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Die Marathonfrau

Die Marathonfrau

Print-Ausgabe 7. April 2017

Tatsächlich hat Kathrine Switzer keine Regel gebrochen. Damals, vor 50 Jahren. Sie habe, sagt die heute 70-Jährige, auch nicht vorgehabt, einen Skandal zu provozieren. Oder die Welt zu verändern. „Ich war doch nur ein Mädchen, das laufen wollte“: Hätte sich die damals 20-Jährige 1967 nicht als „K.V. Switzer“ beim Boston-Marathon registriert, sondern mit vollem Namen, oder hätte Jock Semple gerade geblinzelt, als er im Presse-Bus am Läufer-Pulk vor-bei fuhr – nichts wäre passiert.

So aber sah Semple, der Renndirektor des Marathons, zuerst das Ungeheuerliche – die laufende Frau – und dann rot. Er rastete aus und versuchte, Switzer mit Gewalt aus dem Rennen zu holen, wurde aber abgeblockt: Switzers Begleiter warf Semple von der Strecke – vor den Kameras der Presse. Die Bilder gingen um die Welt. Und Switzer wurde zur Ikone: Weil alle verstanden, dass es da um mehr ging als „nur“ um das Recht, 42 km zu laufen. Doch erst 1984 durften Frauen auch bei Olympia auf die Langstrecke.

Heuer, am Ostermontag, feiert Switzer „50 Jahre Boston“. Laufend. Und strahlt, wenn junge Frauen staunen, wenn sie hören, was 1967 ein Skandal war. Dabei hatte Switzer nicht einmal gegen Regeln verstoßen: 1967 war es so selbstverständlich, dass Frauen nicht laufen, dass das nicht einmal im Regelwerk stand.

Heute laufen in den USA mehr Frauen als Männer. Das ist die größte Belohnung dafür, dass diese eine Frau damals, 1967, tat, wovor die meisten Menschen bis heute die größte Angst haben: Einen Traum zu leben. Egal, was der Rest der Welt dazu sagt.

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