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Standpunkt

Freistil-Ringer und Wackeldackel

Print-Ausgabe 20. Oktober 2017

Wo sind die seligen Zeiten, als es noch Freistil-Ringen am Wiener Heumarkt gab? Sie haben sich, wie’s scheint, in die TV-Studios verlagert. Dort fanden in den zurückliegenden Wochen zum Erbrechen schlechte, ähnlich gelagerte Darbietungen statt: die Elefantenrunden und Duelle der SpitzenkandidatInnen. Jene der Bundespolitik. Wahlentscheidend waren sie nicht. Dafür verdeutlichten sie, auf welch tiefes Niveau der politische Diskurs in unserm Land herabgesunken ist. Eine zur Auflockerung gezeigte Reprise der legendären Diskussionen Kreisky - Taus aus den 1970er Jahren lieferte die Bestätigung.

Was gewählt wurde, wissen trotz – oder besser: gerade wegen – der TV-Verblödung wohl die Wenigsten. Keine neue Bundesregierung. Und auch keinen Bundeskanzler. Peter Pilz brachte es in der künftig dezimierten Elefantenrunde am Wahlabend auf den Punkt: 183 Mandatare für den Nationalrat. Deren vorrangige Aufgaben liegen in der Gesetzgebung, im Beschluss und Überwachung des Budgets sowie in der Kontrolle der Regierung. War da was? Ja! Das sind tatsächlich die Aufgaben. Oder sollten sie sein. Denn der Eindruck herrscht vor, dass sie von den Mandataren nicht so erfüllt werden, wie dies erforderlich wäre. Eine gewagte Behauptung? Bitte sehr: Pauschalreisegesetz, Datenschutz-Anpassungsgesetz und Gesetzespaket rund um die Angleichung der Rechte von Arbeitern und Angestellten:

• Ersteres wurde heuer im Frühjahr – obwohl von der WKO in vielen Details zerpflückt (belastendes Regelwerk, unverständliche Formulierungen, legistische Fehler, die zum Teil 1:1 von der EU-Richtlinie übernommen wurden) – unverändert beschlossen;

• Das Datenschutz-Anpassungsgesetz – jedes Unternehmen und jede Organisation in Österreich sind davon betroffen – wurde im Schnellverfahren durchgepeitscht, ohne die eingelangten 110 Stellungnahmen mit zum Teil schweren Bedenken auch nur eines Blickes zu würdigen;

• Die Angleichung der Rechte von Arbeitern und Angestellten – sie betrifft mehr als 1 Million ArbeitnehmerInnen und über 100.000 Unternehmen – erfolgte als aus der Hüfte heraus erfolgter Schnellschuss in Form eines Initiativantrags drei Tage vor den Wahlen.

Bravo! Während sich die SpitzenkandidatInnen auf dem Niveau von Freistil-Ringern präsentieren, bestätigen die Parlamentsabgeordneten, wie sehr sie – Ausnahmen bestätigen die Regel – zu „Wackeldackeln“ (O-Ton ÖHV-Präsidentin Reitterer) verkümmert sind.

Wenn es also einen Wunsch an die Politik gibt, durch die den unerfreulichen Wahlpräludien der zurückliegenden Monate und dem Votum vom vergangenen Sonntag tatsächlich Sinn gegeben werden kann, dann jenen: Machen wir aus dem Parlament endlich jene Institution, die ihm von der Grundidee her zukommen soll – eine jener drei Säulen zu sein, auf der die Grundfeste unserer Republik liegen, sieht sich mit dieser Ansicht nicht alleine der

Lupo

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