Print-Ausgabe 24. März 2017
Lassen Sie mich heute eine Lanze für einen oft – eigentlich immer – ignorierten Berufsstand der Reisebranche brechen. Ignoriert, weil kaum jemand die Ortsveränderung mit ihnen als Reise wahrnimmt. Oder sagen sie „ich reise jetzt ins Büro?“ Eben. Aber rein technisch ist auch die Alltagsmobilität zwischen Wohn- und Arbeitsplatz genau das: Eine Reise.
Darum bleibe ich heute bei denen, die mich – und wohl auch Sie – genau so täglich reisen lassen. Und zwar mit einer Ruhe, die dem Stadt-Autofahrer Ehrerbietung abnötigen sollte – stünde ihm da nicht das typische Autofahrergekränktsein im Weg: Der Linienbus schert nämlich immer absichtlich genau vor ihm aus der Station aus.
Ehrlich: Ich bewundere die Lenker von Linienbussen. Obwohl ich diesen Job um kein Geld der Welt will – und auch eine krasse Fehlbesetzung wäre. So wie wohl 99 Prozent der Menschen. Auch wenn jeder von uns der beste Autofahrer der Welt ist: Navigieren Sie einen Ziegelstein auf zwei Zentimeter genau durch eine sich autistisch bewegende Kulisse, und zwar den ganzen ganzen Tag lang. Bleiben Sie dabei ruhig. Fluchen Sie nicht, gestikulieren Sie nicht, zeigen Sie keine Vögel oder Stinkefinger – und denken Sie nie ans Amoklaufen.
Diese Ruhe im Sturm, dieses Phlegma im Chaos, bewundere ich. Ich hätte sie gerne. Im Alltag und im Verkehr. Und am dringendsten dann, wenn der ewig nicht daherkommt – und ich, ist er endlich da, am liebsten den würgen würde, der am wenigsten dafür kann, dass vor ihm alles stand: Den Busfahrer nämlich.
Erstellt am: 24. März 2017
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