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Comeback-Plan des Österreich Tourismus 

„Entscheidend wird sein, wie wir mit der Covid-Neuverschuldung umgehen“

Print-Ausgabe 16. Juli 2021

„Viele Pläne liegen am Tisch und müssen zügig realisiert werden“, so Obfrau Susanne Kraus-Winkler


 

Der „Auf geht´s“-Prozess zum Comeback des Tourismus“ ist abgeschlossen – jetzt folgt die Umsetzung der Maßnahmen – sie wird rasch erfolgen müssen

Am Donnerstag voriger Woche ging die finale Veranstaltung des von Tourismusministerin Elisabeth Köstinger initiierten „Auf geht´s“-Prozesses“ über die Bühne. Drei Kernbereiche haben sich im Laufe der vier vorangegangenen Comeback-Talks herauskristallisiert, mit denen die, von der Coronakrise hart getroffene, Branche wieder erstarken soll. Im Gespräch mit T.A.I. erläutert die Obfrau des Fachverbandes Hotellerie in der WKO, Susanne Kraus-Winkler, die an dem Abend mit dabei war, inwieweit die Ergebnisse den Erwartungen der Hotellerie entsprachen, was aus ihrer Sicht noch zusätzlich zu tun wäre und vor allem, in welchem Zeithorizont die noch zu konkretisierenden Maßnahmen umgesetzt werden sollen.

T.A.I.: Ist der Fachverband Hotellerie mit den präsentierten Inhalten des Comeback-Plans zufrieden?

Kraus-Winkler: „Die drei Schwerpunktthemen – Arbeitsmarkt, betriebliche Finanz- und Fördersituation und neue Tourismuszusammenarbeit – sind jene, die am meisten unter den Nägeln brennen. Wir haben als Interessensvertretung seit Beginn der Krise vor allem auch auf die finanziellen Maßnahmen einen Fokus gelegt, immer wieder aktualisierte Lösungsvorschläge vorgebracht, denn es galt alles daran zu setzen, das Überleben der Betriebe zu sichern. Die fehlenden MitarbeiterInnen waren sicher im Restart das zweite große Problem, ohne MitarbeiterInnen können wir keine Leistungen erbringen.“

T.A.I.: Also zufrieden?

Kraus-Winkler: „Ja, wir sind zufrieden. Ich denke es ist sehr wichtig, dass mit dem Prozess des Comeback-Plans alle Stakeholder einen gemeinsamen Fokus auf diese Themen legen, denn es wird auch gebündelte Kräfte aller brauchen, um praktikable Lösungen auf die Beine zu stellen, um die Betriebe fit für die Zukunft zu machen und den österreichischen Tourismus wieder auf Erfolgsspur zu bringen.“

T.A.I.: Was ist Ihrer Meinung nach zu kurz gekommen bzw. wo besteht noch Handlungsbedarf?

Kraus-Winkler: „Zu kurz gekommen kann man so nicht sagen, denn es gibt natürlich viele weitere Themen, die ebenso anstehen bzw. mit den Schwerpunktthemen zusammenhängen. Das sind zum Beispiel Themen wie die Angebotsgestaltung der Zukunft, sinnvolle betriebliche Wege in alle Nachhaltigkeits-Themen, oder die Nutzung der Digitalisierung zum besseren Management der Gästebewegungen rund um das Lebensraum-Management an der Schnittstelle zwischen Gästen und den BewohnerInnen der Regionen. Auch Themen wie Betriebsnachfolgelösungen und neue Vernetzungen von Stakeholdern – hier will ja die Österreich Werbung stärker aktiv werden. Ich sehe den Comeback Plan daher als Re-Start des ‚Masterplan T‘. Ein Prozess, bei dem wir gemeinsam die nächsten weiteren Schritte planen und umsetzen.“

T.A.I.: Welche Forderungen bestehen nun von Seiten des Fachverbandes Hotellerie bezüglich Ausarbeitung bzw. Konkretisierung der drei Maßnahmenbereiche?

Kraus-Winkler: „Bei der Modernisierung des touristischen Arbeitsmarktes geht es vor allem um eine neue Wertschätzung der Arbeit im Tourismus. Gerade jetzt haben wir gesehen, wie wichtig der Tourismus für Österreich ist. Das muss sich in einer anderen Wertschätzung den MitarbeiterInnen aber auch den Unternehmern gegenüber zeigen.

Anzudenken sind neue oder auch attraktivierte Ausbildungszugänge und Ausbildungsstrukturen, ein stärkerer Fokus auf eine moderne Unternehmenskultur und höhere Führungsqualität, sowie neue Ideen und Organisationsanpassungen rund um Mitarbeitereinsatzplanung zwecks besserer individueller Planbarkeit der wöchentlichen Arbeitszeit, neue Lohnanreizsysteme und vieles mehr. Weniger Bürokratie und niedrigere Lohnnebenkosten werden sicher auch zentral sein.

Bei der Stärkung des betrieblichen Eigenkapitals und der Liquidität ist festzuhalten, dass dies die zwei wichtigsten Standbeine für einen wirtschaftlich gesunden Betrieb sind. Wir haben als Fachverband im Jänner unter dem Titel ‚Marshall Plan für den Tourismus‘ ein Rettungspaket für die Hotellerie ausgearbeitet, das zahlreiche Maßnahmen aufzählt, von denen einige schon umgesetzt wurden. Essentiell wird nun sein, wie wir mit der Covid-Neuverschuldung in den Betrieben umgehen. Wir haben dazu vorgeschlagen, dass die gestiegene Fremdkapitalbelastung durch Umwandlung aller kurzfristigen Covid-Überbrückungshilfen in ein langfristiges Stabilisierungskapital möglich gemacht wird. Wir bekommen sonst ein erhebliches Ratingproblem, haben über Jahre wesentlich teurere Kreditkosten zu bedienen und starken Reorganisa­tionsbedarf in den Betrieben.“

T.A.I.: Wie sieht es mit dem dritten Bereich, der Intensivierung der Zusammenarbeit zwischen Tourismus und regionalen AnbieterInnen unter Bedachtnahme des sich ändernden Reiseverhaltens, aus?

Kraus-Winkler: „Wenn Gäste bei uns in den Hotels nächtigen, unterstützen sie ja meist automatisch die regionalen Anbieter. In anderen Bereichen gibt es Initiativen, um diese Zusammenarbeit zu intensivieren. Ein Beispiel ist die NÖ Wirtshauskultur, deren Qualitätskriterien das Anbieten von regionstypischen Speisen und die Nutzung von Spezialitäten der regionalen Landwirtschaft vorsehen. Dieses Zukunftsthema ist heute stark vom Gästeverhalten getrieben. Alle Initiativen, die die Zusammenarbeit stärken, wie dies jetzt von Ministerin Köstinger geplant und initiiert wird, sollen ja den Zugang zu den regionalen Anbietern und Produzenten noch verstärken. Es geht hier zukünftig aber sicher auch um mehr Verständnis rund um Themen wie Naturschutz und Schutz des regionalen Lebensraums. Gastfreundschaft kann nur existieren, wenn sie von beiden Seiten gelebt wird.“

T.A.I.: Wie sieht es aus Ihrer Warte mit dem Zeitplan der Umsetzung – dazu wurde ja vom Ministerium noch nichts gesagt – aus?

Kraus-Winkler: „Wir brauchen relativ kurzfristig Klarheit, welche Lösungen im Bereich Liquiditäts- und Eigenkapitalstärkung – sprich: wie mit der Covid-bedingten Neuverschuldung umgegangen wird etc. – von der Regierung angedacht sind. Denn wenn wir die Bilanzen 2021 im Frühjahr 2022 machen, ist es eventuell für viele Betriebe zu spät. Umgekehrt hängt das auch mit dem Thema Förderungen zusammen. Da wissen wir ja nicht, wie der Herbst und der Winter touristisch aussehen werden. Eine neue Förderstruktur generell aufzusetzen braucht sicherlich eine langfristige Perspektive.

Das Arbeitskräftethema wiederum ist ein Thema, dass man nur mittelfristig lösen können wird. Da lässt sich kurzfristig an der einen oder anderen Schraube drehen, ich denke da an eine neue Saisonier-Lösung oder auch an AMS-Vermittlungen, aber sinnvolle Lösungen, wie etwa neue Ausbildungsangebote und Quereinsteigerausbildungen, brauchen Zeit bis sie wirksam werden. Die regionale Vernetzung ist umgekehrt sofort umsetzbar und da gibt es bereits erste Ansätze, aber auch viele Pläne die am Tisch liegen und nun realisiert werden müssen.“

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