Print-Ausgabe 24. August 2018
Um den Wildwuchs im Bereich der Wohnungsvermietung durch Sharing-Economy von Airbnb & Co. in den Griff zu bekommen, suchen Kommunen weltweit nach geeigneten Lösungen. Wirklich zielführend war bisher keine (siehe auch Kommentar Durchgeblickt). Die jüngsten Vorstöße zu diesem Thema in Österreich liefern Salzburg und Innsbruck. Im Gegenzug haben die Sharing-Economy-Unternehmen ihre Lobbyarbeit auf EU-Ebene intensiviert und ein Beschwerdeverfahren gegen Städte wie Barcelona, Berlin, Brüssel und Paris eingeleitet, um deren lokale Regeln zu bekämpfen.
Doch zunächst nach Österreich. Hier prüft Tirols Wohnungslandesrätin Beate Palfrader die Einführung von Tageslimits für Airbnb-Vermieter derzeit für den Großraum Innsbruck. Bereits diesen Herbst soll es eine Erhebung über den Leerstand von Wohnungen geben. Palfrader geht davon aus, dass geschätzte 400 Wohnungen durch ihre Vermietung über Airbnb nicht für die BewohnerInnen der Landeshauptstadt zur Verfügung stehen. Eine kürzlich erfolgte Airbnb-Abfrage listete jedenfalls mehr als 300 Angebote für den Raum Innsbruck auf.
Als möglichen Lösungsansatz nennt Beate Palfrader das Beispiel Amsterdam: Dort dürfen Wohnungen nur noch für maximal 60 Tage im Jahr auf Airbnb vermietet werden, ab 2019 sogar nur noch 30 Tage. Ähnliche Regelungen gibt es in Paris (120 Tage) und London (90 Tage).
Zuwiderhandlungen der Wohnungseigentümer sollen durch eine Zweckentfremdungs-abgabe von bis zu 50.000 Euro geahndet werden. „Es ist notwendig, auch an Sanktionen zu denken“, so Palfrader. Hier gilt Berlin (maximale Vermietung 60 Tage) als Vorbild, wo mit 1. Mai 2018 eine Novelle zum Zweckentfremdungsverbot in Kraft trat. Von Vermietern, die ihre Wohnung über Sharing Economy-Plattformen anbieten, wird jetzt eine Registrierungsnummer verlangt. Wer seine Wohnung ohne diese Nummer anbietet, dem droht ein Bußgeld von bis zu 500.000 Euro.
Seit erstem Inkrafttreten des Gesetzes vor vier Jahren sind in Berlin knapp 8.000 Wohnungen auf den Wohnungsmarkt zurückgeführt worden. Rund die Hälfte war als Ferienwohnungen an Touristen vermietet worden (die andere Hälfte stand über einen längeren Zeitraum leer). Die Berliner Bezirksämter haben bisher 2,6 Mio. Euro an Bußgeldern verhängt. Noch eine interessante Zahl: Die Zahl der Berliner Airbnb-Gäste erreichte 2017 rund 700 000 (Berlin gesamt 2017 rund 17,86 Mio. Ankünfte), die Zahl der Airbnb-Unterkünfte lag bei 26.000.
In Salzburg – dort wurde die Zahl der über Airbnb angebotenen Wohnungen zuletzt auf etwa 800 geschätzt – trat mit Jänner 2018 ein strengeres (Raumordnungs-)Gesetz u.a. gegen illegale Vermietung über Airbnb & Co. in Kraft. Seither muss jede neue Airbnb-Wohnung gemeldet werden. Bislang prominentester Fall war Mitte August die Kündigung des Mietvertrags aufgrund missbräuchlicher Verwendung einer Sozialwohnung (der betroffene Pensionist bezieht sogar eine Mindestsicherung), inklusive Rückforderung in Höhe von einigen tausend Euro sowie Nachforderung der vorenthaltenen Ortstaxe.
Eine weitere Angleichung an die gewerblichen Vermieter tritt in Salzburg Anfang 2019 in Kraft. Dazu werden das Ortstaxengesetz und das Kurtaxengesetz zum Nächtigungsabgabengesetz zusammengeführt. Darüber hinaus soll es einen Vertrag mit Airbnb geben. Ziel: Wer im Land Salzburg Wohnungen über Online-Plattformen wie Airbnb vermietet, soll genauso Abgaben zahlen wie Hoteliers und Privatvermieter. Das neue Gesetz und der Vertrag mit Airbnb sollen dies ermöglichen.
Inwieweit die Kommunen – sie stehen im Kampf gegen Wohnungsnot und steigende Mieten – mit ihren Bemühungen Erfolg haben, wird sich weisen. Zum Teil stehen sie mit dem Rücken zur Wand. Denn die EU-Kommission sieht die Sharing Economy als Wachstumsfeld und mit der European Holiday Home Association (EHHA) verfügen Airbnb & Co. mittlerweile über einen starken eigenen Lobbyverband. Laut Transparenzregister wurden die Airbnb-Ausgaben dafür von 2015 auf 2016 vervierfacht.
Ziel der EHHA ist es, die lokalen Regeln gegen Zweckentfremdung mit dem Argument zu bekämpfen, dass diese eine Verletzung des EU-Binnenmarktes darstellen. Das diesbezügliche Beschwerdeverfahren auf EU-Ebene läuft bereits. Erreichen will die EHHA, dass die Genehmigungspflichten fallen und es keine separaten Einschränkungen für professionelle Anbieter gibt.
Die nächsten Schritte sehen Gespräche der EU-Kommission mit den betroffenen Mitgliedsländern vor. Kommt es zu keinen Ergebnissen, wird ein Vertragsverletzungs-verfahren eingeleitet. Im Extremfall ist der Europäische Gerichtshof (EuGH) am Zug. Airbnb & Co. haben also kräftig aufmunizioniert. T.A.I. wird über die weitere Entwicklung berichten.
Erstellt am: 24. August 2018
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