Print-Ausgabe 20. Oktober 2023
Für die beiden SST Touristik-Chefs Gerhard Sperrer und Andreas Schabel hat der Sommer 2023 wichtige Weichenstellungen für die Zukunft gebracht
Es war als „normales“ Gespräch geplant, am Ende des Sommers. Ein Rückblick sollte es werden, bei dem der Fokus vor allem auf der Frage lag, wie die Marken-Umstellung auf einheitlich „hoxami SaleSolutions“ mit den drei Bereichen „Cash & Invest“, „Classic Sale“ und „Season Sale“ angenommen wurde und wie die Teuerung beim Vermarkten leerer Zimmer in Form von Hotel-Gutscheinen bei der SST Touristik durchschlägt. Geworden ist daraus eine spannende Story, denn was die beiden SST Touristik-Chefs Gerhard Sperrer und Andreas Schabel über die zurückliegenden Monate zu berichten hatten, ist alles andere als „business as usual“.
Die erste spannende Phase durchlebten Sperrer und Schabel, als Mitte Juli die in Kufstein beheimatete Greenstorm Mobility (spezialisiert auf die Zurverfügungstellung von E-Bikes und E-Autos für die gesamte Saison im Tausch gegen leere Zimmer, laut eigener Aussage „das innovativste Verleihkonzept in der Hotellerie in Europa für E-Mobilität“) mit mehr als 9 Mio. Euro an Verbindlichkeiten Insolvenz anmelden musste.
Die beiden SST Touristik-Chefs – federführend war Andreas Schabel – handelten rasch. Immerhin hatte die SST Touristik für Greenstorm den Gutscheinverkauf abgewickelt. Sperrer und Schabel konnten mit dem Masseverwalter für 80 % der Hotels als Nachfolger eine Einigung erzielen. „Wir sind gemeinsam mit Papin Sport aus Innichen bei rund 300 Hotels in deren Fahrrad-Verträge eingestiegen und bei rund 50 Hotels gemeinsam mit Alpenauto aus Kufstein in die E-Auto-Verträge“, erzählt Gerhard Sperrer. Nach „einigen Wochen Schwerstarbeit“ ist der Deal dann dank des Masseverwalters „relativ gut über die Bühne gegangen“.
Da die Geschäftsidee prinzipiell gut sei – Greenstorm war allerdings bei seinen Prognoserechnungen zu optimistisch – wird nun die SST Touristik „gemeinsam mit Papin Sport und Alpenauto weitermachen“, so Gerhard Sperrer.
Die zweite heikle Angelegenheit betraf das in Wien ansässige Travel Tech-Startup „Midnightdeal“, das Anfang August die Reißleine ziehen musste. Zu den Gesellschaftern gehört auch Falkensteiner Ventures (14,85 % der Anteile). Anders als bei Greenstorm stand die SST Touristik in keinster Weise in Verbindung mit „Midnightdeal“, doch Sperrer und Schabel halten das Geschäftsmodell „für eine hervorragende Idee. Wir hatten dieselbe Idee bereits vor einigen Jahren, aber wir haben sie nie umgesetzt.“
Gerhard Sperrer und Andreas Schabel wurden auch nach der „Midnightdeal“-Insolvenz schnell aktiv: „Innerhalb weniger Tage haben wir die Assets gekauft und werden in den nächsten Monaten – noch vor Weihnachten – unter dem Titel ‚Midnightdeal reloaded‘ neu anfangen.“ Dies allerdings bei geänderten Zahlungsmodalitäten: Hoteliers erhalten die Zahlung bereits bei der Buchung und nicht – wie es bisher der Fall war – erst bei Abreise. Sperrer und Schabel haben darüber hinaus u. a. den Sourcecode gekauft (Code des Midnightdeal-Computerprogramms) und auch den Chefprogrammierer engagiert.
Konkret geht es bei „Midnightdeal reloaded“ darum, dass ein Hotel für sein Zimmer eine Preisbandbreite vorgibt (beispielsweise 150 bis 200 Euro) und die Kund:innen den Preis bekannt geben, den sie bereit sind zu zahlen. „Wenn sich beides matcht, kommt es zum Deal“, so Gerhard Sperrer. Falls der Kundenwunsch darunter liegt (zum Beispiel bei nur 140 Euro), erhält der Hotelier eine Info, dass sich jemand um besagten Preis interessiert (und kann den Deal akzeptieren), während der Kunde oder die Kundin per E-Mail die Nachricht erhält, ob er oder sie bereit wäre, nachzubessern, da der ursprüngliche Vorschlag unter der Preisbandbreite liegt. Sperrer: „Das alles funktioniert vollautomatisch.“
Neben diesen beiden Highlights der letzten Monate läuft ansonsten alles bestens bei der SST Touristik und der Online-Verkaufsplattform www.we-are.travel, über die bereits rund zwei Drittel aller Gutscheinverkäufe erfolgen.
Das Konzept der Umstellung auf die Marke hoxami SaleSolutions „funktioniert in allen drei Bereichen sehr gut. Es gibt eine immer größere Anzahl an Hotels, die rechnen können und Dinge mit freien Zimmern finanzieren“, erklärt Gerhard Sperrer. Von der Umsatzverteilung dominiert der Bereich „Cash & Invest“ mit 60 %, während „Classic Sale“ sowie „Season Sale“ auf je 20 % kommen.
Wie sieht es mit der Preisentwicklung aus? „Die Teuerung schlägt auch auf uns durch“, betont Gerhard Sperrer, der im selben Atemzug betont: „Natürlich zahlen wir auch mehr an die Hotels.“ So kletterte der durchschnittliche Verkaufspreis pro Zimmernacht gegenüber 2022 um 12 % nach oben. Im Vergleich zur Vor-Corona-Zeit hat sich der Durchschnittspreis bei der SST Touristik sogar um +50 % erhöht. Hier spielt auch mit hinein, „dass wir jetzt mehr 4-Sterne-Hotels als Partner haben, bei denen der Kaufpreis höher ist“.
Wichtig ist, dass bei den beiden Modellen „Cash & Invest“ und „Season Sale“ die SST Touristik den an die Hotels zu zahlenden Preis bestimmt und dann für den Gutscheinverkauf ihre Spanne „draufkalkuliert“, während bei „Classic Sale“ der Hotelier den Preis vorgibt.
Für Hoteliers ist der Gutscheinverkauf über die SST Touristik auf Basis leerer Zimmer ein Hit. So belaufen sich die Grenzkosten pro Zimmernacht laut einer aktuellen Prodinger-Studie auf 50 Euro (Doppelzimmer, zwei Personen, inklusive Halbpension). Je nach Betrieb (ein 4-Sterne-Haus im Zillertal kommt auf einen anderen Endpreis als ein 4-Sterne-Hotel im Weinviertel) zahlt die SST Touristik zum Beispiel 100 oder 150 Euro und „damit immer mehr als die Grenzkosten“. Gerhard Sperrer: „Wir kalkulieren jedes Hotel selber. Wir haben das auch mit Algorithmen versucht, aber die machen da keinen Sinn.“
Und die Umsatzentwicklung? Die sorgt bei Sperrer und Schabel – deren JUMINI Holding, in der alle Beteiligungen von der SST Touristik über we-are.travel bis zu hoxami zusammenlaufen, kommt auf eine Eigenkapitalquote von 89 % und das im siebenstelligen Euro-Bereich – für ein Lächeln: „Der Verkauf über we-are.travel funktioniert wirklich hervorragend.“ „Business as usual“ halt.
Erstellt am: 20. Oktober 2023
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