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FH Wien der WKW

Storytelling mit Wienerschnitzel, Apfelstrudel & Tafelspitz zeigt Wirkung

Print-Ausgabe 16. Juli 2021

„Das kulinarische Erbe Österreichs bietet ein Potential, das stärker ge­nutzt werden sollte“, so Klaus Fritz


 

Eindrücke und Emotionen enden nicht am Tellerrand – eine Studie analysiert die Wirkung von Geschichten und Erzählungen im Zuge von kulinarischen Erlebnissen

Storytelling kommt gut an. Doch oft wird in der Praxis darauf komplett vergessen. Dazu Klaus Fritz, Academic Coordinator, Research Skills & Methods von der FHWien der WKW: „Auch wenn in Österreich gerne das reiche kulinarische Erbe betont und gewürdigt wird, gibt es insbesondere in Restaurants für Gäste oft erstaunlich wenig Informationen und Hintergrundwissen zu Produktion, Geschichte und sonstigen spannenden Begebenheiten diverser kulinarischer Köstlichkeiten.“ Dies sei aber exakt jener Punkt, an dem die kürzlich präsentierte Marketing- und Kommunikationsoffensive „Land der behutsamen Veredelung“ der Österreich Werbung (ÖW) und den AMA Genuss Regionen (AMA steht für AgrarMarkt Austria) ansetzt.

Erklärtes Ziel dieser Marketing­offensive ist die Vermarktung und Bündelung von LebensmittelproduzentInnen, bäuerlichen DirektvermarkterInnen, Gastronomiebetrieben und sonstigen touristischen AkteurInnen sowie eine entsprechende Kommunikation der damit verbundenen Geschichten. „Kulinarik in Österreich ist schließlich nicht nur ein entscheidender Bestandteil für die Marke ‚Urlaub in Österreich‘, sondern auch Garant für eine regionale Herkunft und hohe Qualität der Lebensmittel“, unterstreicht Klaus Fritz. Besonders interessant erscheint dabei – wie bei vielen touristischen Fragestellungen – das Zusammenspiel zwischen Anbieter- und Nachfrage­seite. Einerseits empfinden viele Destinationen und Betriebe Kulinarik als Merkmal ihrer kulturellen Identität, über das auch Einstellungen und Werte wie Natürlichkeit oder Regionalität transportiert und vermittelt werden. Oft wird diese emotionale Qualität kulinarischer Erlebnisse auf Anbieterseite jedoch nur implizit aufgegriffen und nicht direkt zum Ausdruck gebracht (z.B. in Form von Erzählungen). Klaus Fritz: „Ein Umstand der insofern bemerkenswert erscheint, als dass sich kulinarische Erlebnisse definitiv als Attraktionselement und Positionierungsmerkmal für Tourismusdestinationen und einzelne Betriebe anbieten.“

Andererseits stellt sich aus Sicht der KonsumentInnen die Frage, wie sich derartige Kommunikationsoffensiven und damit einhergehende Maßnahmen auf die ‚food und dining experience‘ und in weiterer Folge auf das gesamte Urlaubserlebnis auswirken. Klaus Fritz: „Schließlich möchte man sowohl auf Urlaubsreisen als auch im alltäglichen Leben, nicht auf schöne, einprägsame und vor allem authentische ‚kulinarische Erlebnisse‘ verzichten.“

Auch wenn laut Klaus Fritz außer Zweifel stehe, dass das unbestrittene Herzstück eines jeden kulinarischen Erlebnisses die Qualität der angebotenen Speisen und Getränke darstellt (ein Punkt, in dem Österreich gute Voraussetzungen mitbringt), komme begleitenden Kommunikationsmaßnahmen und damit verbundenen Geschichten eine besondere Rolle zu.

Gerade im Rahmen eines Restaurantbesuchs oder sonstiger kulinarischer Erlebnisse bieten sich laut Klaus Fritz „viele Möglichkeiten, die Gäste nicht nur durch qualitativ hochwertige Getränke und Speisen, sondern auch durch glaubwürdige Geschichten und Erzählungen zu überzeugen.“ Wer das kulinarische Erlebnis mit einem Narrativ untermauere, baue eine Beziehung auf und erhöhe so die Möglichkeit, seinen Gästen nachhaltig in Erinnerung zu bleiben.

Wie sich Geschichten und Erzählungen im Kontext eines Restaurantbesuchs konkret auf die Gäste und ihr Verhalten auswirken, wird aktuell im Rahmen einer Studie an der FHWien der WKW analysiert. Am Beispiel lokaltypischer Getränke und Speisen, wie etwa Apfelstrudel und Tafelspitz, werden Geschichten und Erzählungen identifiziert, die sich direkt an die Gäste richten. In einem zweiten Schritt wird dann untersucht, inwiefern sich diese Erzählungen auf das Verhalten der Gäste während und nach dem kulinarischen Erlebnis auswirken.

Neben dem konkreten Inhalt der Geschichten (WAS möchte ich erzählen) ist es auch wichtig darüber nachzudenken, auf welche Art und Weise (WIE bzw. von WEM) diese Geschichten erzählt werden (z.B. Servicepersonal, Speisekarten, Websites oder mittels QR-Codes auf Smartphones).

Erste Ergebnisse der Studie zeigen laut Klaus Fritz, dass Kommunikationsmaßnahmen in Form von Erzählungen und Storytelling einen positiven Einfluss auf das kulinarische Erlebnis von Gästen haben und so maßgeblich zum Erfolg eines kulinarischen Konzepts beitragen können. „Wer nicht nur authentisch kocht, sondern die kulinarischen Erlebnisse auch authentisch erzählt und präsentiert, kann demzufolge nicht nur die Zufriedenheit seiner Gäste steigern, sondern auch einen positiven Gesamteindruck der ‚food experience‘ schaffen und entsprechende Reaktionen auf Seiten der Gäste auslösen“, so Klaus Fritz.

Möglichkeiten für potentielle Geschichten und Erzählungen bieten sich gerade angesichts des reichen kulinarischen Erbes in Österreich jedenfalls im Überfluss. Klaus Fritz: „Ein Potential, das auf jeden Fall stärker und umfassender genutzt werden sollte.“

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