„Initiative Zukunft Tourismus“

„Bereiten Branche auf Zukunft vor, in der vieles in Bewegung gerät!“

Print-Ausgabe 17. Mai 2024

„Wir wollen das Know-how aus der Praxis in die Politik einbringen“, so Michaela Reitterer und Paul Blaguss (Fotos: © Franzi Schädel, Austrian Leading Sights/Daniel Zupanc)

Die vor einem Monat präsentierte Initiative hat sich zum Ziel gesetzt, die Wertschöpfung von Österreichs Tourismus zu steigern und sein Potenzial nachhaltig zu heben

Mitte April war für Österreichs Tourismus ein besonderer Tag: Kurz nach Ostern trat die neu gegründete „Initiative Zukunft Tourismus“ mit einer Veranstaltung auf Schloss Schönbrunn zum ersten Mal an die Öffentlichkeit. Gebildet von acht Institutionen – Austrian Leading Sights, Bund Österreichischer Tourismus­manager (BÖTM), Casinos Austria, Flughafen Wien, Österreichische Hoteliervereinigung (ÖHV), Österreichischer Reiseverband (ÖRV), Urlaub am Bauernhof (UaB) und der Verkehrsbüro Group (u. a. Eurotours, Ruefa, Austria Trend und Basenna Hotels, Palais Events) – zielt sie darauf ab, als gemeinsames Sprachrohr für die gesamte Branche konkrete Schritte für die touristische Wertschöpfung in Öster­reich zu setzen.

Ziele für 2040 sollen, so die Proponenten der Gruppe, gemeinsam mit Politik und Wissenschaft festgelegt sowie ein Pfad dorthin definiert werden. Das Besondere an der „Initiative Zukunft Tourismus“: Ihre Mitglieder bilden gemeinsam Österreichs Tourismus in seiner kompletten Vielfalt ab, vom Kleinstbetrieb bis zum Großunternehmen, von der Reiseplanung über die An- und Abreise bis hin zum perfekten Genuss am Urlaubsort.

Um nur einige Zahlen zu nennen: Die Austrian Leading Sights kommen pro Jahr mit ihren mehr als 50 Mitgliedsbetrieben auf rund 27 Millionen Besucher:innen, der Flughafen Wien bringt es auf um die 30 Millionen Passagiere, beim BÖTM handelt es sich um das Netzwerk von Österreichs Tourismusregionen mit mehr als 200 Mitgliedern, die ÖHV vertritt mehr als 1.700 Top-Hotels in Österreich mit zusammen rund 62.000 Mitarbeiter:innen und die UaB kommt auf 2.300 Ferienbauernhöfe mit insgesamt 27.000 Gästebetten.

Zu den Gründer:innen der „Initiative Zukunft Tourismus“ gehören Klaus Panholzer (der Geschäftsführer der Schönbrunn Group fungiert als Präsident), Patrick Quatember (der Marketing & Sales Direktor des Tiergartens Schönbrunn ist Generalsekretär der Initiative), BÖTM-Präsident Mathias Schattleitner und Generalsekretär Christian Schirlbauer, Casinos Austria-Generaldirektor Erwin Van Lambaart, die beiden Vorstände des Flughafens Wien Julian Jäger und Günther Ofner, ÖHV-Präsident Walter Veit und Generalsekretär Markus Gratzer, ÖRV-Präsidentin Eva Buzzi und Generalsekretär Walter Säckl, UaB-Obmann Johann Hörtnagl sowie Geschäftsführer Hans Embacher und Verkehrsbüro-Vorstandsvorsitzender Martin Winkler.

Nach außen hin wird die „Initiative Zukunft Tourismus“ durch die beiden Sprecher:innen Michaela Reitterer (die frühere langjährige ÖHV-Präsidentin ist Chefin des Boutiquehotels Stadthalle in Wien, das weltweit erste Stadthotel mit Null-Energie-Bilanz) und Paul Blaguss (er ist geschäftsführender Gesellschafter der Blaguss-Unternehmensgruppe mit Schwerpunkten in den Bereichen Bus-Charter, Shuttleservices, Linienbusverkehr, Schönbrunner Schloß­konzerte, Vienna PASS, Vienna Sightseeing Tours und dem Wiener Donauturm) vertreten.

Für T.A.I. war all dies Anlass genug, die beiden Sprecher:innen zu einem Gespräch zu bitten, um Näheres über die „Initiative Zukunft Tourismus“ zu erfahren. Ebenso ging es darum, Klarheit darüber zu schaffen, ob es sich um einen weiteren Papiertiger handelt oder ob die Initiative tatsächlich zu halten gedenkt, was sie verspricht.

Umsetzung von Zielen, die bisher auf der Strecke blieben

T.A.I.: Wann genau und wie entstand die Idee zur Schaffung der Plattform „Initiative Zukunft Tourismus“?

Michaela Reitterer: „Erste Pläne dazu hatten wir schon in der Zeit meiner ÖHV-Präsidentschaft gelegt. Da lag einerseits die Notwendigkeit auf der Hand, divergierende Sichtweisen und Meinungen und daraus resultierende politische Bewertungen und Forderungen an die Politik auf einen einheitlichen Nenner zu bringen. Das haben wir immer wieder auch aus der Politik gehört. Mit dem ‚billigen‘ Argument wollte man uns gegeneinander ausspielen und so Stillstand verteidigen. Und andererseits wollen und werden wir diese guten Argumente mit Drive auf den Boden bringen. Als Allianz können wir uns breit aufstellen, ohne an Konturen zu verlieren. Es gibt so viele Branchenanliegen, die mehr Aufmerksamkeit brauchen und auf das gemeinsame Konto des gesamten Tourismus einzahlen, etwa den branchenweit einheitlichen Umsatzsteuer-Satz von 10 %: Da hätte mir als ÖHV-Präsidentin die Legitimation gefehlt, das für Sehenswürdigkeiten einzufordern. Jetzt erarbeiten und priorisieren wir Forderungen und erstellen ein Programm zur Umsetzung von Zielen, die bisher auf der Strecke blieben.“

T.A.I.: Wie kam es zur Auswahl der acht Partner?

Paul Blaguss: „Das hat sich klar daraus ergeben, dass wir mit der Initiative die komplette Unternehmenslandschaft im heimischen Tourismus vertreten wollen. Wichtig ist uns dabei Überparteilichkeit. Es ist kein Zufall, dass nach der Präsentation unserer ‚Initiative Zukunft Tourismus‘ die Industriellenvereinigung (IV) eine ganz ähnliche Allianz präsentiert hat, nur spielt dort der Tourismus naturgemäß keine Rolle. Wir bereiten unsere Branche auf eine Zukunft vor, in der vieles in Bewegung gerät. Wir wissen noch nicht, wer nach dem Herbst unsere Ansprechpartner sein werden. Wir werden aber in jedem Fall viel Branchenwissen und Erfahrung aus allen Bereichen zur Verfügung stellen und damit positiv zur Entwicklung des heimischen Tourismus beitragen.“

T.A.I.: Ist noch die Aufnahme weiterer Partner in die Initiative gedacht bzw. wo liegt die Obergrenze?

Michaela Reitterer: „Es haben sich bereits weitere Player gemeldet und es gab bereits erste Gespräche. Wir haben ein paar Grundprinzipien: Wir sind für jeden Input dankbar. In den Kreis der Partner kommen nur Unternehmen mit überregionaler Bedeutung bzw. deren Organisationen. Mit Organisationen, die die Branchenunternehmen auf ihrem Weg in die Zukunft begleiten, wird es Kooperationen geben. Alles in allem geht es darum, die Schlagkraft zu erhöhen.“

Wertschätzung und Liebe für den Tourismus wecken

T.A.I.: Sie haben fünf Ziele definiert, welche durch die Initiative erreicht werden sollen: 1. Qualität heben, 2. Nachhaltigkeit sichern, 3. die Destination Österreich wettbewerbsfähiger machen, 4. ebenso als Arbeitsplatz bzw. Arbeitgeber sowie 5. als Investitionsstandort attraktiver zu machen. Wer sind dafür die Ansprechpartner und was kann die Initiative diesbezüglich konkret tun?

Paul Blaguss: „Das ist von Ziel zu Ziel unterschiedlich. Wenn es um die Qualität und damit um Investitionen auf der einen Seite geht und um Mitarbeiter:innen auf der anderen, sind die Unternehmen und Destinationen genauso gefragt wie die Schulen, das Finanz­ministerium und der Nationalrat. Bei Wettbewerbsfähigkeit und Nachhaltigkeit brauchen wir ganz dringend die Wissenschaft.“

T.A.I.: Inwiefern?

Paul Blaguss: „Wie können wir Milliarden Euro in die Zukunft unserer Unternehmen investieren anstatt sie als Strafe beim Fenster hinauszuwerfen? Wir müssen die Rahmenbedingungen für das Unternehmertum in Österreich verbessern, die Ausbildung der Mitarbeiter:innen, die Lohnnebenkosten, den Fachkräftemangel – das und mehr allein auf dem Arbeitsmarkt. Da geht es um große Themen, um die Zukunft des Landes: Unsere Ansprechpartner sind die, die hier etwas bewegen können.“

T.A.I.: Wie steht es um Themen wie die weitere Digitalisierung oder der Schaffung einer „international wahrnehmbaren“ Tourismusforschung, die sie ebenfalls als Ziele der Initiative nennen?

Michaela Reitterer: „Die sind ganz zentral und integraler Bestandteil der Wettbewerbsfähigkeit: Die werden wir weder ohne das eine noch ohne das andere erreichen. Wobei wir bei der Digitalisierung auf der betrieblichen Ebene deutlich weiter sind als die öffentliche Hand bei der Finanzierung der Tourismusforschung. Das hat auch damit zu tun, dass die Ziele nicht fein genug eingestellt sind.“

T.A.I.: Wieso?

Michaela Reitterer: „Seit gut drei Jahrzehnten hören wir ununterbrochen davon, dass die Forschungs- und Entwicklungs-Quote gesteigert werden muss und dass sie steigt. Angesichts der hohen Bedeutung des Tourismus kommt davon aber letztendlich viel zu wenig in der Tourismusforschung an.“

T.A.I.: Wie wollen Sie das durch die „Initiative Zukunft Tourismus“ ändern?

Michaela Reitterer: „Die Forschungslandkarte ist ein ganz wichtiger Schritt in die Richtung, aber da muss dann noch einiges folgen. Den Status quo zu beschreiben reicht nicht – für uns zumindest nicht. Und die nächste Regierung muss da weitere Schritte setzen. Wir wollen sie dabei unterstützen und das Know-how aus der Praxis in die Politik einbringen.“

T.A.I.: Was kann bzw. wird die Initiative unternehmen, um die preisbereinigten Einnahmen – Österreich hat laut Tourismusanalyse des Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO) die Werte von 2019 noch immer nicht erreicht – wieder in die Höhe zu bringen?

Paul Blaguss: „Da gehen wir noch einen deutlichen Schritt weiter: Wir wollen die Wertschöpfung steigern, wir wollen das gesamte Potenzial heben, das Österreich und sein Tourismus zu bieten haben. Gleichzeitig gilt es Nachhaltigkeitsziele zu erreichen und bei der Tourismusakzeptanz noch besser zu werden. Wobei mir Tourismusakzeptanz zu defensiv ist: Wir wollen Wertschätzung und Liebe für diese Branche und ihre Mitarbeiter:innen wecken, die so viel für das Land Österreich geleistet haben und jeden Tag aufs Neue leisten – angefangen bei der nächsten Regierung. Daran arbeiten wir!“

Interessant ist ergänzend dazu folgender weiterführender Bericht:

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