Rottenbergs Roadbook

Diskursverweigerung

Print-Ausgabe 24. Februar 2017

Ich diskutiere nicht mehr. Denn Diskussionen sind sinnlos. Die mit Experten: Egal ob Podiumsgespräch, Koran- oder Bibelverteiler in der Fußgängerzone oder Erklärer in Print, TV oder Internet oder – vor allem – Politik: (Diese Aufzählung ist unvollständig: Tierschützer, Impfgegner, Migrations- oder Sicherheitsexperten, Verschwörungstheoretiker, Ernährungsapostel … ergänzen Sie nach Belieben)

Der Versuch, aus diesen Leuten das leiseste „hm, darüber nachzudenken würde sich eventuell lohnen“ zu kitzeln, ist sinnlos. Vollkommen. Schade um die Zeit: Fragen Sie lieber ihren Föhn als – nur zum Beispiel – einen Veganer, ob sich das Hirn ohne tierisches Eiweißes im Laufe der Evolution nicht anders … Und so weiter: Lassen Sie es.

Der Andere kennt Ihre Argumente besser als Sie. Ist vorbereitet. Zieht 1.001 Fertigantworten aus dem NLP-Setzkasten. Emittiert Textbausteine – und kommt zum Gegenangriff. Auf Podien, an runden Tischen in TV-Duellen kommt auf den Standard-Angriff die Standard-Antwort. Immer. Vorhersehbar. Eine fixe Choreographie, bei der Beton auf Beton trifft: Da geht nix durch, da bewegt sich nichts.

Verlierer gibt es trotzdem: Sie. Uns: das Publikum. Denn Eingehen auf Fragen, Zuhören oder Abwägen spielt es nicht. Nie. Weil „Nachdenken“ wie „Nachgeben“ beginnt. Und Nachgeben, nur einen Halbsatz, bedeutet Niederlage. Und die ist absolut.

Drum: Lassen Sie es. Sparen Sie Zeit und Energie. Diskutieren Sie nicht – und wenn es sie sonst zerreisst: Reden Sie lieber mit ihrer Hand. Die hört zwar auch nicht zu – aber immerhin lässt sie Sie ausreden.

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