ANA
Standpunkt

Reisebüro-Inkasso

Print-Ausgabe 18. Oktober 2019

„Wer sich auf Sekundärnachrichten verlässt, ist selber schuld“. Dieses Zitat stammt vom eidgenössischen Ökonomen und langjährigen NZZ (Neue Zürcher Zeitung)-Kolumnisten Beat Kappeler. Der nach Eigendefinition „überzeugte Skeptiker“ wurde soeben mit einem Kolumnistenpreis ausgezeichnet.
Bei seinen Recherchen vertieft sich Kappeler vorzugsweise in Primärquellen. Nach dem Motto „Nicht wiedergeben, was andere einem vorkauen“, sondern selbst den Dingen auf den Grund gehen.

Im Falle der Touristik hätte sich das nicht nur für einen Kolumnisten, sondern für jeden Unternehmer gelohnt, der mit Thomas Cook zusammengearbeitet hat. Auch in Österreich. Die Jahresabschlüsse und Halbjahresberichte der Thomas Cook PLC – anders übrigens als jene ihrer gut geführten Österreich-Tochter – verhießen seit langem nicht Gutes und hatten sich zuletzt deutlich verschlechtert.

Nicht, dass man vor Geschäften mit Cook zurückschrecken hätte sollen, aber zumindest größere Vorsicht wäre angebracht gewesen. Hierzulande ebenso, wie in allen anderen Quell- und Zielmärkten. Doch die „Gier is a Hund“. Und auch vor der Mühe, sich mit Originalquellen auseinanderzusetzen sowie daraus seine eigenen Schlüsse zu ziehen, schrecken viele zurück.

Primärquellen in Form von Jahresabschlüssen liegen zuhauf vor. Auch in Österreichs Touristik. Wer sich – angesichts der Cook-Pleite – mit den aktuell vorliegenden Berichten für 2018 befasst, kann sich einen guten Überblick verschaffen. Etwa jenen, dass das Touristikjahr 2017/18 für die meisten hierzulande agierenden Reiseveranstalter alles andere als einfach war. Die Gewinne lagen denn auch in den meisten Fällen unter jenen der Vorjahre, da und dort sogar deutlich.

Anders die Situation bei den größten Vertriebsorganisationen, also den Reisebüros. Sie zeigten in Österreich eine neuerlich starke Performance, mit Ergebnissen, die nach oben tendierten – und von denen ein Großteil der Reiseveranstalter nur träumen kann.

„Österreichs Reisebüro-Landschaft ist besser aufgestellt als in Deutschland“, meinte jüngst anerkennend einer der Veranstalter-Chefs. Und er brach – entgegen seiner und der bei seinem Mutterkonzerns vorherrschenden Überzeugung – die Lanze für ein extrem heikles Thema: „Die Cook-Insolvenz zeigt den Vorteil des Reisebüro-Inkassos. Das Geld liegt im Reisebüro.“

Dort ist es gut aufgehoben. Und – so der Blick auf die Primärquellen in Form der aktuellen Jahresabschlüsse – auch sicher. Diese weiterhin intensiv zu studieren und auszugsweise zu publizieren (mehr darüber demnächst in T.A.I.), erlaubt sich deshalb ganz im Sinne Beat Kappelers auch weiterhin der

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