Reiseveranstalter

Geht der Trend zu kleineren Reiseveranstaltern? Antwort lautet laut T.A.I.-Analyse „ja“

T.A.I. 24 Top News

Die Daten sind dürftig, vor allem jene in Österreich: So listet der ÖRV (Österreichischer ReiseVerband) in seinem Folder „Fakten & Zahlen Österreichischer Reisemarkt“ nur die Marktanteile der großen Player für die gesamte DACH-Region (Deutschland, Österreich und Schweiz) auf. Die Zahlen stammen zudem aus dem Touristikjahr 2017/18, als dieser Folder letztmals erschien (auf der ÖRV-Website findet sich lediglich der Hinweis, dass jener für 2022 „in Bearbeitung“ ist). T.A.I. hat sich trotzdem nicht entmutigen lassen und ist dabei auf interessante Details gestoßen.

Eine Tendenz besteht darin, dass ein verstärktes Buchungsverhalten hin zu kleineren Reiseveranstaltern und Individualreisen festzustellen ist. Die Reiseanalyse (RA) sowie die ADAC Tourismusstudie 2023 verdeutlichen diese Trends.

Die T.A.I.-Analyse kommt zum selben Schluss: Aus den Marktanteilen geht hervor, dass der Anteil der einstigen „Big 6“ (inkl. Thomas Cook) von 55,4 % in 2018 auf 49,5 % der verbliebenen „Big 5“ zurückging. Es wird spannend zu sehen, wie sich die Situation nach der nunmehrigen Insolvenz von FTI darstellt.

Sonderfall Schweiz

Der Bezug des ÖRV in seinen „Fakten & Zahlen“ auf die DACH-Länder ist zwar begrüßenswert, aber er offenbart eine deutliche Schwäche. Diese liegt darin, dass die Schweiz anders tickt als Deutschland und Österreich. Bei den Eidgenossen ist bekanntlich die Hotelplan-Gruppe marktdominant (sie gehört Migros und steht zum Verkauf). Als Nummer 2 folgt die DER Touristik Suisse mit den Reiseveranstaltern Kuoni und Helvetic Tours, während die TUI Group nur die dritte Position einnimmt. Viertgrößter Reiseveranstalter der Schweiz ist die private eidgenössische Knecht Reisegruppe.

Problematische Abgrenzung

Für den Quellmarkt Deutschland ist es schwierig, das Veranstaltergeschäft betreffende Umsatzzahlen zu erhalten und damit Rückschlüsse auf die Marktanteile zu ziehen. Der Grund: Alle großen Reiseunternehmen kommunizieren lediglich ihre gesamten Umsatzwerte (bei TUI also inkl. Reisebüros, Airlines, Hotels,  Kreuzfahrtschiffe usw.). Zudem sind die Werte von TUI Deutschland in der Region „Zentral“ enthalten, die neben der Bundesrepublik auch Österreich, die Schweiz und Polen umfasst.

Zusätzlich wird eine exakte Abgrenzung dadurch erschwert, da die Veranstalter zum Teil oder gänzlich als GSA (General Sales Agent) ihrer deutschen Konzernmütter agieren, wie TUI Österreich, Dertour Austria oder die mittlerweile pleitegegangene FTI.

Marktanteile 2018

Ausgangswerte der T.A.I.-Analyse sind deshalb das Jahr 2018 und der Quellmarkt Deutschland. Dort hatte laut statista.com die TUI Group mit 17,2 % die Position des Markt-Leaders inne, gefolgt Kopf an Kopf von Thomas Cook (ca. 10 %) und der DER Touristik Group (9,9 %). Dahinter belegte die FTI Touristik mit einem Marktanteil von 9,0 % den vierten Platz, gefolgt von alltours und schauinsland-reisen, deren Markteinteile im bundesdeutschen Reiseveranstalter-Business um die 6,0 % und 3,4 % gelegen haben dürften.

Laut FVW-Analyse belief sich der Umsatz aller deutschen Reiseveranstalter im Touristikjahr 2018/19 auf 35,4 Mrd. Euro.

Im September 2019 schlitterte Thomas Cook bekanntlich in die Pleite. Die Umsatzerwartungen der verbleibenden Reiseriesen stellten sich dann nicht ein: Alle gingen davon aus, dass sich das Cook-Erbe prozentuell auf die verbleibenden Anbieter aufteilen werde, doch bereits die durch Frühbucher lukrierten Umsätze zeigten, dass dem nicht so war. Danach kam die Pandemie.

Erste Zahlen für 2023

Für 2023, das erste „Volljahr“ nach der Pandemie, sind die Zahlen noch mit Vorsicht zu behandeln, aber sie weisen zumindest in eine Richtung: TUI wird in der Bundesrepublik laut der GeVestor Financial Publishing Group mit einem Marktanteil von 18 % gehandelt, gefolgt von der Dertour Group mit ca. 11 % und der jetzt insolvent gewordenen FTI Gruppe, die im Vorjahr in der Bundesrepublik rund 8 % Marktanteil hatte. Deutlich dazugewonnen haben dürften alltours (Marktanteil am Veranstaltergeschäft aktuell ca. 6,8 %) und schauinsland-reisen (ca. 5,8 % Marktanteil).

Bezüglich Umsatzes im Reiseveranstalter-Business geht man für den Quellmarkt Deutschland im Jahr 2022/23 von nominell 37,3 Mrd. Euro aus. Bei Berücksichtigung der Inflation (real) ergaben sich verglichen mit dem Ausgangsjahr allerdings „nur“ 27,75 Mrd. Euro – also deutlich weniger.

Trend zu kleineren Reise- und Individualreiseveranstaltern

Die Überraschung: Zählt man die Marktanteile der einst großen 6 (inkl. Thomas Cook), ergibt sich in Deutschland ein Rückgang im Zeitraum 2018 bis 2023 von 55,4 % auf 49,5 % im Vorjahr. Welche Änderungen sich durch die FTI-Pleite ergeben, wird sich erst ab 2024/25 voll zeigen.

Wie gesagt: Österreichs Veranstalter-Business nach Marktanteilen aufzugliedern, fällt aufgrund der ausgeprägten GSA-Tätigkeit der großen Player schwer. Fest steht aber, dass es einen Trend in Richtung kleinerer Nischenveranstalter österreichischer Provenienz geben dürfte. T.A.I. wird in der kommenden Ausgabe Mitte August darauf eingehen.

Interessant ist ergänzend dazu folgender weiterführender Bericht:
FTI Insolvenz

Das Für und Wider der FTI-Pleite. „Ein Wettbewerber weniger hilft allen“

14. Juni 2024 | Reisebüros & Veranstalter

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