partnerschaft mit der Klimaschutzplattform BOKU x Caritas verlängert. All das lieferte ausreichend Stoff für ein Interview.

T.A.I.: Sie wurden heuer mit dem TourCert-Siegel ausgezeichnet, haben die Partnerschaft mit der Klimaschutzplattform der BOKU University x Caritas verlängert und wiederholt in das Sustainable Aviation Fuel (SAF) der Lufthansa Group investiert. Welche Bedeutung haben für Sie all diese Maßnahmen im Bereich der Nachhaltigkeit?

Elisabeth Kneissl-Neumayer: „Wir sind sehr stolz, dass unser ‚nachhaltiger Weg‘ im Juni 2025 mit der Auszeichnung durch das TourCert-Siegel bekräftigt wurde. Wir müssen und wollen uns der Frage stellen, welche Auswirkungen Reisen auf die Umwelt haben. Deshalb haben wir alle Geschäftsprozesse mit der Brille der Nachhaltigkeit sowie CSR geprüft und Kennzahlen übermittelt. Dieser Prozess mündete in einem Maßnahmenkatalog, den wir nun bis zur Rezertifizierung bearbeiten. Darunter sind u. a. Maßnahmen zur Papierreduktion, zum Müllmanagement und einem bestimmten Anteil an Hotels, die nachweislich zertifiziert sind und Nachhaltigkeit leben. Natürlich erfolgt auch der Ausgleich von CO₂-Emissionen, die bei Transportwegen automatisch anfallen. Wir können auf Flüge und Busfahrten nicht verzichten – diesbezüglich haben wir in der Klimaschutzplattform BOKU x Caritas starke und verlässliche Partner, die wirklich über jeden Greenwashing-Verdacht erhaben sind. Südsudan und Südäthiopien, die derzeitigen Zielgebiete der Spenden, welche die Emissionen kompensieren, werden wissenschaftlich aufgestellt, begleitet, evaluiert und mit verlässlichen Partnern vor Ort durchgeführt. Uns gefällt ganz eindeutig das Motto ‚CO₂-Emissionen und Armut gemeinsam reduzieren‘.“

T.A.I.: Sie sprachen an, dass Sie als Reiseveranstalter auch daran beteiligt sind, dass Ihre Kund:innen auf Flügen und Busfahrten CO₂ in die Luft blasen. Wie stehen Sie bei aller Bekenntnis zur Nachhaltigkeit diesem Thema gegenüber?

Elisabeth Kneissl-Neumayer: „Nicht nur bei Reisen wird CO₂ ausgestoßen, auch Transportwege, Konsum, Heizung etc. führen dazu. Uns ist wichtig, dass wir uns diesem Thema stellen, daher setzen wir auf breite Bemühungen, unser Arbeitsumfeld und unsere Reisen nachhaltiger zu gestalten. Die Nachfrage an Reisen ist da, das Produzieren von Reisen ist unsere Hauptaufgabe, wir können und wollen nicht darauf verzichten. Wir setzen auf Sensibilisierung und Maßnahmen, den CO₂-Ausstoß zu reduzieren. Wo es nicht anders möglich ist, kompensieren wir auf faire und transparente Weise über die Klimaschutzplattform BOKU x Caritas.“

T.A.I.: Was sind die nächsten Schritte der Kneissl Touristik bezüglich Nachhaltigkeit?

Elisabeth Kneissl-Neumayer: „Wir reduzieren u. a. unseren Papierverbrauch und erweitern sukzessive jene Hotels, die nachweislich Nachhaltigkeit leben. Gleichzeitig müssen wir uns aber eingestehen, dass der Markt hier enge Grenzen setzt. Schon jetzt haben wir oft Probleme, adäquate Hotels für unsere Gruppenreisen zu finden. Viele gute Partner setzen derzeit mehr auf den individuellen Gast. Der gesamte Prozess ist ein Tanz zwischen Wunschvorstellungen und dem Diktat der vorhandenen Möglichkeiten. Daher setzen wir auf kleine Schritte, die insgesamt aber viel bewirken. Das EU-Regelwerk, das Unternehmen zum Erreichen von nachhaltigen Zielen verpflichtet hätte, ist ja nun noch in der Schwebe. Wir setzen unsere Bemühungen dennoch fort, wir sind überzeugt, dass nachhaltiges Wirtschaften die Zukunft ist.“

T.A.I.: Themenwechsel: Anfang Juli ist der Zwischenkatalog „Herbst-Winter-Frühling 2025/26“ erschienen. Insgesamt geben Sie ein halbes Dutzend Print-Produkte heraus. Verlangen Ihre Kund:innen weiterhin danach oder – anders gefragt – wie wichtig sind diese Kataloge und Broschüren für den Verkauf Ihrer Reisen?

Elisabeth Kneissl-Neumayer: „Sehr wichtig – auch dieser Punkt wurde im Zuge unseres Zertifizierungsprozesses evaluiert. Wir stehen zu unseren Katalogen. Sie sind das Abbild unserer Reisen – qualitätvoll, handwerklich gut gemacht, ästhetisch. Aber wir reduzieren die Auflage. Die Broschüren dienen vor allem der raschen Findung spezieller Themen wie Wandern oder Nordlicht bzw. der Termine. Unsere Kund:innen sind diejenigen, die zusätzlich und hauptsächlich zu gedruckten Zeitungen greifen, zu Qualitätsmagazinen, zu Büchern. Und viele Kund:innen erzählen uns bei Reisen, dass man sich notfalls zwei bis drei Angebote von Mitbewerbern zu unserem Katalog dazulegt, um die Inhalte zu vergleichen. Derzeit besteht also noch immer ein eindeutiges ‚Ja‘ zu Katalogen – wie ich es miterlebe, ist es bei allen anderen Veranstaltern von Studien- und Erlebnis­reisen genauso ...“

T.A.I.: Welcher Altersgruppe gehören Ihre Kund:innen im Schnitt an? Zeigt sich bei Jüngeren ein anderes Buchungsverhalten?

Elisabeth Kneissl-Neumayer: „Unsere Stammgäste sind mit uns gereift und reisen zum Teil schon mehr als 40 Jahre mit uns. Besonders viele Erstreisende werden von Reisebüro-Partner:innen gebucht. Das freut uns sehr, wir setzen auf ein breites Vertriebsnetz. Und ja, auch Gäste ab 45 schätzen geführte Reisen, Familien sind ebenfalls mit uns unterwegs. Bei meiner letzten Island-Reiseleitung im August war alles von 11 bis 75 dabei, darunter zwei Familien mit je zwei Kindern und zwei Mütter mit jugendlichen Töchtern. Aber die stärkste Gruppe sind sicher ‚Best Ager‘, die ihre Freiheit bei unseren Reisen genießen. Zum Buchungsverhalten: Sehr spezielle unikate Reisen werden lange im Voraus gebucht, aber bei vielen Destinationen ist es eine Mischung aus mittel- und kurzfristigen Buchungen.“

T.A.I.: Was sind unter den Destinationen Ihre persönlichen Favoriten und was diejenigen Ihrer Kund:innen?

Elisabeth Kneissl-Neumayer: „Bei mir ist Island noch immer einer der Top-Favoriten – hier mache ich auch immer wieder Reiseleitungen. Zusätzlich liegt mir Spanien sehr am Herzen und Rumänien, für das ich nach vielen Jahren endlich wieder Zeit gefunden habe – so viel fantastische Kultur, es war großartig. Aber genauso begeistert bin ich von vielen anderen Regionen! Unsere Kund:innen haben heuer Frankreich zu ihrem Lieblingsland in Europa erklärt. Afrika ist weiterhin der Lieblingskontinent, der von Voodoo-Tänzen im Benin über die römischen Ausgrabungen Algeriens bis hin zum Tierreichtum des Südlichen Afrika viel bereithält. Die Arabische Halbinsel, Zentralasien und Indochina folgen auf den Fersen ...“

Interessant ist ergänzend dazu folgender weiterführender Bericht:
Nachhaltigkeit bei Reisen

Vorwurf des „Greenwashings“? Kneissl setzt auf valide Kennzahlen

18. Juli 2025 | Reisebüros & Veranstalter

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