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Im Sommer 2020 war es – neben der Pandemie und den (abgesehen von Kurzarbeit) damals noch ausstehenden staatlichen Hilfen – das große Thema in Österreichs Touristik: das Direktinkasso. Seither ist es still geworden. Aus gutem Grund, wie T.A.I. bei der jetzigen Recherche feststellen konnte. Denn die großen Reiseveranstalter und der Vertrieb einigten sich auf eine österreichische Lösung: In den meisten Fällen gibt es kein „hartes“ Direktinkasso, sondern die Wahlmöglichkeit zwischen einer „weichen“ Version in Form des Agentur-Inkassos und Direktinkasso, oder beim Belassen, wie es ist. Doch alles schön der Reihe nach.
Die Vorgeschichte
Österreichs Vertrieb sollte mit Beginn des Touristikjahrs 2020/21 auf Wunsch der großen deutschen Reiseveranstalter und Kreuzfahrtreedereien vom zuvor üblichen Reisebüro-Inkasso auf Direktinkasso umgestellt werden. Die Fronten waren verhärtet, aber nicht festgefahren, denn hinter den Kulissen wurde intensiv verhandelt (T.A.I.-Beitrag "Tauziehen um Kundendaten und Liquidität! Entscheidung im Herbst" >>>). Das vorrangige Argument der Reiseveranstalter lautete, „Reisebüros arbeiten mit Kundengeldern, die ihnen nicht gehören.“ Ebenso stellten sie die durch das Direktinkasso mögliche Vereinfachung der Zahlungsabwicklung in den Raum. Der Vertrieb fürchtete im Gegensatz dazu nicht nur um seine Liquidität, sondern auch den Verlust an Kundenbindung und Flexibilität.
Während viele Anbieter, vor allem die österreichischen Veranstalter, am Reisebüro-Inkasso festhielten, sahen die drei Großen – TUI Österreich, REWE Austria Touristik/Dertour Austria und FTI Touristik – den Zeitpunkt für gekommen, das Modell umzustellen – jeder auf seine Art.
Das Modell TUI
TUI Österreich hat demnach laut Geschäftsführer Gottfried Math „das Direktinkasso in Österreich generell eingeführt. Mit März 2021 wurde die letzte Kette umgestellt.“ Während Einzelagenturen und kleine Reisebüroketten mit Direktinkasso bedient werden (Reisebüro erhält seine Provision mit der Anzahlung, die der Veranstalter direkt vom Kunden bezieht; Buchhaltung, Zahlung und gegebenenfalls Mahnung sind dann kein Thema mehr für den Vertrieb), bevorzugen die großen Ketten laut Math das „Agentur-Inkasso“ (Kunde leistet die Anzahlung an das Reisebüro, das die Provision einbehält und den Rest an TUI weiterleitet; die Restzahlung zwei Wochen vor Reiseantritt erfolgt dann ebenfalls über das Reisebüro). Laut Gottfried Math bedeutet diese Variante für TUI „einen Mehraufwand zu vorher. Da ist bis zwei Wochen vor Abreise bei uns nichts passiert.“
REWE/Dertour mit einfacherem Verfahren
Bei der REWE Austria Touristik/Dertour Austria verhält es sich ähnlich. Dort wurde aber nicht nur mit den großen Ketten das Agentur-Inkasso als Lösung gefunden (d.h. Kunde zahlt an Kette, welche die Provision einbehält und den Rest an den Veranstalter weiterleitet), sondern auch Einzelbüros setzen laut Geschäftsführer Marin Fast auf dieses Modell. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, ins Direktinkasso zu wechseln, „was zum Teil auch genutzt wurde“, wie Martin Fast betont.
Interessant ist, dass die REWE Austria Touristik/Dertour Austria für das Agentur-Inkasso auf ein anderes, dem Vernehmen nach einfacheres technisches Verfahren zurückgreift, als die TUI. Martin Fast: „Das Reisebüro erhält eine Rechnung von uns: Brutto abzüglich Provision, mit dem Vermerk über die Höhe der Anzahlung. Vom Bruttobetrag ziehen wir innerhalb einer Woche nach Buchung 8 % als Anzahlung ein.“ Dem Reisebüro bleiben damit 12 % (bei 20 % Anzahlung des Kunden). Fast: „Über diese 12 % kann das Büro frei verfügen und muss es nicht treuhänderisch verwalten, wie beim alten Reisebüroinkasso.“
FTI mit Direkt- und Reisebüroinkasso
Bei der FTI Touristik, die seit 1. November 2020 Direktinkasso anbietet, gab und gibt es für Agenturpartner keine Verpflichtung dazu. Bei Beibehaltung des Reisebüro-Inkassos verlangt FTI lediglich eine Bonitätsanforderung. Daran hat sich nicht geändert: „Wir behalten die Wahlmöglichkeit weiter bei“, so FTI Österreich Geschäftsführerin Doris Oberkanins gegenüber T.A.I. Jeder Vertriebspartner könne demnach „für sich die Entscheidung treffen, ob er Agenturinkasso mit Einzug des Reisepreises 7 Tage vor Abreise, oder Direktinkasso mit direkter Verrechnung an den Kunden als Zahlungsart wählen möchte.“
Laut Doris Oberkanins gab es einige Partner die auf Direktinkasso umgestiegen „und mit dem Ablauf sehr zufrieden sind. Wir werden das auch weiter so anbieten. Für Neuagenturen mit Agenturinkasso behalten wir die Hinterlegung einer Bankgarantie bei.“
Erstellt am: 16. November 2021
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